Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ich Schriftsteller wurde

Wie ich Schriftsteller wurde

Titel: Wie ich Schriftsteller wurde
Autoren: Norbert Golluch
Vom Netzwerk:
galoppierende
Ideenlosigkeit zu sein. Einige streiten auch, weil sie glauben, bestohlen
worden zu sein. Kann man nichts stehlen? Alles endet in einem
beeindruckenden Wortgefecht, es sieht aus, als würden gleich Fäuste fliegen.
Ich packe meine Sachen, verabschiede mich auf dem Weg zur Klosterpforte,
erinnere die Kollegen an die Macht des Wortes, was vermutlich Schlimmeres
verhindert, steige in meinen Volvo und fahre nach Hause.
     
    Benno lacht sich krank. „Rein vom Zeitaufwand her kann das
nur für eine Kurzgeschichte gereicht haben!“ Ich ignoriere ihn, während mein
Gehirn in hektischer Aktivität verzweifelt nach neuen Sujets sucht. Mir mangelt
es deutlich an jedem philosophischen Hintergrund, ich nehme meine Bildung als erschreckend
minimal wahr. „Ich hab's nicht drauf, Benno, ich habe von nichts auch nur die
Andeutung einer Ahnung. Worüber soll ich also schreiben – über nichts?“ – „Da
bleiben dir immer noch die Frauen. Schreib doch einen erotischen Roman.“ Um
ehrlich zu sein, daran hatte ich auch schon gedacht. Also los: Frauen …
     

Die Frau an sich
    Was sollte ich über Frauen erzählen, über meine Frauen? Zunächst
sollten Sie wissen, dass ich nicht immer, sagen wir einmal, horizontal deutlich
exponiert war, sondern in den neunziger Jahren noch ein recht attraktiver Mann.
Mein Körperumfang wuchs dann mit der Zeit ebenso wie meine Erfahrung.
     
    Was würde ich heute sprachkünstlerisch über Frauen festhalten?
Was würde ich sagen, wenn mich mein Therapeut nach meinem Verhältnis zu Frauen
fragte? Mein Verhältnis zu Frauen … ist mit der Zeit gewachsen. Frauen reimt
sich auf Grauen, war mein erster Ansatz. Später fühlte ich mich in der
Gegenwart von diesen … seltsamen Lebewesen immer noch eher unwohl und entfernte
mich, so schnell ich konnte, von ihnen. Natürlich nach dem Sex. Später wurde
ich dreister und probierte aus, auf welchem Wege ich ihre Aufmerksamkeit
gewinnen und über eine längere Zeit fesseln konnte. Es war nie eine wirklich
lange Zeit. Da ich in diesen Tagen für die einzelnen Damen in meinem
Lebensumfeld nicht sehr viel Zeit aufwenden musste – ich war ja schließlich
immer sofort wieder auf dem Sprung – hatte ich Gelegenheit, mich um mehrere von
ihnen gleichzeitig zu kümmern. Das hatte große Vorteile: viel Sex, wenig
irritierender Sozialschmus.
     
    Nachdem ich das eine Weile praktiziert hatte, fragte ich
mich, ob ich nicht vielleicht psychisch gestört sei, eine soziale Phobie oder
so. Die Frauen wollten nämlich immer was anderes als ich, das spürte ich genau,
aber ich wollte nicht wirklich wissen, was es war, denn es musste etwas
Unangenehmes, Lästiges sein, das mich womöglich anekelte oder irritierte … ich
wusste es selber nicht und weigerte mich auch konstant, darüber nachzudenken.
Wozu auch?
     
    Meine Freunde – allen voran Benno – meinten, nein, ich
sollte nur so weitermachen, das sei schon in Ordnung so und ganz normal, so
machten sie es auch, so sei das nun mal mit dem Liebesleben. Dann sahen sie
sich weiter ihre Fußballübertragung an. Ich grübelte noch eine Weile über
dieses komplizierte Problem nach, dann setzte ich mich dazu, obschon Fußball
mir weitaus weniger bedeutete als Sex. Die Fußballübertragung war aber im
Augenblick bedeutend einfacher zu haben. Dennoch fesselte Rasenschach mich
nicht wirklich, ich verfiel ins Grübeln. Je länger ich also meine diversen
sexuellen Beziehungen pflegte, desto schwieriger wurde es, sie unter einen Hut
zu bringen.
     
    Zum einen versuchte mich jede von ihnen in ihr soziales
Umfeld einzubinden und mit mir anzugeben. Ich musste zu Feten, Brunches,
Vernissagen, ins Theater und ins Kino. Nur in die Disco kriegte mich keine –
schon auf den Wunsch reagierte ich mit Ganzkörperstarre.
     
    Zum andern entfernten sich meine diversen Bekanntschaften
nach Abschluss des Studiums mit der Zeit immer weiter von mir, sodass ich ein
Auto anschaffen und enorme Wege zurücklegen musste, um das zu bekommen, was ich
immer noch wollte. Als ich im strengen Winter 1999 zwischen Frankfurt und
Berlin stecken blieb, weil Petra mittlerweile in Frankfurt und Lisa in Berlin
wohnte, beschloss ich, dass von nun an alles anders werden müsse. Ich schaffte
das Auto ab, bewegte mich künftig nur noch mit Nahverkehrsmitteln fort,
beendete die Beziehungen zu Petra und Lisa und suchte mir Freundinnen ganz in
meiner Nähe. Das funktionierte eine Weile ganz gut, bis – ich gebe es nur
ungern zu – die ersten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher