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Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Titel: Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
Autoren: Eva Gerberding , Evelyn Holst
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das anstrengend, denken wir nach den ersten

    zwölf Monaten und sind so stolz auf uns, als hätten wir das Elternsein erst erfunden, als wäre es nicht das Normalste und Natürlichste von der Welt. Sind wir die neuen Weicheier? Warum sind wir so dermaßen erschöpft, warum jammern wir so viel in der ersten Zeit mit unseren Kindern, viel mehr, als unsere Eltern es getan haben? Warum haben wir so viele Bücher über Erziehung gelesen, so viele Jugendpsychologen befragt und wissen trotzdem so wenig?
    Ganz einfach, die heutigen Eltern sind die Abkömmlinge der Achtundsechziger, die »Gnade der späten Geburt«-Generation, die unverdient Glückseligen nämlich, die in eine goldene Zeit hineingeboren wurden. Kein Krieg, kein Hunger, keine Wirtschaftskrisen. Das Leben war gut zu ihnen. Sie waren glückliche Kinder und jetzt erwarten sie, genauso glückliche Eltern zu werden.

    Doch einem Baby ist es egal, was seine Eltern erwarten, es entwickelt sich einfach, ohne um elterlichen Rat zu bitten. Und zwar in einem fast atemlosen Tempo. Bereits am ersten Tag hat es einen Greifreflex, reagiert auf Gesichter, kann riechen, schmecken, hören. Eine Glanzleistung nach seiner gefährlichen, ungemütlichen Reise aus der warmen Gebärmutter in die laute, kalte Welt. »Von einem Tag auf den anderen kommt der dramatische Moment. (…) Plötzlich wird sein Körper abgeschnitten von der ständigen Versorgung durch die Mutter. Erstmals spürt es kühle Luft auf seiner Haut, dringen laute, ungefilterte Geräusche in seine Ohren. Erstmals zieht die volle Schwerkraft an seinen Gliedern«, wird es treffend in GEOkompakt formuliert. Klingt ungemütlich, so eine Geburt. Nicht nur für die Eltern. Ein kleines Wunder, dass wir es alle geschafft haben. [Ref7]
    Das Baby kommt zu früh oder zu spät, schläft manchmal selten, schreit oft und ja, er schleicht sich gelegentlich ein in die übermüdeten elterlichen Gehirnwindungen, der heimliche Gedanke: »Warum habe ich mir das bloß angetan? Ich will mein altes Leben zurück! Am liebsten würde ich das kleine Monster wieder abgeben.« Besonders im ersten Jahr ist die Trennungsquote unter Eltern erschreckend hoch, weil die Paare mit dieser neuen Gefühlsverwirrung nicht klarkommen.

    »Ich habe in dieser Phase ständig Du bist nicht allein von Roy Black aufgelegt«, sagt eine Mutter, die trotz Zwillingsgeburt vor drei Jahren mit anschließender dreimonatiger Doppelkolik ihren Humor nicht verloren hat. »Wenn ich das Lied jetzt zufällig im Radio höre, denke ich immer an den Satz von Wilhelm Busch: ›Gehabte Schmerzen, die hab ich gern.‹«
     

    Oskar Holzberg, Psychologe
    Das gewohnte effiziente Leben ist vorbei. Stattdessen Chaos. Zudem ist das Paar plötzlich ganz anders aneinander gebunden. Denn einer muss immer mit dem Kind sein. Es brechen die herrlich unrealistischen Erwartungen an die beglückende Erfahrung Kind in sich zusammen und stattdessen herrschen Schlaflosigkeit und Überforderung. Wir sind plötzlich biologisch zweitrangig. Wenn das Baby aufwacht, dann müssen wir auch aufwachen. Seine Bedürfnisse gehen vor. Das stört dann auch die Symbiose zwischen den Partnern stark. Eine ganze Menge Veränderung, die umso härter kommt, je mehr man das Leben als Wunschkonzert betrachtet.
    Multitasker par excellence
    Von den Fünfziger- bis in die Siebzigerjahre hatten alle Babys einen Vierstundenrhythmus. Das hieß, alle vier Stunden wurden sie gefüttert, gewickelt und danach ins Bett gelegt. Wenn sie schrien, dann schrien sie eben. Bis sie irgendwann aufhörten. Und sie hörten irgendwann auf. Das kommt uns heute barbarisch vor. Wenn ein Baby jede Stunde schreit, wird es eben von seinen komatösen Eltern im Einstundenrhythmus gefüttert, gewickelt und wieder ins Bett gelegt. Übrigens: Je weniger romantisch Sie sich den Alltag mit einem Kind ausmalen, desto leichter wird es Ihnen ergehen. Vergessen Sie also am besten sofort jeglichen Perfektionismus und stellen Sie sich darauf ein, dass alles schiefgehen kann. Ein kleiner Trost in dieser Zeit, aber ein wahrer: Irgendwann lachen wir darüber, denn das Leben ist nicht vorbei, sondern nur der Teil, der Spaß macht.

    Noch ein Tipp: Die warme Luft eines Haarföhns wirkt auf Babys sehr beruhigend. Und wenn Sie ab und zu mal ein Gläschen Prosecco trinken, wird Ihrem Baby nicht gleich ein zweites Köpfchen wachsen.
    Für unsere Eltern und Großeltern war es die allereinfachste Sache der Welt, Kinder auf die Welt zu bringen und großzuziehen. Sind
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