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Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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sein Leben aufs Spiel setzte? – Ich weiß nicht! wir wollen uns nicht in Gleichnissen herumbeißen. Es ist ja nicht nur meinArm, der befallen ist, sondern meine Seele, meinWesen, mein Ich verwandelt sich von Stunde zu Stunde, und ich bin verdammt, dabei noch zuzusehen. Ich habe in mir zuweilen so einenAugenblick aufspringenden, abschüttelnden Mutes, und da – wenn ich nur wüßte wohin! – ginge ich wohl von dieserWelt, ginge demAbgrund zu, wenn ich drunten die Gorgo erwürgen könnte, ihr das schlangenköpfige Haupt abschlagen, sie in dem schwarzen Blut ertränken, mit dem sie mich vergiftet.Was ich fürchte, kann nicht wahr sein, was ich werde, widerspricht jeder bekanntenWirklichkeit.
    Ich habe dieAhnung, daß der schwarze Hund ein Sinnbild meiner eigenen Entfremdung von mir selbst ist, daß er zu mir gekommen ist, um mich dieser Entfremdung eingedenk werden zu lassen. So mutet Nero mich wie ein weiser Führer an, dessen uraltesWissen einWissen des Blutes ist, nicht des Geistes, denn geistlos ist oft, was ich letztens unternehme.
    MeinTagebuch, das ich vernachlässiget, fiel mir heut in die Hände, ich erstaunte, wie ich Schritt um Schritt in all das hineingegangen bin!Wie ich meinen sich verschlimmernden Zustand erkannt und doch gehandelt habe wie ein Kind, das nicht sehen will , so wie ich auch jetzt klar sehe, doch es keinenAnschein zur Besserung hat. Im Gegenteil,Wilhelm – es steht schlimm um mich.
    Ich könnte dankbar und heiter annehmen, was Lottchen, was auchAlbert mir zu geben bereit sind, doch ich will mehr,Wildes will ich,Wollüstiges! Endlich ist es gesagt, was zu umschreiben ich Zeile um Zeile fülle! Ich bin voll des ungestümstenVerlangens nach diesem Mädchen, sie muß, muß mein sein, Freund! und wenn dieVereinigung unseres Fleisches nicht mit Locken und Necken zu erschleichen ist, schrecke ich innerlich selbst vor Gewalt nicht zurück. – Lies es mit Schaudern,Wilhelm, ich denke, ersehne Gewalttätiges, was ich mit dem schönen Kind anstellen wollte, so wie mein Nero es mit Lottens Zicklein trieb, es riß und sich, da mochte Fridolin noch gezuckt haben, über sein zartes Fleisch, sein warmes Blut hermachte.
    Da ich dies zu Papier bringe, Freund, sammelt sich Speichel in meinem Mund, ich hör mich knurren und ächzen, meineAugen sind von brennender Klarheit. Mord und Unzucht sind mir keine entferntenTodsünden mehr, ich schwelge in ihnen!Wie lang mag meineVorstellung noch hinter der Verwirklichung zurückstehen? Bin ich ein Schurke, war mein Charakter seit je vom Übel befallen, das nun hervorbricht?
    Das glücklichste Leben könnte ich führen, befinde ich mich äußerlich doch in den schönsten Umständen. Ein Glied der liebenswürdigen Familie im Jagdhaus zu sein, von dem Alten geliebt zu werden wie ein Sohn, von den Kleinen wie ein Bruder, genauso von Lotten! – und dann der ehrliche Albert! In ihm ist kein Falsch, wie mein sich verdunkelnder Kern mir einflüstert; Albert, der durch keine launische Unart das friedliche Miteinander stört, der mich mit herzlicher Freundschaft umfaßt, dem ich nach Lotten, scheint es, das Liebste auf der Welt bin. Es mutet wie ungetrübte Freude an, wenn wir spazierengehen, uns über Lotten unterhalten, und ist doch nichts Lächerlicheres auf der Welt, als wenn zwei gesunde Männer, statt des Weibes zu genießen, parlierend durch den Forst laufen, sich mit dem Hute befächeln, und von dem schönen Weib schwatzen wie betagte Matronen!
    WennAlbert mir zum Beispiel von Lottens rechtschaffener Mutter erzählt: wie sie auf ihremTotenbett Charlotten das Haus und die Kinder übergeben, wie seit der Zeit ein ernster Geist Lotten belebt habe, wie sie, in der Sorge für ihreWirtschaft eine wahre Mutter geworden, wie keinAugenblick ihrer Zeit ohne tätige Liebe, ohne Fürsorge verstrichen, und dennoch ihre Munterkeit, ihr leichter Sinn sie nie dabei verlassen habe. –Währenddessen gehe ich nebenAlbert und pflücke Blumen amWeg, füge sie sorgfältig zu einem Strauß, werfe sie in den vorüberfließenden Strom und sehe ihnen nach, wie sie leise hinunterwallen. Es ist alles so zum Schreien anständig, so gesittet, als hätten wir uns Mund und Geist und Seele inwendig mit Seife gewaschen, als wäre der Friede dieses Idylls nicht durch einen Prankenhieb abzutun und das Chaos regierte, wie es soll!
    Habe ich Dir geschrieben, Freund, daßAlbert hierbleiben und einAmt mit einem artigenAuskommen vom Hofe erhalten wird, wo er sehr beliebt ist. In Ordnung und
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