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Wie es mir gefaellt

Wie es mir gefaellt

Titel: Wie es mir gefaellt
Autoren: Cecily von Ziegesar
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stehen hatten und Tee
tranken. Alle außer Rusty Klein.
    Mhm-ua! Mhm-ua!
    Rusty pflanzte links und rechts von Dan
Küsse in die Luft, als er sich zu ihr an den Tisch setzte.
    »Kommt Mysteiy auch noch?«, fragte er
hoffnungsvoll.
    Rusty schlug sich mit der flachen Hand
so heftig auf die Stirn, dass ihre goldenen Armreife klirrten. »Scheiße, bin
ich dämlich! Hab ich ja total vergessen, dir zu sagen. Mystery ist auf
Lesetournee, sechs Monate rund um die Welt. In Japan haben wir ihr Buch schon
fünfhunderttausendmal verkauft.«
    Dan hatte Mystery das letzte Mal auf
der Open-Mike- Veranstaltung im Rivington Rover Poetry Club in Downtown
gesehen, wo sie es beim Improvisationsdichten auf der Bühne praktisch
öffentlich miteinander getrieben hatten. Danach hatte sich die geile
gelbzahnige, gilbhäutige Dichterin zum Dichten zurückgezogen und Dan hatte sie
seitdem nicht wieder gesehen.
    »Aber ihr Buch ist doch noch gar nicht
erschienen!«, wandte er ein.
    Rusty band ihre feuerwehrrote Mähne zu
einem Knäuel, das sie mit einem gespitzten HB-Bleistift feststeckte. Sie packte
ihren Martini und kippte ihn auf ex, wobei sie den Glasrand mit hotpinkem
Lippenstift beschmierte. »Selbst wenn es nie erscheinen würde«, erklärte sie
geduldig, »ist Mystery schon jetzt ein Star.«
    Der leidenschaftliche Kettenraucher Dan
sehnte sich plötzlich verzweifelt nach einer Zigarette. Da im Plaza Rauchverbot
herrschte, griff er stattdessen nach einer Gabel und presste ihre Zinken fest
in den Ballen seiner zitternden Hand. Mystery war erst neunzehn oder zwanzig
(so genau wusste Dan das nicht) und hatte es geschafft, in weniger als einer
Woche einen autobiografisch gefärbten Roman mit dem Titel »Wieso ich ein
leichtes Mädchen bin« abzuliefern. Noch am Tag seiner Fertigstellung hatte
Rusty ihn für einen unglaublichen sechsstelligen Betrag an die Verlagsgruppe
Random House verkauft. Die Verfilmung war auch schon geplant.
    Rusty
rutschte in ihrem Sessel vor und schob Dan ihr halb volles Glas mit
abgestandenem stillem Wasser hin, als wolle sie ihn auffordern, es zu trinken.
»Übrigens hab ich >asche, asche< an die North Dakota Review geschickt«,
berichtete sie. »Sie fanden es grauenhaft.«
    Bei
»asche, asche« - Dans neuestem Werk - handelte es sich um ein Gedicht aus der
Perspektive eines Mannes, der um seinen toten Hund trauert, wobei an keiner
Stelle deutlich wird, ob tatsächlich der Hund gemeint ist oder womöglich
irgendeine Ex-Freundin.
    heute ist das erste baseballspiel der saison
    und ich warte auf deinen kuss
    atem, fleischig wie Schokolade
    meine schuhe sind noch da -
    einer auf deiner decke,
    wo du ihn liegen gelassen hast,
    der
andere auf dem rücksitz im auto
    Dan
schrumpfte in sich zusammen. In der Woche, in der sein Gedicht »schlampen« vom
renommierten Literaturmagazin New Yorker abgedruckt worden war, hatte er sich wie eine Berühmtheit gefühlt, unantastbar.
Jetzt kam er sich vor wie ein Würstchen.
    »Weißt du, Hase, ich könnte dir diverse
Gründe aufzählen, weshalb deine Schreibe nicht so ankommt wie die von Mystery«,
tröstete ihn Rusty. »Du bist noch jung, Zuckerpfläumchen. Du brauchst vor allem
Übung. Scheiße - und ich brauch noch einen Drink.« Sie rülpste in die Faust und
wedelte dann mit beiden Armen in der Luft. Innerhalb von Sekunden wurde ein zum
Überschwappen volles Martiniglas vor sie hingestellt.
    Dan
griff nach dem halb leeren Wasserglas, stellte es dann aber wieder hin. Er
hätte Rusty gern nach diesen »diversen Gründen« gefragt, aber eigentlich kannte
er sie selbst. Mystery schrieb vor allem über Sex, während er sich vor allem
mit Tod und Todessehnsucht befasste beziehungsweise mit der Frage, was
vorzuziehen war: tot sein oder leben. Also Themen, die bei genauerer
Betrachtung eher deprimierend waren. Außerdem war er kein Waisenkind - im
Gegensatz zu Mystery, die (zumindest der PR-Legende nach) als Findelkind von
Prostituierten groß gezogen worden war. Er war bloß ein siebzehnjähriger
Schuljunge, der mit seinem kauzigen, aber liebevollen, allein erziehenden Vater
Rufus Humphrey und seiner relativ liebevollen, großbusigen kleinen Schwester
Jenny in einer riesigen Altbauwohnung auf der Upper West Side wohnte.
    »Haben Sie mich nur deswegen kommen
lassen? Um mir das zu sagen?«, fragte er geknickt.
    »Machst du Witze?« Vom vierten
durstigen Schluck ihres zweiten Martinis beflügelt, zog Rusty schwungvoll ein
Handy aus ihrer mit Löwenmäulchen bedruckten
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