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Wer paßt schon gern auf Mädchen auf?

Wer paßt schon gern auf Mädchen auf?

Titel: Wer paßt schon gern auf Mädchen auf?
Autoren: Ann Mari Falk
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ihn. Dann tat Jan der halbe Arm weh.
    Aber Jan wurde nicht böse. Sollte Stina ruhig ein bißchen frech sein. Er wußte, daß sie sich nachts wie ein armer, kleiner Angsthase benahm.
    Es war ein besonders kalter Tag. Die Pfützen waren zugefroren und die Scheiben der Autos vereist.
    Dennoch leuchtete die Sonne von einem eisblauen Winterhimmel.
    Jan und Stina gelangten in den Park. Sie schlitterten über Eisbahnen, bewarfen sich mit Schneebällen und liefen um die Wette. Plötzlich blieb Stina stehen und steckte den Daumen in den Mund. Sie starrte auf eine Hecke. Vielmehr auf einen Jungen, der hinter der Hecke hin und her ging.
    Jan sah nur seinen Kopf, der bei jedem Schritt auf und nieder wippte.
    Jan packte Stina am Arm und rief: „Komm, wir hauen ab.“
    Jan kannte den Jungen. Es war Martin.
    Aber Martin hatte Jan gehört. Merkwürdigerweise nahm Martin Reißaus. Er jagte hinter der Hecke entlang, als ob er Angst hätte. Wo die Hecke aufhörte, schloß sich gleich die nächste an. Martin saß in der Falle.
    „Lauf endlich“, sagte Jan zu Stina.
    Stina hatte Mama versprochen, ihm zu gehorchen. Das tat sie auch. Aber sie lief Martin nach. Sie verschwand so blitzschnell hinter der Hecke, daß Jan nur noch ihre Pudelmütze sehen konnte.
    Die Mütze stutzte einen Augenblick und hielt dann dicht neben Martins Kopf.
    Martin schien wütend zu sein.
    Jan fragte sich, ob Martin wirklich so gemein sein konnte, ein kleines Mädchen zu verprügeln, das noch nicht einmal sechs Jahre alt war.
    Stina schrie. Aber es war kein Angstschrei. Es klang fast wie ein Lachen. Und dann redete sie so, wie es Frauen tun, wenn sie mit kleinen Kindern oder Hunden sprechen.
    „Mach, daß du wegkommst“, schimpfte Martin. „Sonst werde ich dich...“
    Jan hatte keine große Lust, eine Tracht Prügel zu bekommen. Andererseits mußte er Mama versprechen, auf Stina aufzupassen. Also lief er um die Hecke herum.
    Da setzte er sich vor Überraschung beinahe auf den Hosenboden: Hinter einem Kinderwagen stand Martin und schubste Stina. „Geh weg! Verschwinde!“
    „Meine Kusine kann hierbleiben, solange sie will“, mischte sich Jan ein. „Es ist ja wohl nicht dein Park.“
    „Ist es dein Baby?“ fragte Stina mit großen Augen.
    Im Wagen lag tatsächlich ein richtiges Kind. Es war kaum größer als Nalle. Jetzt fing es fürchterlich an zu schreien, und Martin brüllte wütend zurück: „Wenn du nicht sofort still bist, dann...“
    Stina stieß ihren Ellbogen mitten in Martins Bauch. Martin krümmte sich vor Schmerzen und ließ den Wagen los.
    Stina schaukelte den Wagen und plapperte mit dem Kind. Das Gesicht des Babys bestand aus Falten, einem großen, offenen Mund und zwei schmalen Schlitzen, aus denen Tränen rannen.
    Plötzlich hörte das Schreien auf. Der Mund schloß sich und wurde zu einem süßen kleinen Mündchen. Aus den Schlitzen tauchten leuchtende blaue Augen auf.
    So, wie es Martin vorhin getan hatte, schob Stina jetzt den Wagen im Sonnenschein an der Hecke entlang — hin und zurück.

    Martin und Jan hatten genügend Abstand zwischen sich. Sie konnten sich nicht riechen. Keiner von ihnen sagte ein Wort.
    Jan wollte etwas sagen, aber er brachte keinen Ton heraus. Es kratzte nur im Hals.
    Martin spuckte auf die Erde, steckte die Hände in die Hosentaschen und wippte auf den Absätzen. „Gehst du nicht mehr in die Schule?“ fragte er schließlich.
    „Ich war krank. Nach Weihnachten komme ich wieder“, antwortete Jan und dachte daran, wie dumm die Schule war.
    „Gut“, meinte Martin nur.
    „Was?“
    „Ich brauche noch jemanden für meine Fußballmannschaft“, sagte Martin zögernd. „Wenn du mich nicht verpetzt, dann darfst du...“
    „Dich verpetzen?“ Jan verstand überhaupt nichts.
    „Wegen der Kleinen dort“, erklärte Martin.
    Was war Martin doch für ein dummer Junge! Er schämte sich, einen Kinderwagen durch den Park zu schieben.
    „Ach, was ist das schon“, meinte Jan verächtlich. „Ich bin seit einer Woche Stinas Kindermädchen.“
    „Kleine Kinder sind schrecklich“, klagte Martin.
    Jan stimmte ihm zu: „Unerträglich!“
    Stina kam mit dem Wagen zurück. Sie lachte, und das Baby gluckste.
    Martin kratzte verlegen mit dem Fuß auf dem gefrorenen Kiesboden.
    Jan schaute einem Flugzeug nach, das über den Park donnerte.
    Stina lachte und kicherte immer noch.
    „Lachst du etwa über mich?“ fragte Martin drohend.
    Aber Jan warnte ihn: „Sei vorsichtig! Sie ist bissiger als ein Hund. Sie kneift und
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