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Wie eine Rose im Morgentau

Wie eine Rose im Morgentau

Titel: Wie eine Rose im Morgentau
Autoren: Daphne Clair
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weitermachen konnte. Pearl half ihr, so gut sie konnte, erklärte, in welcher Verbindung die einzelnen Personen zur Familie standen oder identifizierte sie auf den Fotos. Als dann das Telefon klingelte, war sie jedoch gerade draußen im Garten, sodass Rachel das Gespräch annahm.
    „Rachel?“ Bryns tiefe Stimme erklang am anderen Ende.
    „Ja. Deine Mutter ist im Garten. Ich rufe sie schnell.“
    „Nein, lass nur, ich melde mich später bei ihr. Ist alles in Ordnung?“
    „Ihr geht es gut, und mit der Arbeit komme ich auch weiter.“
    „Und, hattest du ein schönes Wochenende?“, wollte er wissen.
    „Ja, danke.“
    Einen Moment herrschte Stille. Ob er darauf wartete, dass sie ihn auch nach seinem Wochenende fragte? Allein bei dem Gedanken daran fühlte sie sich bedrückt.
    „Nächstes Wochenende nehme ich dich zum Reiten mit“, meinte er. „Außer, du hast schon andere Pläne.“
    „Eigentlich habe ich noch nicht darüber nachgedacht …“
    „Na schön. Also Sonntag um zehn. Bis dann.“
    Er hatte schon aufgelegt, ehe sie ablehnen konnte. Und im Grunde wollte sie das auch gar nicht.
    Offenbar hatte er seiner Mutter abends am Telefon auch von seinen Plänen erzählt. „Bryn sagte mir, dass ihr am Sonntag zusammen ausreitet. Es ist schön, dass er eine Begleiterin hat. Ich glaube, Kinzi reitet nicht.“
    „Seine Freundin?“, fragte Rachel betont gleichgültig.
    Pearl seufzte. „Vielleicht wird diesmal etwas daraus. Jedenfalls treffen sie sich schon seit geraumer Zeit.“
    Am Sonntag tauchte Bryn mit einem langbeinigen Rotschopf mit grünen Augen auf. Sie hatte einen pfiffigen Kurzhaarschnitt, und der Kaschmirpulli und die enge Jeans offenbarten eine Figur, für die die meisten Frauen alles geben würden. Mit ihren hochhackigen Stiefeletten war sie fast so groß wie Bryn. Eine kurze Jeansjacke vervollständigte ihre gewollt lässige Aufmachung.
    Kinzi warf Rachel ein umwerfendes Lächeln zu, als sie einander vorgestellt wurden, und verkündete dann, sie sei mitgekommen, um Lady Donovan Gesellschaft zu leisten.
    „Das ist nett von Ihnen, meine Liebe. Aber es ist überhaupt nicht notwendig. Und bitte, lassen Sie den Titel weg.“
    Bei Pearls ungewohnt missmutigem Ton musste Rachel sich ein Lachen verkneifen. Kinzi jedoch schien nichts mitbekommen zu haben.
    „Bist du fertig, Rachel?“, fragte Bryn jetzt. „Dann könnten wir gehen.“
    Sie trug an diesem Tag Jeans, Pulli und Turnschuhe und war erleichtert, dass Bryn ebenfalls leger gekleidet war, im Gegensatz zu ihr allerdings Reitstiefel trug.
    „Hat deine Mutter dir erzählt, dass sie diese Woche Besuch hatte?“, fragte Rachel, als sie im Auto saßen.
    „Hat sie die Leute eingeladen?“
    „Nicht, dass ich wüsste. Ich glaube, sind sie so vorbeigekommen.“ Nachdem das Paar, beide in mittleren Jahren, gegangen war, schien Pearl recht angetan. Die zwei seien alte Freunde, und sie hätten sich sehr nett unterhalten.
    „Ich glaube, sie hießen McGill“, sagte sie zu Bryn.
    Er nickte. „Sie lebten früher in Auckland. Ich glaube, sie hat die beiden seit dem Begräbnis nicht mehr gesehen. Ohne Dad hat sie überhaupt kein Interesse mehr am gesellschaftlichen Leben.“
    „Gib ihr ein bisschen Zeit“, murmelte Rachel.
    Bryn sah wenig überzeugt aus, denn er war es nicht gewohnt, den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen.
    Der Ort, zu dem sie fuhren, war von sanften Hügeln durchzogen, durch die sich ausgedehnte Reitpfade schlängelten.
    Bryns großer rotbrauner Wallach schien erfreut, ihn zu sehen, und der Besitzer des Hofes überließ Rachel eine hübsche kleine Stute.
    Gemächlich trotteten sie über einen breiten Pfad, der durch dichtes Buschwerk führte. Nachdem Rachel sich an ihr Pferd gewöhnt hatte, wechselten sie zum Galopp und preschten über die grünen Koppeln unter einem wolkenverhangenen Himmel. Schließlich hielten sie auf einer Anhöhe, die einen wunderschönen Ausblick über die grünen Hügel und den Pazifik in der Ferne bot.
    Sie setzten sich nebeneinander auf einen Felsen. Rachel stützte die Ellbogen auf die Knie und legte ihr Kinn in die Hände. Eine leichte Brise fuhr durch das Gras zu ihren Füßen und löste ein paar Haarsträhnen aus ihrem festen Knoten.
    Eine ganze Weile schwiegen sie, ehe Rachel wie zu sich selbst sagte: „Mir ist erst jetzt bewusst gewesen, wie sehr ich Neuseeland vermisse.“
    Bryn beugte sich vor, riss einen Grashalm ab und drehte ihn zwischen den Fingern. „Vermisst du denn die Staaten nicht?“
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