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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du
Autoren: Lisa Gardner
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er die Stirn. Er schien dasselbe zu denken wie D.D. Als er sie bemerkte, zog er seine Schirmmütze tiefer in die Stirn und verließ die Veranda Richtung Garten.
    «Deine Trooper haben alles plattgetrampelt», rief ihm D.D. zu. «Das nehme ich persönlich.»
    Er zuckte mit den Achseln, steckte die Hände in die Taschen seines schwarzen Wollmantels und kam auf sie zu. Bobby bewegte sich auffallend ökonomisch, was er wohl seiner Ausbildung als Scharfschütze verdankte, von dem nicht selten verlangt wurde, dass er sich stundenlang nicht rührte. Wie die meisten Scharfschützen war er relativ klein und drahtig gebaut, was gut zu seinen glattgehobelten Gesichtszügen passte. Niemand würde ihn als gutaussehend beschreiben, aber viele Frauen fanden ihn unwiderstehlich.
    Zu diesen Frauen hatte auch D.D. früher einmal gehört. Aber nach einer kurzen Bettgeschichte waren sie übereingekommen, dass sie sich als Freunde besser vertrugen. Dann, vor zwei Jahren, hatte er Annabelle Granger geheiratet, wovon D.D. alles andere als begeistert gewesen war. Die Geburt der Tochter hatte ihr einen ziemlichen Stich versetzt.
    Aber jetzt hatte sie Alex. Es ging wieder aufwärts. Na bitte.
    Bobby blieb vor ihr stehen. «Trooper schützen Leben», meinte er. «Detectives sichern Beweise.»
    «Deine Trooper haben meinen Tatort zertrampelt, und das nehme ich euch übel.»
    Bobby schmunzelte. «Du hast mir auch gefehlt, D.D.»
    «Wie geht’s Annabelle?»
    «Danke, gut.»
    «Und der Kleinen?»
    «Carina krabbelt schon. Kaum zu glauben.»
    D.D. fragte sich, was daran schwer zu glauben war. Kinder wurden schließlich größer.
    «Und Alex?», fragte Bobby.
    «Gut, gut.» Sie winkte mit der behandschuhten Hand ab. Genug Smalltalk. «Was, glaubst du, ist hier passiert?»
    Wieder zuckte Bobby mit den Achseln. Er ließ sich mit der Antwort Zeit. Während viele andere Ermittler den Schauplatz eines Verbrechens umkrempelten, zog Bobby es vor, ihn zu studieren. Neigten viele Ermittler zur Geschwätzigkeit, machte Bobby nur den Mund auf, wenn er wirklich etwas zu sagen hatte.
    D.D. respektierte ihn sehr, ließ ihn das aber nicht wissen.
    «Auf den ersten Blick sieht’s so aus, als hätte es eine handfeste Auseinandersetzung unter Eheleuten gegeben», sagte er schließlich. «Der Mann griff mit einer Bierflasche an, Trooper Leoni verteidigte sich mit ihrer Dienstwaffe.»
    «Gab es in der Nachbarschaft früher schon Beschwerden über Lärm?», fragte D.D.
    Bobby schüttelte den Kopf. Sie nickte. Dass keine derartigen Meldungen vorlagen, hatte nichts zu bedeuten. Cops ließen sich nicht gern helfen, vor allem nicht von anderen Cops. Wenn es zu Übergriffen gekommen war, hatte Trooper Leoni diese wahrscheinlich stumm ertragen.
    «Kennst du sie?», fragte D.D.
    «Nein. Als sie vor vier Jahren anfing, Streife zu fahren, bin ich befördert worden.»
    «Und was sagt man über sie?»
    «Jung, zuverlässig. Hat früher in der Framingham-Kaserne gewohnt und ist dann hierhergezogen. Arbeitet nachts und muss sich dann um ihr Kind kümmern. Hat also wenig Kontakt mit Kollegen.»
    «Hat sie immer nur die Friedhofsschicht?»
    Er zog eine Braue hoch und schien amüsiert. «Beim Streifendienst schieben alle Anfänger mindestens ein Jahr Nachtdienst, bevor sie Anspruch auf eine andere Schicht anmelden dürfen. Und auch danach bleiben die bequemeren Zeiten den Altgedienten vorbehalten. Leoni ist erst seit vier Jahren dabei. Ich schätze, sie hätte frühestens in einem Jahr wieder Tageslicht gesehen.»
    «Und ich dachte, der Ermittlungsdienst wäre bescheuert.»
    «Die Bostoner Cops sind ein Haufen Heulsusen», meinte Bobby.
    «Immerhin wissen wir, dass man sich an einem Tatort gefälligst in Acht nehmen soll und nicht überall herumlatscht.»
    Er verzog das Gesicht. Beide schauten sich im zertrampelten Garten um.
    «Wie lange waren sie verheiratet?», fragte D.D.
    «Drei Jahre.»
    «Sie war zum Zeitpunkt der Eheschließung also schon bei der Polizei und hatte ein Kind.»
    Es war keine Frage, also antwortete Bobby auch nicht.
    «Er dürfte gewusst haben, auf was er sich einlässt», fuhr D.D. fort. «Eine Frau, die nachts unterwegs ist. Und ein kleines Mädchen, das morgens und abends versorgt werden muss.»
    «Und ein Mann, der dafür nicht immer Zeit hat.»
    «Was soll das heißen?»
    «Er arbeitete bei der Handelsmarine.» Bobby zog einen Notizblock aus der Tasche und las, was er gekritzelt hatte. «Sechzig Tage im Einsatz, sechzig zu Hause. Trooper Leoni hatte in der
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