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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom
Autoren: Kathleen O`Brien
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“Aber ich weiß nicht, ob ich stark genug bin, den Mann, den ich liebe, wegzuschicken.”
    Sein Körper schien es zu verstehen, bevor sein Verstand es tat. Die Erleichterung traf ihn wie ein Stromschlag. Und dann, als ihre Worte endlich sein Gehirn erreichten, stieß er den Atem aus, den er eine Ewigkeit lang angehalten hatte.
    Sie wollte nicht, dass er ging. Er zog sie an sich, bis ihre Lippen nur noch eine Handbreit voneinander entfernt waren. Er wollte sie. Er liebte sie über alles.
    “Wie stark bist du, Lacy?”, flüsterte er. “Bist du stark genug, um mich zu bitten, dass ich bleiben soll?”
    “Ich weiß es nicht”, gestand sie, und er hörte das sanfte Lachen in ihrer Stimme. Es versetzte ihn zehn Jahre zurück, in eine Zeit, in der das Leben immer gut zu ihm gewesen war. In der er Lacy gehabt hatte. Lacy und ihr Lachen.
    “Versuch es.” Er strich mit dem Mund über ihren. “Versuch es einfach, Lacy. Ich möchte hören, wie du es sagst.”
    Langsam schloss sie die Augen. Sie beugte sich zu ihm, bis ihre Lippen auf seinen lagen und ihr warmer Atem sich mit seinem vermischte.
    “Bleibst du bei mir, Adam?” Er fühlte ihre Worte. “Und dieses Mal für immer?”
    “Ja.” In dem kurzen Moment, bevor die überwältigende Freude ihm die Sprache raubte und er sie küsste, wusste er, wie seine Antwort lautete. “Ja, ich bleibe für immer bei dir. Für immer und einen Tag.”

EPILOG
    G wen war natürlich zu spät dran, also nahmen Lacy und Adam Lacys alten Schlüssel, als sie vor dem Haus auf Pringle Island standen. Adam, der die Koffer trug, stieß einen anerkennenden Pfiff aus, als er eintrat. Lacy brachte es nicht fertig, über die Schwelle zu treten. Es sah alles so anders aus.
    Offenbar waren die Schlösser das Einzige, was Gwen in diesem historischen Haus nicht ausgewechselt hatte. Verschwunden waren die antiken Möbel, die in Flaschen eingesperrten Miniaturschiffe, die Ölgemälde mit Meeresansichten, die kastanienbraun getäfelten Wände.
    Jetzt waren die Wände in einem lebendigen und zugleich beruhigenden Grün und die Türen weiß gestrichen. Die Bilder waren modern und farbenfroh, die Bodendielen aus naturbelassenem Pinienholz, das die wenigen Möbel voll zur Geltung brachte.
    Die neue Atmosphäre im Haus war leicht, elegant und sehr modern. Lacy fand sie herrlich. Sie atmete tief durch, als wolle sie sie in sich aufnehmen. Ja, die Luft war sauber. Frisch. Und sie roch nach Unbeschwertheit. Nach Glück.
    Das war kein Wunder, denn in dem Jahr, seit sie mit Adam verheiratet war, hatte sie fast überall, wohin sie ging, Glück gefunden. Auf den Kanälen von Venedig, wo sie ihre Flitterwochen verlebt hatten. In ihrem neuen Büro in der Fernsehstation. In jedem Zimmer ihres Stadthauses in Boston.
    Und vor allem im Kinderzimmer. In dem kleinen blauen Kinderzimmer mit dem Schaukelstuhl aus hellem Holz und der weißen spitzenverzierten Wiege, in dem, in etwa sechs Wochen, ihr neugeborener Sohn liegen würde. Lacy legte eine Hand auf den Bauch und teilte ihre Freude mit ihm. Schläfrig bewegte er sich in ihr, als würde er verstehen, was sie ihm sagen wollte.
    Adam hatte das Wohnzimmer inspiziert und kam jetzt lächelnd zu ihr. “Wenn sie beschließt, etwas zu verändern, macht sie es gründlich, nicht wahr? Ich glaube, sie hat keinen Quadratzentimeter dieses Hauses so gelassen, wie er war.”
    Lacy nickte. Aber er täuschte sich. Sie sah etwas, das noch so war wie früher. Auf dem Kaminsims, direkt vor den bunten Pinselstrichen eines sehr teuren modernen Meisters, stand das winzige Segelschiff, das vom Tisch auf den Boden gefallen war und dort die Freiheit gefunden hatte.
    Adam stellte sich hinter sie, schob ihr Haar aus dem Nacken und küsste sie auf den Hals. “Bereust du es, Liebling? Dass du Gwen das Haus überlassen hast?”
    “Natürlich nicht”, erwiderte sie leise und griff nach hinten, um mit den Fingern durch sein Haar zu streichen. “Ich könnte nicht glücklicher sein.”
    Er legte die Arme um sie und strich mit beiden Händen über ihren gewölbten Bauch. “Das ist gut”, murmelte er und knabberte an einem Ohrläppchen. “Wir beide betrachten es nämlich als unsere Lebensaufgabe, dafür zu sorgen, dass du immer glücklich bist.”
    Ein lautes Knattern zerriss die friedliche Stille, und ein Motor heulte auf, bevor es ein knirschendes Geräusch gab. Der Motor ging stotternd aus, gefolgt von einer weiblichen Stimme, die einen leisen Fluch ausstieß. Adam und Lacy eilten ans
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