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Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Titel: Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)
Autoren: Thomas Riepe
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Paulinchen, wollte sich damit aber nicht abfinden und drohte mir sehr offensichtlich, um mir mitzuteilen, dass ich mich nicht noch weiter in ihr Territorium wagen sollte.
    „Beachten Sie die Kleine nicht, die freut sich so, dass Sie da sind. Sie zwickt manchmal etwas, will aber nur spielen“, sagte Frau A. Das war natürlich Unsinn; der kleine Hund wollte nicht spielen, sondern schlichtweg den Familienbesitz verteidigen. In seinen Augen war Frau A. dazu anscheinend nicht in der Lage – und irgendwie konnte ich den Hund jetzt schon verstehen. Wenn ich normalerweise Grundstücke mit einem solch eindeutig drohenden Hund betrete, bitte ich meist die Besitzer, das Tier unter Kontrolle zu halten, und beachte den Hund nicht. Ich schaue ihn also nicht an, damit er sich nicht noch zusätzlich bedroht fühlt. Diesen Yorki allerdings nahm ich nicht ernst, muss ich zugeben, und verzichtete daher auf die Sicherung durch die Halterin.
    Paulinchen umkreiste mich laut kläffend und startete immer mal wieder kurze Scheinattacken in Richtung meiner Schuhe, während ich mit der Frau, die ebenfalls kläffte („AUS, Paulinchen; AUS, Paulinchen“), eine kleine Treppe zum Hauseingang hinaufging. Plötzlich spürte ich ein merkwürdiges Gefühl in der Wade. Es fühlte sich an, als wenn man beim Arzt eine Nadel zur Blutabnahme gesetzt bekommt, allerdings an vier Stellen gleichzeitig, und der Arzt kurz vor dem Eindringen der Nadel in die Haut wieder abbricht. Kurz gesagt: Paulinchen, die mich auf der Treppe nicht mehr umkreisen konnte, war zum Generalangriff übergegangen, wohl aus der Erfahrung heraus, dass die Menschen auf den Stufen recht unsicher im Stand sind. Eine kuriose Situation. Vor mir das kläffende Frauchen und hinten den Terrier in den Waden. Der Hundepsychologe hatte die Situation voll im Griff …
    Unbemerkt vom Frauchen blieb ich nach Paulinchens Attacke kurz auf der Treppe stehen, drehte mich um und schaute den Hund – im Gegensatz zu meinem normalen Verhalten bei einem Erstbesuch – böse an. Ich starrte Paulinchen direkt in die Augen. Die kleine Hündin verstand mich sofort; sie stellte ihre Angriffe ein, hörte auf zu bellen und hielt einen gewissen Abstand zu mir. Sie war kein böser Hund, aber sie wollte natürlich auch nicht spielen. Sie wollte den Eindringling aus dem Revier verscheuchen, weil es sonst niemand machte. Ich habe ihr mit einem Blick zu verstehen gegeben, dass ich mich nicht verscheuchen ließ und selbstbewusst genug war, mich mit ihr anzulegen. Darauf wollte sie es jedoch nicht ankommen lassen. An dieser Stelle sei eindringlich darauf hingewiesen: Bitte nicht bei Nachbars Rottweiler nachmachen, wenn der wie Paulinchen sein Reich verteidigen möchte. Droht ein Hund, ist es das Beste, ihn nicht anzuschauen, ihn zu ignorieren und auch keine Bewegungen in seine Richtung zu machen! Ich musste in diesem Fall aber erst einmal die kleine Terrierdame aus meinen Waden verbannen, um mich in Ruhe den weiteren Problemen der Familie A. widmen zu können, denn ich war schließlich wegen eines Golden Retrievers dort. Einen Hund dieser Rasse hatte ich jedoch noch nicht gesehen. Das sollte sich ändern, als ich von Frau A. ins Haus geführt wurde. Da lag nämlich, friedlich und ruhig, der Goldie mit Namen Karli in einem dieser Kunststoff-Körbchen, die mich immer mehr an Utensilien einer Waschküche als an einen Hundeschlafplatz erinnern. Nun gut, menschliche Modeerscheinungen haben wir ja schon besprochen.
    Der angebliche Problemhund Karli lag also still da, während der erklärte Liebling der Familie, Hündin Paulinchen, sich langsam wieder in meine Nähe traute, konnte sie mich doch im Haus wieder umkreisen. Wenn ich nicht genau gewusst hätte, dass ich wegen Karli gerufen worden war, hätte ich Paulinchen eher als den Hund angesehen, der Probleme verursachte.
    Ich setzte mich an den Wohnzimmertisch, an dem schon der Rest der Familie versammelt war. Normalerweise fülle ich bei Erstgesprächen gemeinsam mit den Hundebesitzern einen Fragebogen aus, um mich den Menschen, den Hunden und ihren Problemen anzunähern. Dies versuchte ich auch bei Familie A. Allerdings gestaltete sich das Gespräch ungewöhnlich schwierig. Als ich die erste Frage stellte, eine zunächst einleitende, einfache Frage nach dem Namen des Hundes, begann Frau A. zu reden und erläuterte bereits von sich aus alles, was sie sagen wollte. Sie tat dies abermals in einer schnellen, aufgeregten Art und einem sehr hohen Tonfall. Zusätzlich sprach
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