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Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Titel: Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)
Autoren: Thomas Riepe
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sie ohne Punkt und Komma und es schien, als würde sie sogar das Einatmen während ihres Redeschwalls vergessen. Ich versuchte höflich, die Informationen zu ordnen, was mir aber nicht gelang. Überfordert von der Rede der Frau bekam ich nicht richtig mit, dass sie zwischendurch ihren Mann beschuldigte, der Verursacher aller Probleme zu sein. Herr A. sah sich allerdings genötigt, sich lauthals zu verteidigen. Zusätzlich wurden jetzt die Kinder unruhig. Sie erhoben sich von ihren Plätzen. Die kleinste Tochter setzte sich auf eine Art Dreirad und raste um uns herum, die mittlere fragte wiederkehrend und lauter werdend, wann sie denn nun endlich fernsehen könne, und die älteste wollte nicht minder energisch wissen, ob sie jetzt ins Internet dürfe. Und als ob die Situation nicht schon chaotisch genug gewesen wäre, stand Paulinchen noch hinter der Szenerie und kläffte. Frau A. mit ihrer Sirenen-Stimme, die sich ohne Atempause mit ihrem Mann stritt (oder erläuterte sie mir das Hundeproblem?), kreischende und quengelnde Kinder sowie eine bellende Yorkshire Terrier Dame – und mitten drin der Hundepsychologe, dem der Kopf zu platzen drohte: Hier stellte ich mir ernsthaft die Frage, ob ein Humanpsychologe nicht der bessere Ansprechpartner für Familie A. gewesen wäre. Es war keine schöne Situation für mich; einerseits gingen mir der Lärm und die Hektik gehörig auf die Nerven, auf der anderen Seite war ich derjenige, der hier die Contenance wahren sollte. Zum Glück wurde ich von Karli erlöst. Der Goldie stand von seinem Platz auf, schaute in Richtung der Chaosfamilie und bellte. Durchdringend, tief und laut. Nur ein einziges Mal und es war Ruhe. Danke, dachte ich bei mir, das einzig normale Lebewesen in diesem Haus hat ein Machtwort gesprochen! „Sehen Sie“, sagte Frau A., „wie frech der ist?“ Der Hund hatte nur kurz und knapp gebellt, während der dauerkläffende Yorki toleriert und das Verhalten der Kinder akzeptiert wurde. Der Einzige, der hier nicht frech war, wurde als solches betitelt – das sind die Momente, in denen ich meine Artgenossen, die Menschen, nicht mehr verstehen kann …
    Ich möchte an dieser Stelle nicht zu sehr auf die Probleme der Familie eingehen, aber letztlich erklärt es sich schon von selbst, dass Karli natürlich kein Problemhund war. Das Chaos um ihn herum, die Unruhe im täglichen Leben sowie ein unterschiedlicher Blickwinkel auf die beiden Hunde waren die Gründe, die ihn zum Problem zu machen schienen. Der eigentliche Anlass für meine Anwesenheit – sein angeblicher Jagdtrieb und dass er draußen nicht hören könne – erwies sich bei einem gemeinsamen Spaziergang auch als eher unbedeutend. Karli scheuchte lediglich Krähen auf und buddelte in Mauselöchern. Die potenzielle Beute wurde von ihm aber nicht weiter beachtet. Rehe und Hasen konnten seinen Weg direkt kreuzen, er blieb ähnlich gelassen wie bei dem Chaos-Gespräch im Wohnzimmer. Sein einziger „Fehler“ war es, dass er, wenn er ein Mauseloch entdeckte, wie ein Besessener zu graben begann. Das war der unkontrollierbare Jagdtrieb, der seiner Familie nicht gefiel. Um ihn davon abzubringen, brüllten alle auf ihn ein. Frauchen wieder mit ihrer Sirenenstimme und ohne Atemunterbrechung, die Kinder, die ihre Mutter schon erstaunlich gut nachahmen konnten, und natürlich Paulinchen, die die Szenerie kläffend begleitete. Da sich Karli bei diesem Chaos im wahrsten Sinne des Wortes ein dickes Fell zugelegt hatte, hörte er einfach nicht mehr hin, wenn er mit Worten bombardiert wurde; er schaltete mental ab, was ich bei dem Umfeld absolut verstehen konnte.
    Da ich das Graben nach Mäusen nicht als Problem ansehe, rate ich Kunden häufig, dies zuzulassen. Es entspricht einer ganz natürlichen Beschäftigung des Hundes und macht ihm ganz einfach Spaß. Für den Fall, dass man eine solche Handlung doch einmal abbrechen möchte oder muss – sei es, um den Garten des Nachbarn vor einer Verwüstung zu schützen, oder weil am Horizont langsam die Sonne untergeht und man nach Hause möchte, der Hund aber immer noch dabei ist, sich nach Neuseeland zu graben –, kann man ein entsprechendes Verhalten trainieren. Bei Karli, der von Natur aus als dauerhungrig bezeichnet werden konnte, hatten wir ein leichtes Spiel, ihm ein Abbruchsignal beizubringen. Wir einigten uns auf ein Wort, welches nur in dieser Situation gesagt wurde. Ließ der Hund von seinem Tun ab, wurde er mit seinem liebsten Leckerchen belohnt. Mit einem
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