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Wie es Euch gefaellt, Mylady

Wie es Euch gefaellt, Mylady

Titel: Wie es Euch gefaellt, Mylady
Autoren: Jillian Hunter
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ihrer Nase herum und versperrte ihr die Sicht auf den Schwerenöter, den sie vergötterte. Gütiger Himmel, es war die satirische Zeichnung des nackten Heath Boscastle. Diese Karikatur würde sie wohl bis an ihr Lebensende verfolgen.
    „Ich gehe jede Wette ein“, fuhr Russell mit hässlich schnarrender Stimme fort, „ihr habt euch auf meine Kosten prächtig amüsiert. Kannst du mir das hier erklären?“
    Sie nahm ihm das Blatt aus der Hand. „Nein, das kann ich nicht.“
    „Aber es ist dein Werk?“
    Sie betrachtete die Zeichnung, Heaths prachtvolle Gestalt, seine wohlgeformten Muskeln und Sehnen. „Ist er nicht herrlich?“, meinte sie voller Bewunderung.
    „Herrlich?“ In Russells Wange vibrierte ein Muskelstrang. „Du gibst also zu, dass dieses abscheuliche Machwerk tatsächlich von dir stammt?“
    Sie lächelte geheimnisvoll, ohne ihm zu antworten. Ihre Aufmerksamkeit war wieder bei Heath, der sich nun dem Haus näherte.
    „Sieh mich an, Julia!“, befahl Russell in seinem verhassten Offizierston.
    Sie gehorchte. Er war ein attraktiver Mann, ein ambitionierter Mann. Er war nicht durch und durch schlecht. Aber Russell war nicht ihr wagemutiger Held. Er war es nie gewesen. Gottlob hatte ein gnädiges Schicksal sie davor bewahrt, ihn zu heiraten.
    Er zog eine Braue hoch, zufrieden, endlich ihre Aufmerksamkeit zu haben. „So ist es besser. Endlich hörst du mir zu.“ Er nahm ihr Kinn in seine schwielige Hand. „Die Boscastles sind berüchtigte Frauenhelden. Ich weiß, dass der Schurke dich in Versuchung geführt hat. Ich weiß auch, wie schwer es ist, den Boscastles zu widerstehen. In meiner Jugend sehnte ich mich danach, in ihre Welt zu gehören.“
    Julia schluckte, verspürte gegen ihren Willen Mitleid. Russell war von einer lieblosen Tante erzogen worden, da seine Eltern früh verstorben waren. Ungeachtet der unglücklichen Umstände hatte er es weit gebracht und sich mit Ehrgeiz und Fleiß nach oben gearbeitet. Aber er würde sich nie zufrieden geben mit dem, was er erreicht hatte. Er würde nie genügend Reichtum anhäufen, nie ausreichend Anerkennung bekommen oder genügend Frauen haben, um seinen Ehrgeiz und seine innere Rastlosigkeit zu befriedigen. Sie hatte aus falschen Beweggründen eingewilligt, ihn zu heiraten. Weil sie allein war, sich einsam gefühlt hatte und dankbar für seinen Rückhalt gewesen war. Sie hatte ja nicht gewusst, sich nicht träumen lassen, dass sie Heath je Wiedersehen würde. Und dass er auf sie gewartet hatte.
    „Du hast mir zuerst gehört“, sagte Russell mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme.
    „Nein.“ Heath trat ein. In seiner verschlossenen Miene lag keine Spur von Verständnis oder Vergebung. „Sie hat mir zuerst gehört.“ Er lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und du hast sie betrogen. Es ist allein deine Schuld. Du hast mich gebeten, sie zu beschützen, und das habe ich getan. Vor dir.“
    Russell bedachte Julia mit einem verächtlichen Blick. „Hat er dich damit in sein Bett gelockt?“
    „Lass diese idiotischen Beschuldigungen, Russell“, widersprach Julia entrüstet. „Du hast eine Geliebte, der du offensichtlich weit mehr Aufmerksamkeit schenkst als mir, sonst wäre sie nicht in anderen Umständen.“
    Russell zog verwirrt die Schultern hoch. „Ein Mann in meiner Position hat nun mal eine Geliebte. Offenbar hatte Boscastle nichts Besseres zu tun, als dir das zu erzählen.“
    „Nein, das hat er nicht“, entgegnete Julia. „Aber ich wünschte, er hätte es getan.“
    Russell legte ihr die Hände auf die Schultern, versuchte eine andere Taktik anzuwenden. „Ich bin es, der gekränkt wurde, dem Unrecht getan wurde.“
    Heath näherte sich ihm, jeden Muskel angespannt. „Nimm deine Hände von ihr, Russell.“
    Julia atmete erleichtert auf, als Russell widerspruchslos gehorchte.
    „Ich kann mir den Skandal eines Duells nicht leisten“, sagte Russell kalt. „So wie die Dinge liegen, bin ich wahrscheinlich ohnehin ruiniert. Auclair hat mich auf eine falsche Fährte gelockt, während er sich offenbar die ganze Zeit in London aufhielt. Meine Verlobte und mein Freund haben Schande über mich gebracht…“
    Heath wandte sich an Julia. „Lass uns bitte allein.“
    Sie blickte zu Russell, der ihrem Blick auswich. Offenbar wusste er noch nichts von Auclairs Tod, ahnte nicht, dass er seine goldene Chance auf Anerkennung verpasst hatte. Die Tatsache, dass Heath ihm auch diese Genugtuung genommen
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