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Wie man mit einem Lachs verreist

Wie man mit einem Lachs verreist

Titel: Wie man mit einem Lachs verreist
Autoren: Umberto Eco
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auch das Gewicht des Buches und die Brüchigkeit des Papiers: nicht zu lesen, wenn der Wind die Sonnenschirme zaust.
    Ein junger Mensch hingegen, der sich auf Pauschalpreis-
    Reisen durch Europa begibt, in der zweiten Klasse, so daß er in jenen Zügen lesen muß, in denen die Korridore total überfüllt sind und man eingezwängt stehen muß, einen Arm aus dem
    Fenster gehängt, könnte sich mindestens drei Bände der
    sechsbändigen Einaudi-Ausgabe der „Navigationi et viaggi“ des humanistischen Geographen Gian Battista Ramusio
    mitnehmen, die sich gut lesen lassen, wenn man einen Band in der Hand hält, den zweiten unter den Arm geklemmt und den dritten zwischen die Schenkel. Auf Reisen über Reisen zu lesen ist eine außerordentlich intensive und stimulierende Erfahrung.
    Jugendlichen, die von der politischen Arbeit Urlaub machen (oder von ihr enttäuscht sind), aber gleichwohl die Probleme der dritten Welt nicht aus den Augen verlieren wollen, würde ich zu ein paar kleinen Meisterwerken der islamischen Philosophie raten. Bei Adelphi ist kürzlich das „Buch der Ratschläge“ von Kay Ka'us ibn Iskandar erschienen, leider ohne das persische Original auf der linken Seite, so daß natürlich der ganze Reiz verlorengeht. Ich würde statt dessen das entzückende „Kitab al-
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    s'ada wa'l is'ad“ von AbuPl-Hasan Al'Amiri empfehlen, von dem es in Teheran eine kritische Ausgabe aus dem Jahre 1957 gibt.
    Da nicht alle fließend die nahöstlichen Sprachen lesen: wer im Auto unterwegs ist und keine Platzprobleme hat, ist immer bestens mit der Gesamtausgabe der „Patrologie“ von Migne bedient. Ich würde davon abraten, die griechischen
    Kirchenväter bis zum Konzil in Florenz 1440 zu wählen, da man dann 161 Bände der griechisch-lateinischen Ausgabe plus 81
    der lateinischen mitnehmen müßte, während man sich bei den lateinischen Kirchenvätern bis 1216 auf 218 Bände
    beschränken kann. Ich weiß nur zu gut, daß nicht alle im Handel erhältlich sind, aber man kann ja immer noch auf Fotokopien zurückgreifen. Für Leute mit weniger spezialisierten Interessen würde ich einige gute Werke (immer im Original) der kabbalistischen Tradition empfehlen (die heutzutage auch unverzichtbar sind, um die zeitgenössische Lyrik zu verstehen).
    Es genügt weniges: ein Exemplar des „Sefer Jesirah“, den
    „Sohar“ natürlich, dann Moses Cordovero und Isaak Luria. Das kabbalistische Schrifttum ist besonders geeignet für die Ferien, da sich von den ältesten Werken noch gut erhaltene originale Schriftrollen finden, die man leicht auf den Rucksack schnallen kann, auch beim Trampen. Das kabbalistische Schrifttum läßt sich darüber hinaus auch bestens in den Ferienkolonien des Club Méditerranée verwenden, etwa wenn die Animateure zwei Gruppen bilden, die miteinander wetteifern sollen, wer den sympathischsten Golem kreiert. Für diejenigen, die
    Schwierigkeiten mit dem Hebräischen haben, bleiben
    schließlich immer noch das „Corpus Hermeticum“ und die gnostischen Schriften (ich empfehle Valentinus, Basilides ist nicht selten weitschweifig und irritierend).
    All dies (und anderes), wenn Sie intelligente Ferien machen wollen. Wenn nicht, reden wir nicht mehr davon, nehmen Sie sich die „Grundrisse“ mit, die apokryphen Evangelien und die unveröffentlichten Schriften von Peirce auf Mikrofiches.
    Schließlich sind kulturelle Wochenzeitschriften keine
    Mitteilungsblätter für den Grundschulunterricht.
    (1981)
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    Wie man einen verlorenen Führerschein
    ersetzt
    Im Mai 1981, auf Durchreise in Amsterdam, verliere ich (oder wird mir in der Trambahn gestohlen - denn Taschendiebe gibt es sogar in Holland) eine Brieftasche, die nur wenig Geld, aber diverse Ausweispapiere und Mitgliedskarten enthielt. Ich merke es erst im Moment der Abreise, am Flughafen, und entdecke sofort, daß meine Kreditkarte fehlt. Dreißig Minuten vor dem Abflug mache ich mich auf die Suche nach einem Ort, wo ich den Verlust anzeigen kann, nach fünf Minuten werde ich von einem Beamten der Flughafenpolizei empfangen, der ein gutes Englisch spricht und mir erklärt, daß die Sache nicht in seine Zuständigkeit falle, da mir die Brieftasche in der Stadt abhanden gekommen sei; dennoch ist er bereit, eine Anzeige aufzunehmen, versichert mir, daß er um neun, wenn die
    Schalter öffnen, persönlich beim American Express anrufen werde, und klärt den niederländischen Teil meines Falles in zehn Minuten. Zurück in Mailand, rufe ich beim
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