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Titel: Werben
Autoren: Eric Zimmermann
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war dies freilich egal gewesen, da wir nach unserem ersten Date vom Italienischen schnell zum Französischen gewechselt waren. Andererseits hätten wir dann beim Sizilianer um die Ecke keine komischen Blicke geerntet, als wir zwei Pferdeköpfe in Senfsoße bestellten.
    Nicht alles an Sabine ist schrecklich gewesen. Wir hatten auch glückliche Momente zwischen all den Streitereien und jenen Tagen, an welchen sie die Toilette im Stehen benutzt hat, um mich zu ärgern. Aber rückblickend überwiegen die unseligen Zeiten. Ihr geliebter Volleyball war ohnehin nie mein Lieblingssport. Ihre Ligaspiele waren ziemlich langweilig und einziger Grund, auch die Wochenenden in Düren und Umgebung zu verbringen. Man sollte bei der Auswahl seiner Lebensabschnittspartner einfach praktisch denken und nur im maximalen Umkreis von zehn Kilometern suchen. Wäre ich damals so verfahren, würde ich heute noch in meiner Heimatstadt wohnen und hätte täglich Gelegenheit den bekannten Aachener Dom zu besuchen.
    Natürlich hätte ich schon längst wieder zurückziehen können, jedoch hatte ich bisher große Probleme, meine Traumwohnung zu finden. Dabei bin ich kein bisschen wählerisch. Folgende simple Auswahlkriterien sollten doch nicht zu viel verlangt sein:

Neubauwohnung
circa fünfzig Quadratmeter Größe
maximal zweiter Stock
unverbauter Blick auf Grünflächen
    Balkon (mindestens vier Quadratmeter)
weiß gefliestes Badezimmer (neutraler Look)
WC inklusive Urinal und Fenster
Echtholz-Parkettboden
nette Hausbewohner
günstige Miete.

    Jeden Morgen – auf dem Weg zur Arbeit – studiere ich die einschlägigen Zeitungen mit ihren Mietannoncen und durchforste, mit dem mobilen Internetzugang meines Laptops, die bekannten Immobilienangebotsseiten. In den letzten zwei Jahren war mir bislang kein Erfolg für diese Suche vergönnt. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Eines Tages wird es schon klappen.
    Während ich weiterhin ganz erschöpft und gedankenversunken meinem Wohnungsproblem nachhänge, nicke ich kurz ein. Die Folge ist, dass mir der kleine Kochtopf aus der Hand gleitet und auf den günstigen PVC-Boden mit Holzdielenprägung im Landhausstil plumpst.
    »Mist!«, schreie ich auf und renne, wegen der lavaartigen roten Masse, die sich dabei auch über meine Familienjuwelen ergossen hat, ins Badezimmer: meinem Designer-Wellnesstempel mit den hässlichen braunen Fliesen aus den 70ern.
    Duschen muss ich eh noch und gönne meinen jetzt hart gekochten Eiern daher eine kalte Abspritzung. Nach dem erfrischenden Nass schnappe ich mir schnell den elektrischen Rasierer, um meinem flaumigen Bartwuchs Herr zu werden. Auch mit Mitte zwanzig weist mein Gesicht eine Bodendegradation auf wie in Bitterfeld: Viel wächst hier nicht.
    Immerhin sorgen meine schwarzen Haare dafür, dass man hier und da einzelne Stoppeln erkennen kann. Als das Werk vollbracht ist, gucke ich zufrieden in den Spiegel und sage zu mir selbst: »Du bist ein besserer Liebhaber als die Nassrasierer-Kerle!«
    Ich begebe mich wieder in mein Wohnzimmer, um einen Film zu schauen. Chris hatte mir gestern nach dem Minigolfen den Film Haus aus Sand und Nebel mitgegeben. Das oscarprämierte Drama mit Schauspieler-Gott Ben Kingsley handelt von einem iranischen Immigranten, der in den USA seine Vorstellungen vom American Dream verwirklichen will.
    Voll relaxt genieße ich die Einsamkeit meines 24-Zoll-Pantoffelkinos. Das Laufwerk meines alten DVD-Players macht zwar Geräusche wie eine Waschmaschine, aber egal. Hauptsache das Bild ist halbwegs groß. Auch wenn meine Eitelkeit beleidigt ist, da ich meine Brille tragen muss, um etwas zu erkennen.
    An Tragik ist der Film kaum zu überbieten. So muss der ehemals reiche iranische Armeeoffizier in Amerika erniedrigende Aushilfsjobs verrichten, um den luxuriösen Lebensstandard und den Schein für seine Familie zu wahren. Dankbar und tief bewegt texte ich Chris über mein Handy an, er solle seiner persischen Bekannten, die ihm den Film geliehen hat, einen schönen Gruß bestellen.
    Chris Holler ist seit meinem abgebrochenen BWL-Studium nicht nur mein bester Freund, sondern auch der verlässlichste Mensch, den ich kenne: Er ist immer gut gelaunt, hat ein offenes Ohr sowie großes Herz und ist genauso tollpatschig mit dem anderen Geschlecht wie ich.
    Zur Zeit versucht er, bei eben erwähnter Perserin zu landen. Jasmin, so berichtete er mir, sei in etwa so hübsch wie die ehemalige persische Kaiserin Soraya Esfandiary Bakhtiari.
    Neben
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