Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
werde diese Insel sperren lassen. Und wenn Sie trotzdem versuchen sollten, darauf zu siedeln, hetze ich Ihnen das Militär und den Psychiater auf den Hals. Den haben Sie dann nämlich nötig. Und jetzt auf Ihr Wohl, Paul! Das war der merkwürdigste Trinkspruch, den ich je von mir gegeben habe.«
    Rainu und Paul blieben drei Tage auf Papeete. Aber es war, als sei für sie die Welt zu einer Gummiwand geworden. Wohin sie kamen und Bestellungen aufgaben: für einen Wasserturm, eine Funkanlage, eine neue seetüchtige Motorjacht, für tausend Kleinigkeiten, die man braucht, um Brachland zu kultivieren – überall stießen sie auf eine geheime Verschwörung. Entweder waren die Gegenstände gerade ausverkauft, oder es wurden ihnen Liefertermine genannt, die völlig unannehmbar waren.
    »Sie wollen uns boykottieren und kleinkriegen«, sagte Bäcker. Es klang nicht wütend, sondern fast amüsiert. »Rainu, sie spielen ihre Macht aus. Als ob sie mich damit abschrecken könnten. Sie wollen Papeete für uns zu einem großen Gefängnis machen.«
    »Sie werden dich besiegen, Paulo.«
    Sie saßen am Hafen auf einer Bank und blickten über das Meer. Hinter ihnen, vor dem Fenster einer Schiffsausstattungsfirma, stand ein unauffälliger Mann und betrachtete interessiert die Schiffslaternen aus Messing. Ein zu unauffälliger Mann!
    »Man läßt uns beobachten, Rainu«, sagte Bäcker, ohne sich zu bewegen. »Dreh dich nicht um.« Er zog Rainu an sich, und sie saßen da wie ein verliebtes Paar, das auf einen romantischen Sonnenuntergang wartet. »Es wird Zeit, daß wir verschwinden, Rainu.«
    »Du willst wirklich zurück auf die Insel?« fragte sie. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. Der Mann am Schaufenster steckte sich eine Zigarette an. Verliebte zu bewachen schien ihm reichlich dumm.
    »Du gehörst hierher, Paulo.«
    »Als wir von Anne-Eiland abfuhren, wußte ich nicht so recht, wie alles werden würde. Ich hatte mir vorzustellen versucht, ob du in dieser fremden Welt zurechtkämest und dich darin einleben könntest. Jetzt bin ich ganz sicher: Je weiter ich von unserer Insel weg bin, um so näher kommt sie mir. Ich habe meinen Vater und später meine Mutter nie begriffen … jetzt ist es, als würde ich mit ihren Gedanken denken. Das ist ein unerklärbares Gefühl, Rainu. Das ist mehr als Sehnsucht oder Heimweh. Ich muß einfach zurück. Dieser Fleck Erde im Meer: er ist meine Heimat. Morgen fahren wir …«
    »Und die Bewacher, Paulo?«
    »Man sollte sie bedauern. Niemand hat ihnen gesagt, daß man einen Paul Bäcker nicht bewachen kann.«
    In der Nacht huschte ein Malaie in den Garten des Gouverneurspalastes, wo Paul ein Gästeappartement bewohnte. Der Mann kletterte an den Blumenranken empor, schwang sich durch das offene Fenster ins Zimmer und verbeugte sich tief. An seinem Gürtel glänzte der Dolch der ›Bruderschaft‹. Bäcker und Rainu hatten ihn erwartet – sie standen mit gepackten Koffern bereit.
    »Wir sind bereit«, sagte der Malaie. »Im ersten Morgenlicht fahren wir.«
    »Ich danke euch.« Bäcker trat an das Fenster. Er kletterte zuerst hinaus, dann folgte Rainu. Sie sah fremd aus, trug Jeans und einen dicken weißen Pullover. Der Malaie ließ sich als letzter an den Blumenranken hinab, nachdem er die Koffer aus dem Fenster geworfen und Bäcker sie unten aufgefangen hatte. Dann liefen sie im Schutze der mondlosen Nacht durch den Park und überstiegen die hohe Mauer. Auf dem schmalen Hinterweg wartete eine geschlossene Rikscha auf sie. Ein anderer sich tief verneigender Eingeborener nahm die Koffer, verstaute sie auf eine Art Gepäckträger und öffnete die Tür.
    »Die Polizei im Hafen hat Anweisung, dich zu verhaften«, sagte der Malaie mit dem Bruderschaftsdolch. »Aber eine Rikscha kontrollieren sie nicht. Wir haben es viermal geprobt. Niemand wird dich sehen, Bruder.«
    Er verneigte sich, die Tür klappte zu. Lautlos setzte sich das schwankende Fahrzeug in Bewegung.
    Beim Morgengrauen glitt, ein Boot unter vielen, ein großer Katamaran aus dem Bootshafen von Papeete hinaus aufs offene Meer. In dem niedrigen Kabinenzelt aus geflochtenem Palmstroh lagen Paul und Rainu und blickten zurück auf die langsam im Morgendunst versinkende große Insel. Als guter Wind aufkam, wurde ein breites Segel gesetzt. Rauschend durchpflügte der Doppelkiel die Wellen. Sie machten schnelle Fahrt, drehten voll vor den Wind und verloren sich bald in der blauen, spiegelnden Unendlichkeit des Stillen Ozeans.
    Als gegen 10 Uhr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher