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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und Bäcker bemerkte zum erstenmal in dem Blick des jungen Offiziers die verhaltene Bewunderung, die er von jetzt ab überall auslösen würde, wo er hinkommen sollte.
    »Der Gouverneur ist bereits benachrichtigt«, sagte der Leutnant. »Sie werden morgen nach Tahuata und dann weiter nach Papeete geflogen. Nehmen Sie meinen Glückwunsch entgegen, daß Sie die Naturkatastrophe überlebt haben. Es ist ein Wunder.«
    »Danke. Mir kommt es auch so vor«, sagte Paul. »Anscheinend haben wir Bäckers einen Geheimpakt mit der Schöpfung …«
    Im einzigen Hotel von Hiva Oa, einem flachen weißen Bungalow, wartete bereits der Direktor der ›Banque de Nation‹ von Papeete, die hier auf der Insel eine kleine Niederlassung unterhielt. Auch ein älterer Verwaltungsbeamter sprang aus seinem Sessel, als Bäcker, Rainu, der Polizeileutnant und der Pilot das Hotel betraten.
    »Er ist es!« rief der Verwaltungsbeamte. Er streckte Paul die Hände entgegen. »Ich heiße Bernard Croix. Erinnern Sie sich noch an mich? Ich habe Sie kennengelernt, als Sie mit Ihrem Vater Hiva Oa besucht haben.«
    »Inspektor Croix.« Bäcker drückte eine Reihe Hände. Sein Eintauchen in die laute Welt machte ihn etwas benommen. »Ich habe Sie zum letztenmal vor zwei Jahren gesehen. Wir kauften damals Konserven ein …«
    »Stimmt genau!« Croix warf die Arme hoch. »Messieurs, das ist eine historische Stunde. Ich verbürge mich dafür, daß dieser junge Mann Paul Bäcker ist. Ich nehme an, Sie haben keinerlei Papiere mehr …«
    »Nichts. Ich kann nicht beweisen, daß ich Paul Bäcker bin. Aber ich habe Zeugen: Pater Pierre, Sie, Inspektor Croix, Capitaine Brissier, den Gouverneur …«
    »Wenn das nicht reicht, sind wir alle namenlos!« Croix lachte. »Ich habe – auf Staatskosten – ein kleines Essen vorbereitet. Meine Herren, Mademoiselle –«, er sah Rainu höflich, aber reserviert an. Über dieses Mädchen wird man mit Bäcker noch sprechen müssen, dachte er. Ein Mann, der soviel Geld geerbt hat, legt sich eine Eingeborene zwar als Geliebte zu, aber er heiratet sie nicht. Bäcker wird das dumme Insulanerdasein sowieso aufgeben müssen. Er wird alle Hände voll zu tun haben, sein Vermögen zu verwalten und mit dem Erbe gewinnbringend zu arbeiten. »Darf ich bitten. Nur ein kleines Souper …«
    Für Rainu wurde es eine qualvolle Stunde. Sie saß an dem festlich gedeckten Tisch, aß nichts, beobachtete nur die lauten, lachenden weißen Männer und kam sich ausgestoßen vor. Damals hatte ihr Stamm sie dem Totengott geopfert – heute wurde sie der Zivilisation geopfert. Für Rainu war dies das qualvollere Sterben.
    Sie tastete unter dem Tisch nach Bäckers Hand. Er verstand sie, ergriff ihre kalten Finger und hielt sie fest. Keine Angst, hieß das. Das ist nur ein Ausflug in ein auch mir fremd gewordenes Land. Auch ich denke an unsere Insel. Sei ganz ruhig, Rainu!
    »Bevor wir Ihnen ihr Erbe aushändigen«, sagte der Bankdirektor später beim Mokka im Rauchzimmer des Hotels, »müssen Sie erst wiedergeboren werden.«
    Er lachte über diesen makabren Witz und übersah, daß Bäcker ihn mit verschlossener Miene hinnahm. »Amtlich sind Sie für tot erklärt, und wir hatten uns schon überlegt, was der Staat mit dem Erbe Ihres Vaters anfangen könnte. Ein Vorschlag war: Verbesserung der medizinischen Betreuung auf den Inseln; Kauf eines Sanitätsflugzeuges, das bei akuten Fällen rasch Hilfe bringen kann.«
    »Ein guter Gedanke«, sagte Paul ruhig. »Das wäre ganz im Sinne meines Vaters gewesen.«
    »Das dachten wir uns auch. Aber dieses Problem wird ja nun zu den Akten gelegt. Der Alleinerbe lebt. Und wenn der Gouverneur Sie erst wieder unter die Lebenden aufgenommen hat, können Sie nach eigenem Ermessen verfügen.« Der Bankdirektor beugte sich vor. »Haben Sie schon irgendwelche Pläne, Monsieur Bäcker?«
    »Vorerst nur Gedanken.« Bäcker lehnte sich zurück. »Wie groß ist das Vermögen meines Vaters?«
    »Zusammen mit allen Beteiligungen – die Papiere liegen bei dem Notar in Papeete – und wenn Sie diese Papiere flüssigmachen würden, was ich Ihnen nicht rate, werden es zweieinhalb Millionen Francs sein.«
    Es war eine Summe, die so anschaulich im Raum stand, daß einen Augenblick jedes Gespräch verstummte. Alle sahen Bäcker und Rainu an. 2,5 Millionen für einen Einsiedlerkrebs – so hatte man Werner Bäcker einmal spöttisch genannt –, was würde nun der Sohn damit machen? Es war eine seltsame Situation: Da kommt jemand aus der
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