Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
Verlauf der Jahrhunderte pulverisierte, zu Staub machte.
    Hier und da hatte die von dem Zusammenprall erzeugte Wärme Eis geschmolzen, und nun sägten schmale Bäche Schlangenlinien in die sich hebenden Talböden. Sie verließen das Dreirad und gingen zu Fuß in eine enge, schneeverwehte Schlucht, wo es von Eiszapfen tröpfelte und Ammoniaknebel wie dünne Schleier in die Höhe stiegen. Im Dunkel der Nacht warf das Jupiterlicht matte Bernsteinreflektionen von Schneewehen zurück. Old Matt blieb stehen und spähte nach vorn. Dann winkte er schweigend, und der Junge sah einen Kanal, der durch den zehn Meter tiefen Schnee gegraben war, so groß wie ein Raupenschlepper auf schwarzstreifigen grauen Felsgrund stoßend, der zerschabt und geschunden war und auf seiner freigelegten Oberfläche den großen, deltaförmigen Abdruck trug. Von dem tiefen Kanal führten keinerlei Spuren fort, und der Junge konnte nicht sehen, wie das Ding gekommen und gegangen war. Das Delta lag im Fels, stumm, und er spürte eine Andeutung dessen, was er im Blöken und Schreien der Tiere gehört hatte, als sie ihm begegnet waren, manche von ihnen ebenfalls zum ersten Mal. Er blickte sich in der schmalen Schlucht um und fühlte sich wie in einer Falle. Unruhig wandte er sich um, kämpfte gegen die plötzliche Angst an, daß hinter seinem Rücken etwas war, das er nicht rechtzeitig sehen konnte, eine Bewegung.
    »Hast du was gefunden?« fragte er unnötigerweise, nur um etwas zu sagen und die Stille zu vertreiben.
    »Nein. Ich habe einige Spuren im nächsten Tal gesehen. Sah so aus, als kämen sie hierher. Ich wollte dich dorthin mitnehmen.«
    Manuel nickte. Er spürte Vorfreude und zugleich Furcht, ein Geruch in seiner Nase wie heißes Kupfer in den Metallwerkstätten. Der Geruch überschwemmte ihn, erzeugte ein Gefühl von Verhärtung in seinem Magen, als er zum ersten Mal das Zeichen dafür sah, daß dies ein sterbliches Ding war, lebendig und wirklich, nicht nur eine Gestalt, die durch seine Träume trieb und sich in den Geschichten bewegte, welche die Männer erzählten, wenn sie halbbetrunken waren und ihnen nicht unbedingt zuzutrauen war, daß sie es richtig schilderten – kein Bruchstück seiner Welt, sondern größer als sie.
    »Meinst du, es ist noch hier?«
    »Kann sein. Die Wissenschaftler sagen, es bleibt eine Weile an einer Stelle – sucht, glauben sie. Weiß nicht. Vielleicht kommt es, um einen Blick auf uns zu werfen, und zieht dann weiter.«
    »Morgen können wir alle kommen. Es vielleicht einkreisen.«
    Er lachte. »Es einkreisen? Genausogut kann man einen Menschen in einer Nebelfahne einfangen.«
    »Wir können es versuchen.«
    »Sicher. Wir können es versuchen.«
     
    An jenem Abend stürzte sich Petrowitsch in eine politische Diskussion mit Major Sánchez. Die beiden Männer wurden laut, der Whiskey bestritt den größten Teil des Gesprächs. Es war bekannt geworden, daß die Asteroidenvereinigung die Entwicklung einer Anlage zur Mineralöl-Synthetisierung auf Ganymed vorantreiben wollte, und der Mond als Ganzer mußte darüber abstimmen.
    Major Sánchez meinte, es wäre schon lästig genug, die Nahrungsmittel für die gottverdammten Asteroiden anzupflanzen, und was hätte Ganymed schon von dem Handelsaustausch außer Kleinkram, den keiner wollte außer den Stadtmenschen, und die wären es ja nicht, die sich den Arsch aufreißen müßten, um eine gottverdammte Ölanlage zu bauen.
    Petrowitsch hielt das für dumm und nicht vorausschauend, oder wollte der Major etwa auf ewig Öl von Luna oder gar, Gott stehe uns bei, von der Erde selbst kaufen und dabei jedem Zwischenhändler zwischen hier und Brasilien die Taschen füllen?
    Teufel auch, bellte Major Sánchez, in der Siedlung gäbe es keinen Liter Öl, der nicht aus Samen oder Halmen gepreßt wäre, für ihre Zwecke reichte das völlig, und wenn die Asteroiden Grundstoffe höherer Qualität wollten; könnten sie sie ja kaufen. Und wozu brauchten sie das Öl überhaupt, wenn sie für ihre Arbeit hauptsächlich Servo-Tiere einsetzten, und Tiere brauchten anders als Maschinen sowieso keine Schmiermittel – das wäre der Grund dafür, erst einmal gute Servo-Tiere zu entwickeln, um hier draußen an Schmiermitteln zu sparen, wie jeder Idiot wüßte, wenn er sich ein wenig mit Geschichte befaßte, anstatt sich jeden Abend mit Kippsprit vollzuschütten und so in jeder freien Minute sein Hirn zu verkorksen – richtig?
    Petrowitsch öffnete den Mund, um zurückzubrüllen, aber seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher