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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift
Autoren: Barbara Bickmore
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das nur so schnell gehen?«, fragte er, als sie in die Halle traten.
     
    Das Restaurant befand sich auf der Christopher Street, ein kleines Lokal, zu dem man ein paar Stufen hinuntersteigen musste. Auf den Tischen lagen rot-weiß karierte Tischdecken, und der Geruch, der aus der Küche drang, war köstlich.
    »Das ist ja reizend hier«, sagte Alex.
    Lars nickte.
    Ein Kellner brachte sie zu ihrem Tisch. Kurz darauf kam eine kleine, füllige Frau aus der Küche, die über das ganze Gesicht strahlte.
    »Ah, Botschafter, schön, Sie wiederzusehen. Ich habe mich gefreut, als ich Ihren Namen auf der Reservierungsliste gelesen habe.«
    »Mama.« Lars stand auf und beugte sich herunter, um die Frau auf die Wange zu küssen. »Das ist Alex Carlisle.«
    So hatte sie noch nie jemand vorgestellt. Alex Carlisle.
    »Die Freunde des Botschafters sind mir stets willkommen.«
    »Sie hat in New York noch nie in einem italienischen Restaurant gegessen.«
    »Sind Sie aus New York?«, fragte Mama.
    »Ich bin zwar hier geboren, habe aber die letzten fünfundzwanzig Jahre in London gelebt.«
    »Und dort gibt es keine italienischen Restaurants?«
    »Jedenfalls keines, in dem ich je gegessen hätte.«
    »Sie Ärmste!« Mama rieb sich die Hände. »Überlassen Sie mir das Menü?«
    Alex blickte Lars an. Sie nickten beide.
    »Und eine Flasche Beauchamps Cabernet Sauvignon«, bestellte Lars.
    »Ach, du liebe Güte.«
    »Was soll das heißen? Magst du ihn nicht?«
    »Doch, doch, aber das ist das Weingut des Mannes, von dem ich dir erzählt habe.«
    »Die Zehnjahresaffäre?« Er grinste.
    Alex nickte. »Meine Tochter ist gerade heute mit seiner Schwester, die das amerikanische Unternehmen leitet, nach Afrika gereist.«
    »Die Welt ist wirklich klein«, sagte Lars und setzte sich wieder.
    Sie blickten einander an.
    »Und du hast für mich gearbeitet?«
    »Ja, ich glaube, die Menschen brauchen dich.«
    Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und blickte ihn an. Der Kellner brachte den Wein, den Lars probierte und für gut befand. Er schenkte ihnen beiden ein und ließ die Flasche auf dem Tisch stehen.
    »Ich hatte ja keine Ahnung, dass das kurze Zusammentreffen mit mir dein Gehirn so beschäftigt.«
    »Ja, das hat es tatsächlich«, erwiderte er. Erstaunt stellte sie fest, wie ernst er auf einmal dreinblickte. »Als ich am Samstagabend zu Bett ging und einschlief, träumte ich … tatsächlich hatte ich Alpträume von Kindern, die auf der Straße starben, die beim Stehlen erwischt und ins Gefängnis geworfen wurden, wo sie wenigstens etwas zu essen hatten. Ich träumte davon, dass die Straßen Europas voller umherirrender Kinder wären. Drei- oder viermal bin ich aufgewacht, nur um wieder solche schrecklichen Träume zu haben, und am nächsten Morgen sah mein Bett aus, als sei eine Armee hindurchmarschiert.«
    Kopfschüttelnd nahm er sein Weinglas.
    Alex griff über den Tisch nach seiner Hand. »Aber genauso ist es«, sagte sie.
    »An jenem Morgen habe ich mich beim Anziehen gefragt, ob ich wirklich durch den Ballsaal auf dich zugekommen wäre und dich zum Tanzen aufgefordert hätte, wenn ich gewusst hätte, welche Alpträume du für mich bereithältst.«
    »Und, hättest du es getan?«, fragte sie.
    »Natürlich. Wenn eine Frau einfach so in mein Leben tanzen und mich so beschäftigen kann, weiß ich, dass nichts mehr ist, wie es war. Bei jeder Mahlzeit, die ich seitdem gegessen habe, habe ich daran gedacht, dass in Europa Kinder verhungern. Und dann waren heute Morgen auf der Titelseite der
Times
Bilder von hungernden Kindern in Äthiopien.«
    »Ich glaube, die meisten von uns betrachten solche Fotos und denken: Ist das nicht schrecklich?, und vergessen es gleich wieder. Was kann ein Einzelner schon tun? Es ist hoffnungslos.«
    »Nein«, sagte er, »das ist es nicht.«
    Sie trank einen Schluck Wein und blickte ihn erwartungsvoll an.
    »Was kann ein Einzelner schon tun?«, wiederholte er ihre Frage. »Viel, wenn du es bist.«
    »Ich? Ich kann nicht allen hungernden Kindern in Europa und Äthiopien zu essen geben.«
    »Wenn dein Franzose dich von Anfang an gebeten hätte, einige tausend Kinder zu retten, was hättest du dann geantwortet?«
    Sie dachte einen Moment nach. »Unmöglich.« Lächelnd dachte sie, dass sie das zwar gesagt hätte, aber sie hätte es doch getan.
    »Aber mehrere Menschen können es. Allein hättest du alle diese Kinder nicht retten können, und auch dein Franzose hätte ohne die Helfer in Frankreich und England nichts
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