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Wie es mir gefaellt

Wie es mir gefaellt

Titel: Wie es mir gefaellt
Autoren: Cecily von Ziegesar
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gedrehten Kunstfilme verstecken -
von denen sollten die beiden nämlich nichts erfahren.
    Am
Fuß der Treppe wäre sie beinahe mit jemandem zusammengestoßen, den sie hier am
wenigsten erwartet hätte. Es war Dan, ihr Ex-bester-Freund und Ex-Lover. Frisch
gestylte hellbraune Haare und lange Koteletten umrahmten sein ernst blickendes
Gesicht, und er trug einen grauen Anzug, der sehr französisch aussah und sehr
teuer. Er, der früher immer erst dann zum Frisör gegangen war, wenn er nichts mehr hatte
sehen können, und der so lange in seiner einzigen Kordhose herumgelaufen war,
bis sie unten ganz verschlissen war und Löcher in den Knien hatte.
    Vanessa bückte sich, zog ihre schwarzen
Strickstulpen hoch und verschränkte dann die Arme vor der Brust. »Hallo.« Was machst du Arschloch hier?
    »Hey«, sagte Dan. »Ich warte auf Jenny.
Ich hab heute einen Job angeboten bekommen und davon wollte ich ihr erzählen.«
    »Schön für dich.« Vanessa wartete, ob
Dan noch mehr zu sagen hatte. Immerhin hatte er sie mit dieser Mystery- Schlampe
betrogen und seine Seele verkauft, um berühmt zu werden. Er hätte sich
wenigstens entschuldigen können.
    Aber Dan schwieg. Sein Blick wanderte
zwischen dem Eingangsportal und ihrem Gesicht hin und her. Vanessa sah, dass er
danach lechzte, ihr von dem neuen Job zu erzählen, aber sie würde ihm nicht
den Gefallen tun und danach fragen.
    Sie zog eine Tube Vaseline aus der
Tasche ihrer schwarzen Bomberjacke und schmierte sich etwas davon auf die
Lippen. Vaseline war das Lipglossähnlichste, was sie besaß. »Ich hab deine
Schwester eben drinnen gesehen. Sie redet mit der Kunstlehrerin. Bestimmt kommt
sie gleich raus.«
    »Und wie geht's dir so?«, fragte Dan,
als sie sich gerade umdrehen und gehen wollte.
    Vanessa vermutete, dass er das nur
fragte, damit sie ihn ihrerseits fragen musste, wie es ihm ging, und er dann damit
angeben konnte, für den Pulitzer-Preis nominiert zu sein oder etwas ähnlich
Beschissenes.
    »Na ja, meine Eltern kommen heute für
ein paar Tage nach New York«, antwortete sie, trotzdem etwas gnädiger gestimmt.
»Du weißt ja, wie toll ich mit den beiden auskomme«, fügte sie noch hinzu und
bereute es sofort. Sie sprachen nicht mehr miteinander, da war es nicht angebracht,
ihn daran zu erinnern, dass sie alles übereinander wussten. »Also dann.«
    »Okay.« Dan hob die Hand und lächelte
die synthetische Arschkriechergrinse, die er erst beherrschte, seit er mit
Luftküsse verteilenden Literaturagentinnen und berühmten, durchgedrehten
Schriftstellerinnentussis zu Modenschauen ging. »Schön, dich mal wieder gesehen
zu haben.«
    Geht mir auch so,
Schleimscheißer, antwortete Vanessa
stumm und ging im Stechschritt Richtung Lexington Avenue, wo die U-Bahn nach
Williamsburg abfuhr. Dabei war es wirklich irgendwie schön gewesen, ihn zu
sehen, und sie hätte ihm gern noch viel mehr erzählt. Sie hätte Dan zum
Beispiel gern erzählt, dass ihre Eltern ihr Künstler- tum bei jeder Gelegenheit
so penetrant heraushängen ließen, dass sie dadurch jeden kreativen Funken in
ihr erstickten. Dass sie ihnen deshalb nie von ihrer Filmerei erzählt hatte,
obwohl sie doch praktisch ihr einziger Lebensinhalt war. Ihre Eltern wussten
noch nicht einmal, dass Vanessa dank ihres künstlerisch überzeugenden
Bewerbungsvideos bereits einen festen Studienplatz an der New York University
in der Tasche hatte. Und sie ahnten nicht, dass in Vanessas Zimmer, wo sie die
nächsten zwei Wochen schlafen würden, ihre Filmausrüstung und sämtliche ihrer
Lieblingsvideos im Schrank versteckt lagen. Der allergrößte Witz aber war, dass
ausgerechnet Ruby - die nie studiert hatte, als Vegetarierin nur Lederhosen
trug und in einer ziemlich verqueren lauten Garage-Männerband Bass spielte -
bei ihnen als superkreativ galt und ihr ganzer Stolz war.
    Yep, so war das. Und es hätte Dan
bestimmt gefallen... aber sie sprachen ja nicht mehr miteinander.
    In Williamsburg stieg Vanessa aus der
Bahn und ging eilig zu dem nur ein paar Straßen entfernten Bioladen. Sie warf
einen Blick auf den Einkaufszettel: Soja-Mozzarella, glutenfreie
Lasagneblätter, Tempeh. Aha, Ruby würde zu Ehren ihrer Eltern heute Abend also
ihre berühmte Soja- Tempeh-Lasagne machen. Noch etwas, das Vanessa von ihrer
Restfamilie unterschied: Sie aß Fleisch - ihre Eltern und Ruby lebten
vegetarisch.
    Vanessa zog einen ziegelsteinartigen
Brocken Tempeh aus dem Kühlregal. »Du siehst noch nicht mal aus wie was zu
essen!«, sagte sie
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