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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom
Autoren: Kathleen O`Brien
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gewesen. Aber halt mich ruhig für altmodisch. Ich finde immer noch, dass selbst erarbeitetes Geld sich einfach leichter ausgibt.”
    Sie spürte, wie sie errötete. “Adam …” Sie wich seinem Blick aus. “Adam, hör auf …”
    Er lachte leise. “Arme Lacy. Das Thema gefällt dir nicht, was? Okay, suchen wir uns ein anderes. Mal sehen … Unsere Kleidung kommt nicht mehr in Frage. Die Vergangenheit ist tabu. Die Wahrheit ist verboten.” Er lehnte sich gegen die Wand und schaute sich kurz um. “Wie ich höre, bist du eine Kunstexpertin. Wir könnten über dieses grauenhafte Gemälde reden.”
    “Adam.” Sie schüttelte den Kopf und holte tief Luft. Sie wollte die Kammer verlassen, aber er stand in der Tür. An der Vorderseite gab es eine Fluchtklappe, die man öffnen konnte, wenn eine Stute zu unruhig wurde. Ein Pferd kann flüchten, dachte Lacy, aber eine in die Enge getriebene Frau nicht.
    Adam stand jetzt dicht hinter ihr und betrachtete über ihre Schulter hinweg das Bild. “
Nach dem Paradies
… Interessanter Titel”, sagte er und legte die Hände auf ihre Schultern, um sie zu sich herumzudrehen, als wäre sie eine willenlose Puppe. “Erzähl mir bitte nicht, dass es dir gefällt. Ich würde es dir nicht glauben.”
    Sie befahl sich, nicht darauf zu achten, wie seine Finger sich an ihren Schultern anfühlten. Sie würde sich nicht lächerlich machen. Und er durfte ihr nicht vorschreiben, was sie dachte. Was sie fühlte.
    “Eigentlich ist es ein sehr gelungenes Bild”, hörte sie sich mit ihrer besten Kunsthochschulstimme sagen und sprach weiter, als würde sie Besucher durch eine Ausstellung führen. “Es handelt sich um eine von Franklins besten Arbeiten. Die Komposition ist geprägt durch strenge Linienführung. Der Fluss verläuft von links nach rechts, die Körper sind im rechten Winkel angeordnet. Dennoch wirkt die Symmetrie unruhig. Das vermittelt Konflikt, Verwirrung, Zorn.”
    “Blödsinn. Absoluter Lehrbuchschwachsinn”, stellte Adam völlig unbeeindruckt fest. “Es tut mir leid, Lacy, aber ich kenne deinen Geschmack zu gut. Ich kenne
dich
einfach zu gut. Du findest dieses Bild sicher abscheulich. Sicher, technisch gesehen, mag es perfekt sein, aber das interessiert dich nicht. Nicht in der Kunst und nicht im Leben. Du willst Lebendigkeit, Leidenschaft, Gefühl – und dieser Schrott hier hat nichts davon. Du würdest es niemals dort aufhängen, wo du es ansehen müsstest.”
    Wütend schüttelte sie seine Hände ab, wirbelte herum und hob das Kinn. “Vielleicht kennst du mich nicht so gut, wie du es dir einbildest, Adam. In zehn Jahren verändert sich so manches. Menschen, zum Beispiel.”
    Er schüttelte den Kopf. “Nicht so sehr.”
    Sie lachte. “Oh doch, Adam. So sehr und noch viel mehr. Weißt du, das Bild hat meinem Mann gehört. Es hing über dem Kamin in unserer Bibliothek, an einem Ehrenplatz. Seit meiner Heirat habe ich es täglich gesehen. An jedem Tag in den letzten zehn Jahren.”
    Er antwortete nicht, und sie drängte sich an ihm vorbei. Sie war schon fast aus der Kammer, als er ihr Handgelenk packte.
    Sie drehte sich um und warf ihm einen eisigen Blick zu, der schon so manchen allzu hartnäckigen Verehrer abgeschreckt hatte.
    Aber natürlich wirkte er diesmal nicht. Nicht bei Adam.
    “So langsam frage ich mich”, begann er leise, den Blick auf ihrem Gesicht, “ob ich mich geirrt habe.”
    “Inwiefern? Ob ich mich verändert habe? Ja, Adam, du hast dich geirrt. Gründlich. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest …”
    “Nein”, sagte er mit dem Anflug eines Lächelns und hochgezogener Augenbraue. “Ich meine, dass ich mich geirrt habe, was das geheiratete Geld angeht.” Er starrte auf den riesigen Brillanten an ihrer Hand und drehte sie, bis der Stein im Licht aufblitzte. “Gut möglich, dass du für dein Einkommen schwerer arbeiten musstest als ich.”
    Gwen kam nach der Versteigerung nicht nach Hause. Lacy wusste, dass sie froh darüber sein sollte. Doch je länger die Nacht dauerte, desto mehr wünschte sie, sie könnte sich mit ihrer Stieftochter streiten, anstatt mit ihren Gedanken allein zu sein.
    Stundenlang klopfte sie ihr Kissen zurecht und malte sich aus, wie sie Adam Kendall wortgewandt aufforderte, sie in Ruhe zu lassen und sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Aber was brachte das jetzt noch, da nur Hamlet, der silbergraue Perserkater, ihren wütenden Tiraden lauschte, zusammengerollt in ihrer Kniebeuge? Und er schlief
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