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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell
Autoren: F. Paul Wilson
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durchsetzen. Wenn er an die Möglichkeit einer Niederlage dachte, schwächte er sich selbst.
    Er sah sich um. Rasalom schien irgendwo oben zu sein. Warum? Dort gab es keinen Fluchtweg für ihn.
    Glaeken lief die Stufen hinauf, verharrte auf dem zweiten Absatz und horchte wachsam. Nach wie vor spürte er Rasaloms Unheilsaura, die sich weit über ihm befand, und gleichzeitig nahm er den Schatten akuter Gefahr wahr. In den kalten, grauen Mauern leuchteten die vermeintlichen Kreuze und durchstrahlten die Dunkelheit mit mattem Licht. Weiter rechts sah Glaeken die vagen Konturen der Stufen, die zur dritten Etage führten. Nichts rührte sich dort.
    Er ging weiter – und blieb erneut stehen. Plötzlich bewegte sich etwas in unmittelbarer Nähe: Mehr als zehn Leichen deutscher Soldaten standen auf und kamen aus den finsteren Ecken.
    Rasalom hat sich also nicht allein abgesetzt.
    Glaeken wich ein wenig zurück, bis er den Treppenabsatz dicht hinter sich wußte. Die heranwankenden Leichen jagten ihm keine Angst ein: Er kannte die Grenzen von Rasaloms Macht und war mit allen seinen Tricks vertraut. Totes Fleisch stellte keine Gefahr für ihn dar.
    Doch der Angriff verwirrte ihn. Was versprach sich Rasalom davon, ihn mit den Opfern seiner Gier nach Schmerz und Qual zu konfrontieren?
    Glaekens Körper reagierte automatisch, als sich die Toten näherten. Er stand breitbeinig da, die Knie ein wenig gebeugt, und hielt das Schwert in beiden Händen. Er wußte natürlich, daß er eigentlich gar nicht gegen sie zu kämpfen brauchte. Er konnte ihre Reihen schlicht und einfach durchschreiten – eine Berührung genügte, um die leblosen Gegner zu Boden zu schicken. Doch damit gab er sich nicht zufrieden. Sein Kriegerinstinkt verlangte, daß er mit der Waffe ausholte. Er genoß es sogar, auf Rasaloms Diener einzuschlagen und zu sehen, wie sie unter seinen Hieben fielen.
    Glaeken schwang das Schwert in einem weiten Bogen, und Funken sprühten von der Klinge, als sie hier einen Arm durchschlug und dort einen Kopf vom Torso trennte. Bei jedem Kontakt zuckte weißes Licht über die Schneide. Stinkender Rauch kräuselte in die Höhe und verschwand in der Schwärze.
    Die ganze Zeit über herrschte völlige Stille. Kein einziger Schrei ertönte, als ein Gegner nach dem anderen auf den kalten Stein sank.
    Nach einer Weile wich Glaeken zurück, um sich mehr Platz zu schaffen. Er stolperte dabei über einen hinter ihm liegenden Toten. Er rang um sein Gleichgewicht und spürte unmittelbar darauf eine Bewegung weiter oben. Überrascht sah er auf und bemerkte zwei weitere Leichen, die über die Stufen rollten. Es blieb ihm nicht mehr genug Zeit, ihnen auszuweichen. Ihr Gewicht riß ihn von den Beinen und schleuderte ihn zu Boden. Bevor er sich zur Seite rollen und wieder aufstehen konnte, waren die anderen Toten bei ihm. Sie ließen sich fallen und begruben ihn unter sich.
    Glaeken blieb ruhig und gelassen, obwohl er kaum mehr zu atmen vermochte. Die wenige Luft, die ihn erreichte, roch nach verbranntem Fleisch, geronnenem Blut und Verwesung. Der Rothaarige spannte die Muskeln, stieß die Leichen beiseite und kroch unter ihnen hervor.
    Als er sich in die Höhe stemmte, fühlte er eine deutliche Vibration in den Steinen unter sich. Er wußte nicht, was das bedeutete. Er begriff nur, daß Rasaloms Schlauheit eine zweite Falle für ihn vorbereitet hatte. Rasch stand er auf und sprang zu den Stufen.
    Hinter ihm begann es laut zu knirschen. Glaeken wandte sich um und sah, wie sich der Treppenabsatz mitsamt den Leichen von der Turmmauer löste und in die Tiefe stürzte. Mit einem donnernden Krachen prallte tonnenschwerer Granit auf den ersten Treppenabsatz und zermalmte die Toten unter sich.
    Glaeken lehnte sich an die Mauer und atmete mehrmals tief durch. Bestimmt versuchte Rasalom aus gutem Grund, ihn aufzuhalten. Er wollte Zeit gewinnen – aber wozu? Als Glaeken sich wieder umdrehte, um den Aufstieg zur dritten Etage fortzusetzen, fiel sein Blick auf einen abgeschlagenen Arm am Rande des Loches. Die Finger krümmten sich wie winzige Beine, trugen die Hand und den blutigen Rest über rissigen Stein. Glaeken schüttelte verwundert den Kopf, ging weiter und fragte sich einmal mehr, was Rasalom plante. Auf halbem Wege nach oben rieselte Staub auf ihn herab. Er nahm sich nicht die Zeit, den Kopf zu heben, sprang mit einem Satz zur Seite und preßte sich an die Mauer. Ein massiver Granitblock raste dicht an ihm vorbei und verfehlte ihn nur um wenige
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