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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
Autoren: F. Paul Wilson
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Schwarz eines vor Kurzem abgebrannten Feldes. Sie verbrachte einen Teil jeden Tages hier draußen und schaute über das Tal hinweg auf die wolkengekrönten Berge von Westmaui. Sie wartete auf den täglichen Regenbogen oder sie beobachtete die Schatten der Wolken, die Tausende von Metern unter ihr durch das Tal rasten. Aber dort bewegten sich jetzt keine Schatten. Die Passatwinde, die sie vorantrieben, waren verebbt. Die Wolken und ihre Schatten warteten.
    Auch Kolabati wartete. Die Luft hätte durch das Fehlen einer Brise wärmer werden müssen, trotzdem fröstelte sie mit einer Vorahnung. Irgendetwas stimmte nicht. Die Windrichtung auf Maui änderte sich zwar manchmal, wenn die Kona-Winde kamen, aber die Luft war immer in Bewegung.
    Krishna, Vishnu, betete sie stillschweigend zu den uralten Göttern ihrer Jugend, bitte lasst nicht zu, dass das hier zerstört wird. Nicht jetzt. Nicht, wo ich endlich Frieden gefunden habe.
    Frieden. Kolabati hatte ihr ganzes Leben danach gesucht und es war ein langes Leben gewesen. Sie sah aus wie dreißig, vielleicht wie eine jung gebliebene Mittdreißigerin, aber sie war 1848 geboren. Nach dem einhundertfünfzigsten hatte sie aufgehört, ihre Geburtstage zu zählen.
    Es war eine lange Zeit, um nach Zufriedenheit zu suchen. Sie dachte, sie hätte vor ein paar Jahren mit einem Mann namens Jack eine Aussicht darauf gefunden, aber er hatte sie und das Geschenk des langen Lebens, das sie ihm angeboten hatte, verschmäht. Sie hatte ihn sterbend in einer Lache seines eigenen Blutes zurückgelassen. Er war wahrscheinlich tot und der Gedanke schmerzte sie. Er war so lebendig gewesen …
    Aber jetzt bin ich jemand anderes.
    Die neue Kolabati wäre geblieben und hätte Jack geholfen, oder sie hätte ihm wenigstens einen Arzt gerufen, trotz der grausamen Dinge, die er zu ihr gesagt hatte.
    Maui hatte sie verwandelt. Maui und Moki. Ein Ort und ein Mann. Zusammen hatten sie ihr das bisschen Frieden gegeben, das man auf dieser Welt finden konnte.
    Hier auf Maui, geschmiegt an die Brust des größten inaktiven Vulkans der Erde, hatte sie die ganze Welt in ihrer Reichweite. Wenn sie es müde wurde, das Tal unten zu beobachten, wolkengesprenkelt an sonnigen Tagen, regengepeitscht und von Blitzen durchzuckt, wenn Gewitter durchzogen, konnte sie sich zur dem Wind ausgesetzten Ostküste des Berges begeben und die Dschungel über Hana besuchen; weiter um den Berg herum am südlichen Abhang konnte sie sich vorstellen, sie sei in den Savannen Afrikas oder den Ebenen Nordamerikas, inklusive grasendem Vieh und allem anderen; oder aber sie fuhr auf die andere Seite des Tales und tummelte sich unter reichen japanischen und amerikanischen Urlaubern in den Hotels von Ka’anapali oder Kapalua; oder sie fuhr in das Iao-Tal und weiter zu den Regenwäldern des Ortes mit dem zweitmeisten Niederschlag der Erde; oder sie kehrte zu Haleakala selbst zurück und spazierte über den wüsten Boden des nackten Kraters, schritt zwischen den Hunderte Meter hohen Schlackesäulen umher und stellte sich vor, sie erforsche die Oberfläche des Mars.
    Auch andere Wunder gab es direkt in ihrer Nähe. Direkt unter der Lanai befand sich ihr Haleakala-Silberschwert-Garten. Sie hatte die Setzlinge dort gepflanzt, die sie bei ihren Wanderungen über die Abhänge des Haleakala gesammelt hatte, und war vielleicht übertrieben stolz auf ihre Sammlung der seltenen stacheligen Klumpen. Jeder würde zwanzig Jahre lang wachsen, bevor er seine eine großartige Blüte hervorbrachte. Kolabati konnte warten. Sie hatte Zeit.
    Sie sah auf die Tasse in ihrer Hand hinunter. Oh ja. Kaffee von der Kona-Küste der großen Insel – der aromatischste Kaffee der Welt. Sie trank einen Schluck.
    Nein, sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie es überdrüssig würde, hier zu leben, selbst wenn es Moki nicht gäbe. Aber Moki war hier und Moki gab dem allen eine Bedeutung.
    Sie konnte ihn jetzt im Hof hören, wie er in seiner Werkstatt arbeitete. Moki – ihr Kane, ihr Mann. Er fertigte Schnitzereien aus Treibholz. Zusammen durchstreiften sie die Strände und die Ufer von Haleakalas zahllosen Bächen und Wasserfällen, auf der Suche nach Zweigen und kleinen Baumstämmen, nach lange abgestorbenen Holzstücken, ausgeblichen und gehärtet von der Zeit und den Elementen. Sie brachten diese knorrigen, wettergegerbten Überreste zurück zum Haus und stellten sie um Mokis Werkstatt herum auf. Da lernte er sie langsam kennen, mit ihnen zu leben. Und allmählich
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