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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir
Autoren: Ellen Dunne
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kommt ihr zurück, egal ob mit oder ohne Liam. Wir müssen die Angelegenheit wohl kurzfristig zum Abschluss bringen.“
     
    ***
     
    Aus dem Hochnebel hatte es während der Fahrt zu nieseln begonnen. Tropfen, die in der Luft tanzten wie Mückenschwärme und nie den Boden zu berühren schienen. Im grauen Licht am Rande zur Dämmerung waren Hughs Züge stärker von der Schwerkraft gezeichnet als vorhin in der Station. Seit seiner telegrammartigen Schilderung der Lage schwiegen sie. Nur die Scheibenwischer holperten über die Windschutzscheibe, verzogen die Regentröpfchen zu Schlieren.
    Vielleicht waren sie ohnehin schon zu spät dran. Seán Ferguson hatte herzlich wenig an Information angeboten, weder wie viele Leute außer ihm noch da waren, noch ob und wie sie bewaffnet waren. Sogar die genaue Adresse hatte man in der Zentrale zurückverfolgen müssen, während die Minuten vergingen.
    Ich hoffe für den Kleinen, dass Hanlon mit von der Partie ist, war Hughs vorerst letzter Kommentar dazu gewesen, sonst schieß ich ihm persönlich ins Knie.
    Musste vielleicht auch, hatte Will erwidert und Hugh ein Grunzen entlockt. Sie waren im Blindflug unterwegs und unterbesetzt. Nur eine der mobilen Einsatzeinheiten war kurzfristig verfügbar, dazu zwei Streifen der Uniformierten, die offiziell gar keine Befugnis hatten, sich ohne Befehl mit Paramilitärs auseinanderzusetzen. Hugh war die Last seiner Verantwortung überdeutlich anzusehen. Theoretisch dauerte die Fahrt zur Seven Mile Straight zwanzig Minuten. Noch neun Minuten.
    „Schon eigenartig, wie das Schicksal so spielt“, sagte Hugh unvermittelt. „Heute ist’s genau acht Monate her.“ Es war, als hätte er einen Stein gegen Wills Brustkorb geschleudert. Sechster November. „Haste die Kugeln schon gezählt? Heute dürfte Ferguson ein leichtes Ziel sein.“ Er zwinkerte herüber. Warum machte Will das plötzlich so wütend?
    „Ich bin bloß froh, wenn’s vorbei ist.“
    Hughs Lächeln zog sich unter dessen Bart zurück.
    „Haste dein Herz für Terroristen wiederentdeckt?“, fragte er. Seine Augen loderten, trotz ihres hellen Blaus. „Jenny ist wohl schon vergessen, wie?“
    „Im Gegensatz zu dir hab ich was gegen den Tod von Unschuldigen.“ Für mehr war Will zu sehr vor den Kopf gestoßen.
    „Ich verstehe nicht, was du willst“, schnaubte Hugh kopfschüttelnd. „Ich habe alles getan, um dir zu helfen, und du faselst was von Unschuldigen. Ich seh hier keine Unschuldigen, weit und breit nicht.“
    „Ach, sein Bruder ist jetzt Terrorist? Gibt’s da keinen Unterschied für dich?“
    „Armer Will, siehst noch immer den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wie viele sind denn hier schon draufgegangen? Was ist denn da einer mehr?“
    „Wann ist dir denn dein Herz abhandengekommen, Hugh?“
    „Seitdem du dich mit Jennys Mörder verbrüderst!“ Trotz aller Vorzeichen überraschte Hughs Lautstärke Will. „Dieses Schwein hat auf sie geschossen, verdammt noch mal, haste das vergessen? Glaubst du, der hat einmal drüber nachgedacht, was er dir damit antut? Soll er doch durch das Schwert seiner eigenen Leute umkommen, sein Bruder genauso, meinetwegen seine ganze Sippe, was Besseres kann ich mir gar nicht vorstellen. Dann hat er wenigstens mal Gerechtigkeit erfahren.“
    Wills Antwort hatte sich irgendwo in seiner Luftröhre verkeilt.
    Er sah Seán Ferguson vor sich, seinen schlitzohrigen Charme, das tollpatschige Imponiergehabe. Marie Fergusons Blick, als sie ihm den Brief ihres Mannes übergab. Jenny in ihrem brombeerfarbenen T-Shirt, Rüssel-Tasse in der Hand. Ich geh schon.
    „Aber du wirst ja schon wieder weich, wenn seine Frau dich anflennt. Wenn du dich nur sehen könntest. Kaum winselt einer was von Reue, biegt sich dein Rückgrat schon in alle Richtungen. Was würde Jenny –“
    „Jenny ist tot, kapiert?“, löste sich sein Krampf endlich. „Ich werde nie vergessen, wie’s passiert ist und wer dran schuld ist. Nie, hörst du?“
    Hugh fuhr herum, das Auto machte einen kurzen Ausflug auf die Gegenfahrbahn. Der entgegenkommende LKW blinkte und hupte noch im Vorüberfahren.
    Jetzt erst setzte das Adrenalin ein. Auch bei Hugh. Niemand sagte etwas, nur die Wischblätter holperten über die Windschutzscheibe.
    „Tut mir leid“, murmelte Hugh schließlich. „Aber ich muss wissen, ob wir auf derselben Seite stehen, gerade in dieser Situation.“
    „Das tun wir“, sagte Will.
    Hugh schüttelte nur den Kopf.
    Im Funkgerät rauschte und knackte es. Eine
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