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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt?
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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einer anderen unterscheidet). Jetzt erkennt man, wie die Natur Kopien von Genen herstellt. Wenn nämlich die beiden Ketten sich zu zwei getrennten Ketten auseinanderwinden und wenn jede Kette dafür sorgt, dass sich an ihr eine weitere zusammenfindet, weil A immer mit T und G immer mit C zusammengehört, erhalten wir zwei Kopien, wo zuvor nur eine war. Mit anderen Worten: Wir glauben, dass wir den Kopiermechanismus gefunden haben, durch den Leben aus Leben entsteht … Du kannst dir vorstellen, dass wir aufgeregt sind.
    Nie erschien ein Rätsel am Morgen verwirrender und die Erklärung am Nachmittag offensichtlicher.

Richard Dawkins
Redundanzreduktion und Mustererkennung
    Evolutionsforscher; Emeritus Professor of the Public Understanding of Science, Oxford; Autor von Der Zauber der Wirklichkeit
    Tief greifend, elegant, schön? Elegant wird eine Theorie zum Teil dadurch, dass man mit ihr vieles erklären kann und wenig voraussetzen muss. In dieser Hinsicht trägt Darwins natürliche Selektion mühelos den Sieg davon. Das Verhältnis zwischen der gewaltigen Menge an Dingen, die sie erklären kann (alles, was mit dem Leben zu tun hat: seine Komplexität, seine Vielfalt und die Illusion handwerklicher Gestaltung), und dem wenigen, was man postulieren muss (nichtzufälliges Überleben zufällig veränderlicher Gene in geologischen Zeiträumen), ist gewaltig. Niemals sonst wurden auf dem Gebiet des menschlichen Denkens so viele Tatsachen mit so wenigen Grundannahmen erklärt. Elegant ist sie also, und tief greifend auch – wobei die Tiefe bis ins 19 . Jahrhundert allen verborgen blieb. Andererseits ist die natürliche Selektion für den Geschmack mancher Menschen zu destruktiv, zu verschwenderisch, zu grausam, als dass man sie als schön bezeichnen könnte. Und ohnehin kann ich darauf rechnen, dass irgendjemand anderes sich für Darwin entscheiden wird. Deshalb halte ich mich an seinen Urenkel; auf Darwin selbst werde ich am Ende zurückkommen.
    Horace Barlow, FRS , ist der jüngste Enkel von Sir Horace Darwin, dem jüngsten Kind von Charles Darwin. Barlow, heute ein rüstiger Neunzigjähriger, gehört zu einer angesehenen Reihe von Neurobiologen aus Cambridge. Ich möchte über einen Gedanken sprechen, den er 1961 in zwei Aufsätzen veröffentlichte. Ihr Gegenstand sind Redundanzverminderung und Mustererkennung. Es ist eine Idee, deren Folgerungen und Bedeutung mir während meiner Berufslaufbahn immer wieder zur Anregung geworden sind.
    Zur Folklore der Neurobiologie gehört ein mystisches »Großmutterneuron«, das nur dann Impulse abgibt, wenn ein ganz bestimmtes Bild, nämlich das Gesicht von Jerry Lettvins Großmutter, auf die Netzhaut fällt (Lettvin war ein angesehener amerikanischer Neurobiologe, der wie Barlow mit der Netzhaut von Fröschen arbeitete). Entscheidend ist dabei, dass Lettvins Großmutter nur eines von unzähligen Bildern ist, die unser Gehirn erkennen kann. Gäbe es für jedes Objekt, das wir erkennen können – also nicht nur für Lettvins Großmutter, sondern auch für viele andere Gesichter, Gegenstände, Buchstaben des Alphabets oder Blumen, die jeweils aus vielen Winkeln und Entfernungen betrachtet werden können –, ein spezifisches Neuron, würde sich eine kombinatorische Explosion ergeben. Würde die sensorische Erkennung nach dem Großmutterprinzip funktionieren, müsste die Zahl der spezifischen Erkennungsneuronen für alle möglichen Kombinationen von Nervenimpulsen größer sein als die Zahl der Atome im Universum. Unabhängig davon berechnete der amerikanische Psychologe Fred Attneave, dass man das Volumen des Gehirns dann in Kubiklichtjahren angeben müsste. Als Antwort postulierten Barlow und Attneave unabhängig voneinander die
Redundanzreduktion
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    Claude Shannon, der Erfinder der Informationstheorie, prägte den Begriff »Redundanz« gewissermaßen für das Gegenteil von Information. Im Englischen folgt auf ein »q« immer ein »u«, das heißt, man kann das »u« weglassen, ohne dass Information verlorengeht. Es ist redundant. Immer wenn Redundanz in einer Nachricht auftritt (das heißt, immer wenn keine Zufälligkeit herrscht), lässt sich die Nachricht ökonomischer und ohne Informationsverlust neu codieren – allerdings geht die Fähigkeit, Fehler zu korrigieren, dabei bis zu einem gewissen Grade verloren. Barlow äußerte die Vermutung, es müsse auf den Wegen der Sinneswahrnehmung in jedem Stadium Mechanismen geben, die darauf abgestimmt sind, umfangreiche
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