Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du
Autoren: Lisa Gardner
Vom Netzwerk:
Käufer nicht davon abschrecken ließ, dass es Schauplatz eines Verbrechens war.
    Sophie vermeidet es nach wie vor, von Brian zu reden. Sie verliert auch kein Wort über ihre Entführung. Ich glaube, sie will mich schützen. Was soll ich sagen? Sie ist aus meinem Holz geschnitzt. Einmal in der Woche geht sie zur Therapie. Der Therapeut hat mir geraten, Geduld zu haben. Meine wichtigste Aufgabe besteht von nun an darin, meiner Tochter den Rückhalt zu bieten, den sie braucht. Eines Tages wird sie das Thema von sich aus ansprechen. Sie wird sich fallen lassen dürfen, denn ich werde sie auffangen.
    Das Begräbnis meines Mannes organisierte ich ohne fremde Hilfe. Er liegt unter einem schlichten Granitstein, der seinen Namen und sein Geburts- und Todesdatum trägt. Vielleicht war es einem schwachen Moment meinerseits geschuldet, aber weil er für Sophie starb und, in unserer Küche stehend, verstand, welche Entscheidung ich zu treffen hatte, ließ ich ein Wort hinzufügen. Das höchste Lob, das einem Mann zuteil werden kann. Unter seinem Namen steht der Ehrentitel «Daddy».
    Vielleicht wird Sophie eines Tages sein Grab besuchen. Vielleicht wird sie dann dieses Wort sehen, sich an seine Liebe erinnern und ihm seine Fehler verzeihen. Eltern sind weiß Gott nicht perfekt. Aber wir versuchen unser Bestes.
    Meinen Job bei der State Police musste ich natürlich aufgeben. Abgesehen davon, dass D.D. und Bobby mich noch immer im Verdacht haben, für den Tod von Shane Lyons und John Stephen Purcell verantwortlich zu sein, legt man mir Widerstand gegen die Staatsgewalt und Strafvereitelung zur Last, weil ich der Haft entflohen bin und einen Officer attackiert habe. Mein Anwalt verteidigt mich mit dem Hinweis darauf, dass ich unter größtem emotionalem Stress gehandelt hätte, da mein Kind von meinem Vorgesetzten entführt worden sei, und plädiert auf Freispruch. Cargill ist nach wie vor optimistisch, dass der Staatsanwalt mir allenfalls eine Bewährungsstrafe oder Hausarrest aufbrummen wird, allein schon deshalb, weil niemand Interesse daran haben kann, dass die State Police negative Schlagzeilen macht.
    So oder so, meine Tage als Polizistin sind vorüber. Offen gesagt, bin ich einverstanden damit, dass eine Frau, die getan hat, was ich getan habe, nicht länger als bewaffnete Hüterin des Gesetzes auftritt. Ich weiß nicht, vielleicht stimmt irgendetwas nicht mit mir, vielleicht ist meine Hemmschwelle ein bisschen zu niedrig. Andere Mütter hätten in vergleichbarer Lage die Hände gerungen und geweint; ich habe mich bis zu den Zähnen bewaffnet und die Entführer meiner Tochter zur Strecke gebracht.
    Manchmal bekomme ich es mit der Angst zu tun, wenn ich in den Spiegel blicke. Mein Gesicht ist so hart, und selbst mir fällt auf, dass ich schon lange nicht mehr gelächelt habe. Männer meiden meine Gesellschaft. Auf der Straße oder in der U-Bahn kommt niemand auf die Idee, ein Gespräch mit mir anzufangen.
    Bobby Dodge hat recht – einen Menschen zu töten verdient keinen Dank. Es ist allenfalls ein notwendiges Übel, teuer bezahlt, weil man seine Unschuld ein für alle Mal verliert und man zu einem Außenseiter der menschlichen Gesellschaft wird.
    Aber Sie müssen kein Mitleid mit mir haben.
    Ich arbeite inzwischen für eine Sicherheitsfirma und verdiene bei günstigeren Arbeitszeiten mehr Geld als auf Streife. Mein Boss hatte meine Geschichte in der Zeitung gelesen und mir ein Angebot gemacht. Er meint, meine strategischen Fähigkeiten seien beeindruckend. Für jemanden wie mich hätte er Verwendung. Ich wurde schon zweimal befördert.
    Ich kann Sophie nun jeden Morgen zur Schule bringen, bevor ich meinen Dienst beginne. Mrs. Ennis holt sie um drei ab und passt auf sie auf, bis ich gegen sechs von der Arbeit komme. Wir essen gemeinsam zu Abend, und dann gehe ich mit Sophie nach Hause.
    Gemeinsam erledigen wir den Haushalt und machen Schulaufgaben. Um neun gehen wir zu Bett. Wir teilen uns ein Zimmer. Selbst nach drei Monaten fällt es uns schwer, friedlich und entspannt einzuschlafen, schon gar nicht im Dunkeln.
    Wir schmiegen uns aneinander, Gertrude zwischen uns.
    Sophie legt gern ihren Kopf auf meine Schulter und spreizt ihre kleinen Finger auf meiner Handfläche.
    «Ich liebe dich, Mommy», sagt sie mir jede Nacht.
    Und ich gebe ihr einen Kuss aufs Haar und sage: «Ich dich noch mehr, mein Schatz. Ich liebe dich noch mehr.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Anmerkungen und Danksagungen
    Bei allem fälligen Respekt für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher