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Wettflug mit dem Tod (Orion 10)

Wettflug mit dem Tod (Orion 10)

Titel: Wettflug mit dem Tod (Orion 10)
Autoren: Hans Kneifel
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deinem Gesicht, das mich stört.«
    Cliff war überrascht.
    »Was? Die Nase?«
    »Wie witzig! Nein, die Nase ist es nicht«, erwiderte sie ernsthaft. »Es ist die tiefe Nachdenklichkeit in deinem Blick, die mich ängstigt. Du hast immer dann diesen Ausdruck, wenn du einen Verdacht zu haben glaubst.«
    Cliff hob den Kopf und sah über die niedrige Mauer und die Kronen der Bäume hinaus auf die leichten Wellen des Carpentariagolfes. Einige geblähte Spinnacker von Segeljachten unterbrachen die endlose blaue Fläche mit ihren bunten Mustern. Auf eine unklare Weise glichen sich das Meer und das Weltall, und Cliff wurde an das Problem erinnert.
    »Du magst recht haben«, sagte er, »aber ich habe es selbst nicht gemerkt. Ich las gerade den offiziellen Bericht der Erdregierung, verfaßt vom Ministerium für außerirdische Fragen.«
    Tamara schlürfte geräuschvoll an dem Sektglas und erwiderte langsam:
    »Ich verstehe – und dabei habe ich gestört. Das ist natürlich vermessen!«
    Nur wenige Menschen kannten Cliff McLane genau. Er war kein typischer Kommandant, sondern ein Mann, der vor, während und nach jedem Einsatz zu denken pflegte. Er war überzeugt davon, daß sich letztlich jedes Problem durch die Anwendung der Logik lösen ließ. Und er besaß etwas, das ihn vor vielen auszeichnete: ein gesundes Mißtrauen, eine Art sechsten Sinnes, wenn es um versteckte Gefahren ging. Die Lektüre des Berichts hatte nicht dazu beigetragen, sein Mißtrauen abzubauen.
    »In diesem Bericht befanden sich einige bemerkenswerte Daten«, sagte er wie zu sich selbst.
    »Ich höre«, erwiderte die blonde Frau und füllte sein Glas wieder auf.
    »Es gibt rund vierhundert Planeten, die im Lauf der Jahrhunderte kolonisiert worden sind. Auf jeder dieser Welten haben wir in irgendeiner Form Fuß gefaßt. Das erforderte natürlich ein gewisses Umdenken.«
    Langsam und nachdenklich trank Cliff das Glas leer und stellte es vorsichtig neben die Flasche.
    »Umdenken ... in welche Richtung?« fragte Tamara.
    »Bis zu der Eroberung des Mars dachte die Menschheit global. Also auf einen Planeten beschränkt. Jetzt wird verlangt, daß sämtliche Menschen galaktisch denken ... schließlich sind neunhundert Parsek nicht gerade wenig.«
    »Du glaubst, daß sich Schwierigkeiten einstellen werden?«
    »Ich bin fest überzeugt davon. Denke an den Fall, bei dem ich einige teure Uhren eingebüßt habe. Je mehr Planeten besiedelt werden, desto größer sind die Bestrebungen einzelner Machtgruppen, sich von der Erde zu lösen.«
    »Du denkst an Sahagoon, Cliff?« fragte Tamara und nahm die Badekappe ab.
    Cliff nickte ernst.
    »Unter anderem, ja. Ich sehe die Gefahr allgemeiner. Die Erde hat nämlich während der letzten Jahrhunderte ein dichtes Netz geknüpft. Jeder Knoten in diesem Netz ist wichtig. Löst sich einer, so fällt das Netz auseinander. Jeder besiedelte Planet ist mit jedem anderen unlösbar verbunden. Und dieses Netz wird von der Erde aus kontrolliert. Ich werde vermutlich klarer sehen, wenn ich diesen verwünschten Bericht ausgelesen habe.«
    Langsam kletterte Tamara aus dem Swimming-pool und nahm das Glas vorsichtig in beide Hände.
    »Ich werde mich jetzt neben dich in die Sonne legen«, versprach sie, »und ich versuche, nicht zu stören. Lies zu Ende – dann werden wir darüber diskutieren. Einverstanden?«
    Cliff blickte sie nicht ohne Verwunderung an.
    »Du bist«, sagte er unschlüssig, »nicht nur ausgesprochen hübsch, sondern hast in deinem bemerkenswerten Kopf auch kluge Gedanken ...«
    Jetzt war ihr Lächeln echt.
    »... hin und wieder!« ergänzte er und griff wieder nach dem Projektionsgerät. Die Musik wechselte in eine Pianostelle über, und langsam wurde der Sekt neben Cliffs Ellenbogen warm.
    Das Thema der Schrift, in die sich McLane vertiefte, war nicht rein zufällig. Jeder, dessen Vorstellungen ausreichten, sich mit der gewaltigen Verantwortung der Erde auseinanderzusetzen, hatte irgendwann an diese Gefahr gedacht. Gleichzeitig wußte man, daß sich eine Bruderwelt auf keinen Fall gegen die Erde selbst kehren würde. Die Erde besaß einen Führungsstab und Hunderte von Raumschiffen, die einen Planeten binnen Minuten verwüsten konnten. Das würde selbst hartnäckige Feuerköpfe abschrecken.
    Eine Stunde später kam der Kommandant an das Ende des Berichts.
    Er las:
    ... glauben wir nicht, daß akute Gefahrenmomente bestehen. Aber unsere Empfehlung ist, daß sich die Erde mit allen ihren Möglichkeiten dagegen wehren sollte,
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