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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du
Autoren: Lisa Gardner
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wieder weg. Mit Privatleben ist nicht viel, aber mir gefällt der Job. Ist nie langweilig.»
    «Handelsmarine? Was machen Sie genau? Die Kähne vor Piraten schützen oder so was?»
    «Nein. Wir fahren von Puget Sound hoch nach Alaska und zurück. Auf der Strecke trifft man relativ selten auf somalische Piraten. Außerdem bin ich Bordingenieur. Ich sorge dafür, dass es weitergeht, und beschäftige mich mit Kabelbäumen, Getrieben und Turbinen. Waffen machen mir Angst.»
    «Lege auch keinen gesteigerten Wert drauf.»
    «Komisch, so was von einer Polizistin zu hören.»
    «Nicht wirklich.»
    Ich schaute wieder unwillkürlich nach Sophie, um zu sehen, ob alles klar war. Er folgte meinem Blick. «Shane sagt, Sie hätten eine dreijährige Tochter. Sie ist Ihnen ja wie aus dem Gesicht geschnitten. Dass Sie aus Versehen ein falsches Kind mit nach Hause nehmen, ist wohl kaum möglich.»
    «Sie wissen von Shane, dass ich ein Kind habe, und sind trotzdem auf den Köder angesprungen?»
    Er zuckte mit den Achseln. «Kids sind klasse. Ich selbst habe zwar keine, was aber nicht heißt, dass ich irgendwas gegen Kinder hätte. Macht der Vater sich auch nützlich?», fragte er scheinbar beiläufig.
    «Nein.»
    Eine süffisante Bemerkung blieb aus. Stattdessen machte er einen nachdenklichen Eindruck. «Ist bestimmt nicht leicht, als Vollzeit-Cop ein Kind aufzuziehen.»
    «Es geht.»
    «Daran habe ich keinen Zweifel. Ich habe schon in jungen Jahren meinen Vater verloren. Meine Mutter war mit fünf Kindern auf sich allein gestellt. Sie hat’s geschafft, und das bewundere ich im Nachhinein sehr.»
    «Was ist mit Ihrem Vater passiert?»
    «Herzinfarkt. Und was ist mit ihrem Vater?», fragte er und schaute rüber zu Sophie, die jetzt mit den anderen Kindern Fangen zu spielen schien.
    «Hatte ein besseres Angebot.»
    «Männer haben sie nicht alle», murmelte er, wobei er so ernst klang, dass ich lachen musste. Er wurde rot. «Habe ich erwähnt, dass ich vier Schwestern habe? Sie sind wohl die Ursache dafür, dass mir solche Kommentare rausrutschen. Nicht zu vergessen meine Mutter, vor der ich doppelt Respekt habe, erstens, weil sie als allein erziehende Mutter zurechtgekommen ist, und zweitens, weil sie vier Töchter ertragen hat. Ich habe sie nie etwas Stärkeres als Kräutertee trinken sehen.»
    «Scheint ja ein regelrechter Fels in der Brandung gewesen zu sein, Ihre Mutter», sagte ich.
    «Sind Sie auch von der Kräuterteefraktion? Ich frage, weil Sie Ihr Bier nicht anrühren.»
    «Ich bevorzuge eher Kaffee.»
    «Ist auch die Droge meiner Wahl.» Er schaute mir in die Augen. «Vielleicht könnte ich Ihnen demnächst einen Becher spendieren. Irgendwo in Ihrer Nachbarschaft oder in meiner. Sie entscheiden.»
    Ich musterte Brian Darby ein weiteres Mal. Warme braune Augen, ein freundliches Lächeln und kräftig gebaute Schultern.
    «Ja», hörte ich mich sagen. «Fänd ich gut.»

    Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick? Ich nicht. Ich bin zu vorsichtig, um für solchen Unsinn empfänglich zu sein. Oder vielleicht weiß ich es auch einfach besser.
    Ich verabredete mich mit Brian auf eine Tasse Kaffee. Ich erfuhr, dass er, wenn er nicht beruflich unterwegs war, viel Freizeit hatte, was weitere Verabredungen umso einfacher machte. Nach der Frühschicht und bevor ich um fünf Sophie von der Kindertagesstätte abholen musste, gingen wir häufig spazieren. Wenn es mein Dienstplan erlaubte, schauten wir uns abends manchmal ein Spiel der Red Sox an. Und ehe ich michs versah, begleitete er mich und Sophie zu einem Picknickausflug.
    Sophie verliebte sich sofort in ihn. Innerhalb von Sekunden kletterte sie auf seinen Rücken und verlangte Hü-hott. Brian gehorchte und galoppierte mit der Kleinen, die sich kreischend an seinen Haaren festhielt und «Schneller, schneller!» brüllte, durch den Park. Als er sich schließlich erschöpft auf die Picknickdecke fallen ließ, tippelte sie los, um Löwenzahn zu pflücken. Ich dachte, der Strauß sei für mich, aber sie reichte ihn nicht mir, sondern Brian.
    Er nahm ihn entgegen, zögernd zunächst, strahlte aber dann übers ganze Gesicht, als ihm klar wurde, dass sie allein ihn damit beschenkte.
    Danach war es kein Problem mehr, die Wochenenden in seinem Haus mit Garten zu verbringen anstatt in meinem kleinen Zweizimmerapartment. Abends kochten wir gemeinsam, während Sophie mit seinem Hund spielte, einem in die Jahre gekommenen Schäferhund namens Duke. Brian kaufte ein Planschbecken für die Veranda und
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