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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell
Autoren: F. Paul Wilson
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wie Schwingen aus. Einige Sekunden lang geschah nichts. Dann bemerkte Magda, daß sich der Nebel auf dem Hof bewegte. Überall um sie herum streckten sich Hände aus dem dichten Dunst, gefolgt von Köpfen und Oberkörpern.
    Langsam richteten sich die ermordeten deutschen Soldaten auf, als Rasalom ihnen eine entsetzliche Schattenexistenz aufzwang.
    Magdas Blick fiel auf blutige Leiber und zerfetzte Kehlen, und trotzdem wich sie nicht zurück. Nach wie vor hielt sie das Schwertheft in den Händen. Es schützt mich. Solange ich es bei mir habe, kann mir Rasalom nichts anhaben.
    Die Leichen bezogen hinter und neben dem Herrn der Fe ste Aufstellung. Niemand rührte sich.
    Vielleicht fürchten sie sich vor dem Heft, dachte Magda hoffnungsvoll. Vielleicht können sie nicht näher heran.
    Dann fiel ihr auf, wie der Nebel vor den Leichen zu zerfasern begann, und durch einige Lücken in der Dunstpatina sah sie graues und braunes Fell. Ratten! Ekel schnürte ihr die Kehle zu und ließ sie erzittern. Langsam trat sie zurück. Die abscheulichen Nagetiere hielten auf sie zu. Sie bewegten sich nicht in einem einheitlichen Muster, sondern krochen und trippelten in verschiedene Richtungen. Magda konnte die Präsenz von lebenden Toten ertragen, aber Ratten …
    Rasalom lächelte – und daraufhin wußte die junge Frau, daß sie so reagierte, wie er es erwartet hatte. Er wollte sie zum Tor zurücktreiben, und wenn sie über die Schwelle trat und das Kastell mit dem Heft verließ …
    Magda schloß die Augen und blieb stehen.
    Bis hierher und nicht weiter, ertönte es in ihrem Innern. Bis hierher und nicht weiter. Bis hierher und nicht weiter … Sie konzentrierte sich auf diesen Gedanken und klammerte sich daran fest – bis etwas ihre Fußknöchel berührte. Etwas Kleines und Pelziges. Kurz darauf wiederholte sich der Kontakt. Dann noch einmal. Magda biß sich auf die Lippe, um einen Schrei zu unterdrücken. Das Heft funktionierte nicht! Die Ratten griffen sie an! Gleich fallen sie über mich her und zerreißen mich mit ihren spitzen Zähnen.
    Panik zwang sie dazu, die Lider zu heben. Rasalom stand nun nicht mehr so weit entfernt, und sie spürte den Blick seiner glühenden Augen auf sich ruhen. Hinter ihm schwärmte die Legion der Toten aus, und vor ihm fiepte die Rattenarmee. Seine stummen Befehle veranlaßten die gräßlichen Nagetiere, sich erneut der jungen Frau zu nähern und über ihre Füße zu kriechen … Magda fühlte, wie sich der Schrecken in ihr verdichtete und die Reste von Vernunft, Beherrschung und Disziplin zu verdrängen drohte. Das Schwertheft schützt mich nicht! Aus einem Reflex heraus wollte sie sich umdrehen, hielt jedoch gerade noch rechtzeitig inne. Die Ratten kamen auf sie zu, aber sie bissen oder kratzten nicht. Sie berührten ihren Körper – und machten sofort wieder kehrt.
    Magda holte tief Luft und verdrängte die Angst.
    Sie können mich nicht verletzen. Das Schwertheft hindert sie daran. Es bestand also nicht die Gefahr, daß die pelzigen Tiere an ihren Beinen emporkletterten. Ihre Angst wich zögernder Erleichterung.
    Offenbar spürte Rasalom ihre wiedergewonnene Entschlossenheit. Er schnitt eine Grimasse und winkte kurz.
    Die Leichen setzten sich in Bewegung. Sie gingen so dicht nebeneinander an ihrem Herrn vorbei, daß sie eine Mauer aus totem Fleisch bildeten. Magda beobachtete, wie sie taumelten und schlurften – und ganz dicht vor ihr verharrten. Aus blicklosen Augen starrten sie auf die junge Frau herab. Ihr Gebaren wirkte ebensowenig zielstrebig wie boshaft, und die im Tod erschlafften Züge brachten nicht einmal Haß zum Ausdruck. Sie waren nichts weiter als leblose Instrumente in den Diensten Rasaloms. Aber sie sind so nahe! Magda versuchte möglichst flach zu atmen und den von einigen Leichen ausgehenden Verwesungsgeruch zu ignorieren.
    Erneut schloß sie die Augen und kämpfte gegen das Entsetzen an, das die Kraft aus ihr saugte. Sie preßte das Heft gegen ihre Brust.
    Bis hierher und nicht weiter … Bis hierher und nicht weiter … Für Glaeken. Für mich. Für das, was von meinem Vater übrig ist. Für die ganze Menschheit. Bis hierher und nicht weiter …
    Etwas Kaltes und Schweres stieß gegen sie. Magda wankte unwillkürlich einen Schritt zurück. Mehrere Tote verloren das Gleichgewicht und neigten sich ihr entgegen. Rasch sprang sie zur Seite und wich einer Leiche aus. Rasalom benutzt sie wie Rammen – um mich durchs Tor zu stoßen, über die Schwelle!
    Und der Erfolg zeichnete
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