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Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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vermag – war ich doch selbstTeil des Urvermögens, glückhaft berauscht und zu Unfaßbarem bereit.
    Danach weiß ich nichts, nur daß ich, bei herrlichem Sonnenaufgang erwacht, nah einem Bachlauf lag. Der sprudelnde Quell zog mich an, ich erquickte die Glieder und schaute mein Spiegelbild.Welch ein Erschrecken! Besudelt war ich von frischem, noch nicht getrockneten Blut! Da ich mein Haupt abtaste, finde ich einen klaffenden Riß, aus derWunde mag das Blut geflossen sein. Ich wusch und säuberte mich, mit unbändigem Lebensmut wanderte ich darauf in den Morgen hinein. EinTag hub an, wie ihn Gott seinen Heiligen aufsparen mag.
    Du kennst meineWahlheimat,Wilhelm, von da ist es nur eine halbe Stunde zu Lottens Haus, wo ich alles Glück erahne, das dem Menschen geschenkt werden mag. Lieber Freund, es ist wunderbar! dort dasWäldchen! ach, könntest Du Dich in seine Schatten mischen! Da die Spitze des Berges, die ineinandergeketteten Hügel und vertraulichenTäler. Lang hab ich das Jagdhaus, das nun all meineWünsche einschließt, bald vom Berge, bald von der Ebene über den Fluß betrachtet. – –
    DenTraum noch zu erwähnen, der mich, als ich am Bach schlief, heimsuchte – mir war’s zwischen Lachen und Schaudern, als ich daraus erwacht. Sah ich darin doch den Grafen von W ., den fürsorglichen alten Mann, dem ich so viel verdanke, dessen Hund sich übrigens bis heute nicht wiederfand. Der gute Graf war, imTraum versteht sich, tot und zugleich nicht tot. Er hatte, mir imTraum zu erscheinen, eine andere Gestalt angenommen. Das ist nun, dachte ich später imWachen, das Eigentümliche einesTraumes, daß vertraute Menschen uns im nächtlichen Bild unserer Seele verwandelt vorkommen und etwasAnderes, ja geheimnisvoll Fremdartiges darstellen. DieTraumnatur meines Grafen war nämlich einTier. Ein fletschend schwarzmächtigesVieh von Fabelgröße, das sich in derArt des Grafen auf mich zubewegte und mit der Stimme des Grafen sprach. – Du bist unterwegs zu uns, sagte der tierischeAlb. Komm, komm nur, wir harren deiner. Darauf stieg das gräflicheTier die schöne Mitteltreppe seines Schlosses empor und verschwand im Lichte eines Mondstrahls.
    Da ich später des Morgens im Garten die Zuckererbsen pflücke, sie abfädne, in der Küche einenTopf wähle, mir Butter aussteche, die Schoten ans Feuer stelle, zudecke und mich dazusetze, sie umzuschütteln, bedenke ich meinenTraum. Mir fiel bei, daß mein Spukbild den Grafen und seinen schwarzen Hund zu ein und der selben Gestalt verschmolzen hatte, und so war die Erklärung für alles gefunden. Meine Hand, Lieber, daß ich’s nicht vergesse, ist besser und rascher verheilt, als selbst der Medikus hoffte.

Am 17. Mai.
    O was man ein Kind ist!Was ich ein Kind bin! Ich werde sie sehen!Wilhelm, zur Mittagsstunde des nämlichenTages ruf ich es aus, da ich mit aller Heiterkeit der schönen Sonne entgegenblicke – ich werde sie sehen! und zittre demAugenblick entgegen, und habe für den ganzenTag keinenWunsch weiter.Alles, alles verschlingt sich in dieserAussicht. Lottens Porträt habe ich dreimal angefangen und dreimal verworfen, darauf habe ich ihren Schattenriß gemacht, er ist gelungen, damit soll es genügen.Trotz Freude undTräumerei habe ich mir auferlegt, sie allzu oft nicht mehr zu sehen, was fruchtet es, sag ich mir, wird doch der andere,Albert, über kurz oder lang hier erscheinen und mich aller seligen Hoffnung berauben.Wer das aushalten könnte –Wilhelm! ich nimmermehr:Wenn ich hinausgehe und ihrerAtmosphäre zu nahe komme, braucht’s nicht viel – und zuck! so bin ich schon wieder dort, bei ihr.
    Meine Großmutter hatte ein Märchen vom Magnetenberg: alle Schiffe, die ihm zu nahe kamen, wurden auf einmal alles Eisenwerks beraubt, die Nägel flogen aus dem Holz und dem Berge zu, und die elenden Schiffsleute scheiterten zwischen den übereinander stürzenden Brettern und wurden in dieTiefe gesogen. So verhält es sich mit meinem Sehnen nach Lottchen, heute jedoch, lieber Freund! heut werd ich sie sehen! – –
    Heimgekehrt vor Minuten, muß ich sogleich berichten! Es ist tot, gerissen zur Nacht – Freund, die Hand zittert mir! das Zicklein, Lottens Lieblingstier, getötet und ausgeweidet! Kein Marder, kein Dachs wären dazu imstande – ein tollwütiger Hund, sagt der Förster, im Gesinde geht gar das Gerücht von einemWolfe um. EinWolf,Wilhelm, in unseren Landen!Winters fielen sie manchmal aus dem Gebiet von P. ein, doch das liegt Jahre zurück.Trauriger
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