Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du
Autoren: Lisa Gardner
Vom Netzwerk:
zusammenzuarbeiten, damit ihr Kind gefunden wurde?
    D.D. hielt sich erst einmal zurück. Vorläufig nahmen andere Dinge ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Am Tatort ging es hoch her. Detectives verschiedener Abteilungen der Bostoner Zentrale schwärmten umeinander und sicherten Spuren, während uniformierte Beamte die Nachbarschaft abklapperten, und weil Trooper Leoni mit ihrer Dienstwaffe, einer Sig Sauer, auf ihren Mann geschossen hatte, waren auch Ballistikexperten hinzugezogen worden. Es wimmelte von Kollegen.
    Bobby hatte recht mit seiner Einschätzung, auch wenn sie unfein formuliert war. Das Gelände war der reinste Ameisenhaufen.
    Und sie steckte mittendrin.
    D.D. war vor einer halben Stunde eingetroffen. Um nicht an der belebten Washington Street einen Parkplatz suchen zu müssen, hatte sie ihren Wagen in einer ruhigen Seitenstraße sechs Häuserblocks weit entfernt abgestellt. Allston-Brighton war einer der am dichtesten bewohnten Bezirke Bostons, vollgestopft mit Studenten und Angehörigen diverser Hochschulen. Eine ziemlich teure Gegend, was zunächst seltsam erschien, da Studenten und Akademiker nicht gerade dafür bekannt waren, wohlhabend zu sein. Aber D.D. wusste, wie das lief. Die Vermieter hatten die alten, dreigeschossigen Wohnhäuser einfach in winzige Apartments zergliedert, die nicht selten für ganze Familien herhalten mussten. Und um den wachsenden Bedarf zu decken, machten in der Umgebung immer mehr 24-Stunden-Läden und Waschsalons auf.
    Es war der Stadtdschungel, wie ihn sich D.D. vorstellte. Ohne schmiedeeiserne Balustraden oder dekoratives Ziegelwerk wie in Back Bay oder Beacon Hill. Hier zahlte man Unsummen für das Privileg, ein Wohnklo in einem schlichten Funktionsbau mieten zu dürfen. Die Parkplatzsuche dauerte oft Stunden. Man rieb sich schon auf dem Weg zur Arbeit auf und kam völlig kaputt nach Hause zurück, um ein Fertiggericht in die Mikrowelle zu schieben, im Stehen zu essen und anschließend auf den kleinsten Futon der Welt zu fallen.
    Kein schlechter Wohnort für einen State Trooper. Der Mass Pike, die Hauptschlagader des Bundesstaates, war schnell erreicht, so auch die I-93 und I-128, die in östlicher beziehungsweise westlicher Richtung davon abzweigten. Leoni konnte als Trooper somit die drei wichtigsten Jagdgründe der Verkehrspolizei innerhalb weniger Minuten erreichen. Praktisch.
    Das Haus, in dem sie wohnte, war für hiesige Verhältnisse recht ansehnlich, ein Einfamilienhaus, dem sich auf der einen Seite eine Reihe dreigeschossiger Apartmentblocks anschlossen, auf der anderen Seite ein weit ausladender Grundschulkomplex. Zum Glück war die Schule samstags geschlossen. So hatte das Großaufgebot an Polizei deren Parkplatz ganz für sich und keine Scherereien mit aufgebrachten Eltern.
    Ein ruhiger Tag in der Nachbarschaft. Zumindest war er bislang ruhig gewesen.
    Das zweigeschossige Haus von Trooper Leoni lag an einem Hang. Es hatte ein als Doppelgarage genutztes Souterrain und ein Satteldach mit weiß gestrichener Gaube. Eine aus Beton gegossene Treppe führte von der Straße hinauf zur Eingangstür. Der Garten ringsum war der größte, den D.D. im Stadtzentrum Bostons je gesehen hatte.
    Ein hübsches Familienheim. Genug Platz, um ein Kind aufzuziehen, der Hund hatte Auslauf auf dem Rasen, und am Baum hing eine Schaukel. Auch jetzt im Winter konnte sich D.D. lebhaft Gartenpartys, spielende Kinder und geruhsame Feierabende im Liegestuhl auf der rückwärtigen Veranda vorstellen.
    Wohnverhältnisse wie geschaffen für ein glückliches Leben. Was also war schiefgegangen?
    Vielleicht lag die Antwort auf diese Frage im Garten. Er war so groß wie ungeschützt inmitten einer dicht besiedelten Umgebung.
    Wer schnell zum Parkplatz der Schule wollte, fand hier eine Abkürzung. Auch von den anderen Apartmenthäusern oder der kleinen Seitengasse hinterm Haus war das Grundstück leicht zugänglich, wovon sich D.D. hatte überzeugen können. Natürlich kam man auch problemlos über die Treppe vom Haus in den Garten, wie die Kollegen der Massachusetts State Police bewiesen hatten. Von vorn, von hinten, von rechts und von links boten sich diverse Zu- und Ausgänge.
    Entsprechend zahlreich waren die in der dicken Schneedecke zurückgebliebenen Fußabdrücke. D.D. mummelte sich tiefer in ihren Wintermantel ein und ließ ihren Ärger in frostigen Dampfwölkchen verpuffen. Verdammte Idioten.
    Bobby Dodge erschien auf der hinteren Veranda. Beim Blick auf die verpfuschte Spurenlage runzelte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher