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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du
Autoren: Lisa Gardner
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gekostet.
    D.D. suchte in sich nach einer Empfindung wie Triumph oder Freude. Bobby und sie hatten das Mädchen gerettet und den Täter zur Strecke gebracht. Es galt nur noch, einen Bericht zu verfassen, was vielleicht zwei Tage in Anspruch nehmen würde, aber dann wäre es geschafft.
    Doch all das reichte nicht.
    Zum ersten Mal in ihrer beruflichen Laufbahn hatte D.D. Warren einen Fall erfolgreich abgeschlossen, ohne Genugtuung zu empfinden. Sie war auch nicht in der Stimmung, ihren Vorgesetzten die guten Nachrichten zu melden, geschweige denn sich der Presse zu stellen oder mit den Mitgliedern der Sonderkommission anzustoßen.
    Sie wollte nur nach Hause, sich an Alex schmiegen, sein Aftershave riechen und in seinen Armen Trost finden. Und an seiner Seite wollte sie sein, wenn sich das Kind zum ersten Mal regte, ihm in die Augen schauen, wenn die Wehen einsetzten, und seine Hand halten, wenn das gemeinsame Kind zur Welt kam.
    Sie wünschte sich ein Mädchen oder einen Jungen, das oder der sie so liebte, wie Sophie Leoni ihre Mutter offenbar liebte. Diese Liebe würde sie zehnfach zurückgeben und mit jedem Jahr noch tiefer empfinden, gerade so, wie es Tessa vorhergesagt hatte.
    Sie musste sich zehn Stunden gedulden. Bobby hatte tödliche Gewalt angewendet und war deshalb gezwungen, auf die Ankunft einer Spezialeinheit zu warten, die Ermittlungen aufnehmen würde. D.D. stand darum allein vor der Aufgabe, den Chef von den jüngsten Entwicklungen zu unterrichten, den Tatort abzusichern, die letzten Löscharbeiten zu beaufsichtigen und mit der Spurensuche zu beginnen. Weitere Kollegen trafen ein. Fragen mussten beantwortet, Einsätze koordiniert werden.
    Sie arbeitete, ohne an Frühstück zu denken. Bobby besorgte ihr zu Mittag einen Joghurt und ein Erdnussbuttersandwich. Sie arbeitete weiter. Sie roch nach Rauch und Schweiß, nach Blut und Asche.
    Es wurde Abend, die Sonne ging unter. Ein Tag im Leben eines Detectives der Mordkommission.
    Sie tat, was zu tun war, kümmerte sich um alles.
    Und dann hatte sie es endlich geschafft.
    Die Ermittlungen am Tatort waren abgeschlossen, Tessa und ihre Tochter wurden im Krankenhaus versorgt, wohin man sie mit dem Hubschrauber gebracht hatte.
    D.D. stieg in ihren Wagen und fuhr über den Mass Pike in die Stadt zurück.
    Als sie an Springfield vorbeikam, rief sie Alex an. Er war in der Küche, bereitete einen Auflauf mit Hühnerfleisch und Käse vor und freute sich zu hören, dass sie kommen wollte.
    Sie fragte, ob er statt Fleisch Aubergine nehmen könne.
    Er wollte wissen, warum.
    Sie musste lachen, dann weinen. Und mit einem Kloß im Hals gestand sie, dass sie ihn vermisst habe, worauf er ihr alle Auberginen der Welt versprach. Das, fand D.D., war Liebe. Seine Liebe. Ihre Liebe. Liebe, die sie füreinander empfanden.
    «Alex», platzte es schließlich aus ihr heraus. «Hey, Alex. Ich muss dir etwas sagen …»

    Ich war fast zwei Wochen im Krankenhaus. Ich hatte Glück. Die von Hamilton abgefeuerte Kugel war auf der anderen Seite wieder ausgetreten und hatte keine lebenswichtigen Organe verletzt. Purcell dagegen war ein Profi bis zum bitteren Ende gewesen. Er hatte mir die Rotatorenmanschette zerschmettert, was mehrere Eingriffe nötig machte und mich monatelang außer Gefecht setzen würde. Man sagte mir, dass ich das rechte Schultergelenk wohl nie wieder beschwerdefrei würde bewegen können. Doch wenn die Schwellung zurückgegangen sei, würde das Gefühl in die Finger zurückkehren.
    Wir werden sehen.
    Sophie blieb bei mir im Krankenhaus, was eigentlich gegen die Besuchszeitregelung verstieß. Wenige Stunden nach meiner Einlieferung war Mrs. Ennis benachrichtigt worden und herbeigeeilt. Sophie hatte sich aber so gesträubt, mit ihr zu gehen, dass die Oberschwester am Ende klein beigab.
    Sophie brauchte jetzt ihre Mutter. Ich brauchte sie.
    Also ließ man uns zusammen sein, zwei Mädchen im Einzelzimmer, ein unglaublicher Luxus. Wir schliefen in einem Bett, aßen gemeinsam und schauten uns SpongeBob im Fernseher an.
    Ich glaube, es war am neunten Tag, als wir einen kleinen Spaziergang in mein ehemaliges Krankenhauszimmer unternahmen, wo wir – wer hätte das gedacht? – in der untersten Kommodenschublade Gertrudes fehlendes Auge fanden.
    Ich nähte es mit einem Nylonfaden aus der Chirurgie an, und Sophie richtete ihrer Puppe ein eigenes Bettchen ein, wo sie gesund werden konnte.
    Gertrude habe das Ärgste hinter sich, informierte sie mich. Sie habe sich sehr tapfer
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