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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du
Autoren: Lisa Gardner
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zweite Schrei löste mich aus meiner Erstarrung. Ich packte beide Gewehre, die Flinte und das Sturmgewehr, und stopfte die Hosentaschen voll mit Schrotpatronen und mehreren Magazinen, wobei ein Großteil davon im Schnee landete, weil mir die Finger der rechten Hand nicht gehorchen wollten. Ich hatte nicht die Zeit, sie wieder aufzuheben, und hastete los, von Adrenalin und Verzweiflung angetrieben.
    Schwer beladen mit meinem kleinen Waffenarsenal, schleppte ich mich durch das verschneite Gehölz auf die Richtung zu, aus der Rauch wehte und die Schreie meiner Tochter kamen.
    Ich hörte eine tiefe Stimme fluchen und das Zischen und Knacken feuchten Holzes, das Feuer gefangen hatte.
    Rasch bewegte ich mich von Baum zu Baum über den glatten, frisch verschneiten Boden. Mein Atem ging flach. Ich wusste nicht, auf wie viele Personen ich treffen würde, und musste den Vorteil des Überraschungsmomentes nutzen, wenn ich Sophie und mich heil aus dieser Sache herausholen wollte. Durfte mich also nicht zu erkennen geben.
    Der Rauch wurde dichter. Ich musst husten, und meine Augen brannten, als ich eine kleine Anhöhe auf der linken Seite des Grundstücks überquerte. Jetzt sah ich, dass Hamiltons Jagdhütte in Flammen stand und eine Frau in dickem, schwarzem Parka mit meiner Tochter rang. Sie versuchte, Sophie in einen Geländewagen zu zerren, der auf dem Weg parkte. Meine Tochter trug nur den dünnen, rosaroten Pyjama, den sie vor vier Tagen zum Schlafengehen angezogen hatte. Sie hatte ihre Lieblingspuppe Gertrude im Arm und wehrte sich nach Kräften.
    Sophie biss der Frau ins Handgelenk. Die Frau riss sich los und schlug sie so fest, dass der Kopf meiner Tochter zur Seite flog. Sie stürzte in den Schnee und hustete krampfhaft.
    «Nein, nein, nein», schrie meine Tochter. «Lass mich. Ich will zu Mommy. Ich will zu Mommy. »
    Ich ließ die Flinte fallen. Mit ihr zu schießen war viel zu riskant, solange sich mein Kind im Schussfeld befand. Stattdessen kramte ich ein Magazin für die M4 aus der linken Tasche. Um zu vermeiden, dass es hakte, war es ratsam, das Ding nicht ganz vollzustopfen und zwei Kammern freizulassen. So hatte ich es gelernt.
    Ich steckte das Magazin ein und legte das Gewehr an.
    Frisches Blut sickerte aus meiner Schulter. Der taube Zeigefinger suchte den Abzug.
    Die Frau baute sich über Sophie auf. «In den Wagen mit dir, du kleines Miststück», kreischte sie.
    «Lass mich, ich will nicht!»
    Wieder ein Schrei. Schläge ins Gesicht.
    Ich stemmte den Schaft des Sturmgewehrs auf die blutende Schulter und nahm die dunkelhaarige Frau ins Visier.
    Sophie weinte und hatte beide Arme um den Kopf geschlungen, um die Schläge abzuwehren.
    Ich trat aus der Deckung und zielte.
    «Sophie!», brüllte ich über den Aufruhr der Flammen hinweg. «Sophie. Lauf weg! »
    Mein unerwarteter Auftritt zeitigte den gewünschten Effekt. Sophie wälzte sich zur Seite weg. Die Frau wirbelte herum.
    Sie hatte mich sofort entdeckt. «Was zum Teufel …»
    Ich drückte ab.
    Zum Glück schaute Sophie nicht zurück. Es blieb ihr erspart, mit ansehen zu müssen, wie der Kopf der Frau, von einem .223-Geschoss getroffen, explodierte und eine rote Lache auf den Schnee warf.
    Sophie drehte sich nicht um. Sie hörte meine Stimme und lief auf mich zu.
    Und plötzlich spürte ich Metall am Ohr. «Böses Mädchen», sagte Gerard Hamilton.

    D.D. und Bobby folgten dem Navi über kurvenreiche Landstraßen bis zu einer von Löschfahrzeugen und Feuerwehrmännern gesäumten Zufahrt. Bobby schaltete die Scheinwerfer aus. Er und D.D. sprangen aus dem Wagen und zückten ihre Ausweise.
    Man informierte sie kurz und bündig. Schlechte Nachrichten.
    Die Feuerwehrleute hatten gleich nach ihrem Eintreffen Schreie gehört, gefolgt von Schüssen. Die Jagdhütte lag zweihundert Meter entfernt im Wald. Dem Rauch und der Hitze nach zu urteilen, brannte sie lichterloh. Mit dem Löschen wartete man noch auf die Polizei und die Sicherstellung des Tatortes. Aber weder Bobby noch D.D. wollten warten, zumal von den Schreien eines Kindes berichtet worden war.
    Bobby forderte D.D. auf, im Wagen zurückzubleiben.
    Doch sie holte sich ihre Kevlar-Weste aus dem Kofferraum und reichte Bobby das Gewehr. Schließlich war er der ehemalige Scharfschütze.
    Er schaute ihr mit strengem Blick ins Gesicht. «Ich gehe vor und sondiere die Lage», sagte er.
    «Fünf Minuten», erwiderte sie ebenso entschieden. «Dann komme ich nach.»
    Bobby zog seine Weste an, lud die M4 und
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