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Wer Schuld War

Titel: Wer Schuld War
Autoren: Christa Bernuth
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Mal?«
    »Nein. Sie haben das schon öfter gemacht.«
    »Ich hätte jetzt doch gern ein Bier.«
    »Oh. Natürlich. Ich leiste dir Gesellschaft.«
    Musst du nicht, hätte Alex am liebsten mit einem leicht hämischen Unterton gesagt, aber er verkneift es sich, während Paul
     zwei Flaschen aus dem Kühlschrank holt, beide öffnet und eine vor Alex hinstellt.
    »Willst du ein Glas?«
    »Nein, danke.« Alex setzt die Flasche an den Mund. Das Bier schmeckt bitter, die Kohlensäure kratzt im Hals, und schon nach
     ein paar Schlucken spürt er den Alkohol, und zwar auf unangenehme Weise, nämlich so, dass seine Ohren zufallen und es ihm
     so vorkommt, als säße er in einem Verlies, aus dem er dumpf Pauls Stimme hört wie durch dicke Wände.
    »Die Geschichte geht noch weiter, es wird noch schlimmer«, sagt Paul, und Alex nimmt sich zusammen, versucht, sich nichts
     anmerken zu lassen, normal zu klingen, obwohl nichts mehr normal ist.
    »Noch schlimmer? Das reicht doch eigentlich schon.« Er sieht sich und Paul von außen, wie in einer Halluzination.
    »Ein kleiner Junge hat sie beobachtet.«
    »Ein kleiner Junge?« Alex nimmt einen weiteren großen Schluck, obwohl das Bier ihm eben überhaupt nicht guttut, aber auf den
     zweiten oder dritten Schluck muss einfach ein vierter und fünfter folgen, so lauten die Gesetze, denen er sich eigentlich
     nicht mehr unterwerfen will, die aber nach wie vor Gültigkeit haben, und zwar völlig egal, wie er dazu steht.
    »Als er weglaufen wollte, hat ihn einer der Jungs gepackt   …«
    »Ich glaube, ich will das nicht hören.«
    »Er hat den Jungen gepackt und seinen Kopf gegen einen Baum geschlagen, bis sich der Junge nicht mehr gerührt hat.«
    »Hör auf.«
    »Sie wissen nicht, ob der Junge noch lebt.«
    »Aber es könnte sein?«
    »Oder auch nicht. Was soll ich jetzt bloß tun?«
    »Einer der Jungen?«, fragt Alex. »Aber nicht Philipp?«
    »Er schwört, dass er es nicht war. Was soll ich jetzt tun?«
    Das Bier rumort in Alex’ Magen, er schiebt die halb volle Flasche in die Mitte des Tisches, aber sie scheint zu ihm zurückzurutschen,
     sich wie von selbst wieder in seine Hand zu schmiegen, und schon wieder nimmt er einen Schluck, den zweiten, dritten, vierten,
     fünften Schluck zu viel, dann stellt er die Flasche wieder so weit weg wie möglich, auch wenn er weiß, dass es nichts nützen
     wird.
    »Nichts«, sagt er mit schroffer Stimme.
    »Nichts?« Er spürt Pauls entgeisterten Blick wie eine Ohrfeige und weiß, dass er sich jetzt etwas überlegen muss, eine stichhaltige
     Begründung, aber sein Gehirn hat auf Stand-by geschaltet, kein neuer Gedanke hat eine Chance, sich zu entwickeln, und dann
     hört er Paul sagen, dass er die Polizei verständigen müsse, dass es keine andere Möglichkeit gebe, und will wieder »Nein!«
     rufen, aber diesmal hält er sich zurück, sagt stattdessen so nüchtern wie möglich: »Das würde Pilar dir nie verzeihen«, und
     weiß, dass er ins Schwarze getroffen hat, denn Paul lässt den Kopf in seine Hände sinken.
    »Ich weiß«, murmelt er.
    »Schlaf erst mal darüber.«
    »Schlafen? Wie soll das denn gehen?«
    »Wenn du die Sache meldest, ist Philipp vorbestraft. Wenn nicht noch Beihilfe zu schwerer Körperverletzung dazukommt.«
    »Ich kann nicht einfach nichts machen.«
    »Warum denn nicht?«
    Paul hebt den Kopf, starrt ihn wieder an. »Bist du verrückt?«
    »Ich bin nicht verrückt, ich sehe die Sache nur von einer anderen Seite als du.«
    »Andere Seite? Da ist möglicherweise ein Mord passiert, Alex! Selbstverständlich muss ich das melden.«
    »Du musst gar nichts.«
    »Alex   …«
    »Warum hast du mich überhaupt angerufen? Wenn du sowieso schon weißt, was du tun willst, was mache ich dann hier?«
    »Schrei doch nicht so! Was ist denn mit dir los?«
    »Wieso hast du mich angerufen? Wir kennen uns doch kaum!«
    »Das stimmt nicht.«
    »Natürlich stimmt das. Wir sind beide mit Barbara befreundet und waren mit Pilar zusammen. Mehr   …«
    »Du warst mit Pilar zusammen?«
    »Was?«
    »Das hast du gerade gesagt.«
    »Du hast dich verhört.«
    »Hör zu, ich bin blau, aber nicht so blau   …«
    »Lass es sein.«
    »Ich will doch nur   …«
    »Darüber rede ich nicht. Kapiert? ICH REDE NICHT DARÜBER.«
    »Schon gut.«
    »LASS PHILIPP AUS DER SACHE RAUS.«
    »Was ist mit Philipp?«
    »Nichts, was dich etwas anginge.«
    »Das glaube ich aber langsam doch.«
    Alex’ Kopf beginnt zu pochen, in sein Gesichtsfeld schieben sich dunkle
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