Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Titel: Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
Autoren: Eva Gerberding , Evelyn Holst
Vom Netzwerk:
wir zu lasch, zu ungeduldig, zu überinformiert, zu überängstlich? Ja, das sind wir leider. Weil wir trotz Baby immer noch alles wollen: Beruf, Reisen, Freundeskreis, genug Geld, genug Schlaf. Genauso wie Mallorca im Grunde wie Deutschland ist, nur schöner und wärmer, so soll auch unser Leben mit Kind wie das alte sein – nur schöner. Eltern müssen heute Multitasker par excellence sein. Job, Freizeitgestaltung, Beziehungskiste – alles müssen sie perfekt auf die Reihe kriegen. Warum um Himmels willen tun sie sich das an?
    »Heute kann ich die Bild -Überschrift ›Frau schmeißt ihr Kind aus dem Fenster‹ verstehen«, sagt eine Mutter. »Den Druck, den man auf der Brust hat, den habe ich manchmal auch, wenn meine Tochter schreit. Im Beruf habe ich immer eine Lösung gefunden, hier aber bin ich hilflos. Und das macht mich manchmal so wütend, dass ich mich kaum selbst wiedererkenne.«
    Junge Eltern erleben ein Wechselbad der Gefühle. Sie schwanken zwischen dem Glück über das Neugeborene und totaler Erschöpfung.
    »Als unsere Tochter sechs Monate alt war, besuchte uns eine Freundin, die uns einen Abend

    Babysitten geschenkt hat. Als sie kam, saßen wir mit ihr auf dem Sofa und redeten, bis sie schließlich sagte: ›Geht doch endlich los.‹ Aber wir wussten nicht, wohin, und fühlten uns auch zu kaputt, wollten nur auf dem Sofa sitzen bleiben und abschlaffen …«, seufzt eine frischgebackene Mutter.
     

    Die Müttermafia und das heilige Stillen
    Nicht nur Job, Freizeit und Beziehung müssen unter einen Hut gebracht werden. Da gibt es noch etwas ganz anderes, mit dem Frauen direkt nach der Geburt massiv unter Druck gesetzt werden: Wer liebt, der stillt. Darüber, dass man als gute Mutter sein Baby stillen muss, wird heute so moralinsauer debattiert wie über Umweltverschmutzung oder Nikotinkonsum. Stillen, so wird allen Müttern eingeschärft, schützt nämlich vor Allergien und vielen Erkrankungen. Schon im Geburtsvorbereitungskurs wird man mit dieser Erkenntnis indoktriniert. Egal, ob ihnen nach einer schmerzenden Brustentzündung der Arzt davon abrät, sie ein fordernd, womöglich zahnendes Baby am Nippel nicht für den Gipfel des Mutterglücks halten oder sie – Schande! – einfach die Form ihrer Brüste auch nach dem Abstillen noch wiedererkennen wollen. Wer nicht stillt, ist böse. So einfach ist das, so gnadenlos. Wer das Beste für sein Kind will, gibt ihm das Beste! Klingt ein bisschen wie aus einem Werbespot der Fünfziger- oder Sechzigerjahre à la »Greife lieber zur HB, dann geht alles wie von selbst«.
    Ein Skandal in den Siebzigerjahren, bei dem der Nestlé-Konzern wegen seiner aggressiven Vermarktung von Säuglingsnahrung an den Pranger gestellt wurde und somit auch das Milchpulver einen erheblichen Imageverlust erlitt, rief die sogenannte La Leche League (»Die Säugerliga«) in Frankreich auf den Plan, die das Stillen zur natürlichsten Sache der Welt erklärte. Und im Jahr 1994 wurde die Nationale Stillkommission gegründet, die auf Hebammen und Kinderärzte einwirken sollte, um den Frauen ein möglichst langes Stillen zu empfehlen. Es wurde sogar öffentlich mitgeteilt, dass Muttermilch zu deutlich intelligenteren Kindern führen solle. Das ist wissenschaftlich zum Glück nicht haltbar. Und jetzt haben wir den Salat beziehungsweise die permanent stillende Mami.

    Ob im Park, auf dem Spielplatz oder in einem der Cafés, in denen Mütter mit ihrem Nachwuchs sich zur Freude der anderen Gäste oft lärmend und stillend breitmachen, schwelt häufig ein unausgesprochener Kleinkrieg, der hauptsächlich mit bösen Blicken ausgetragen wird. Der Mütterkampf zwischen Brust- und Fläschchenmamis, er kann genauso lodern wie der zwischen Nur-Hausfrauen und Karrierezicken. [Ref8]
    Es gibt schönere Anblicke als die Brüste später Mütter
    Muss öffentliches Stillen erlaubt sein? Bis das Baby zahnt auf jeden Fall, meinen die meisten. Wir übrigens auch. Danach darf sich die Brustmami nicht wundern, wenn pikierte Blicke auf ihr ruhen, denn ein Kleinkind,

    das seiner Mutter die Bluse aufknöpft, weil es hungrig ist, mag biologisch möglich sein, ein schöner Anblick ist es nicht. Im Gegenteil, es hat etwas vage Inzestuöses und sieht nach Singlemami aus, die im Kind den Partnerersatz sucht. »Offensichtlich soll jeder mitkriegen, dass sie es können. Aber so toll ist es auch nicht, die Brüste der ›alten Mütter‹ im Café zu betrachten. Ein bisschen dezenter wäre mir lieber, es gibt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher