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Wer hat Alice umgebracht?

Wer hat Alice umgebracht?

Titel: Wer hat Alice umgebracht?
Autoren: S Hogan
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war. Wenn Sie noch weitere Messer haben, dann sagen Sie das besser gleich.“
    Nur ganz allmählich drangen die Worte des Polizisten in mein Bewusstsein. Morduntersuchung? Ich wusste ja noch nicht einmal, wen ich umgebracht haben sollte. Was war eigentlich in der vergangenen Nacht passiert?
    Ich wollte mich erinnern – und musste zu meinem Schrecken feststellen, dass ich einen Filmriss hatte.
    Ob ich wirklich jemanden getötet hatte? Aber wen?
    Momentan war ich einfach nur sprachlos. Dabei bin ich normalerweise nicht auf den Mund gefallen. Da können Sie fragen, wen Sie wollen. Ich bin geradezu berüchtigt für meine große Klappe. Der Polizist schaute mich immer noch an, als ob er eine Antwort von mir erwartete.
    „Ja, natürlich habe ich Messer. In der Küche, in der Besteckschublade.“
    Das war vielleicht nicht die cleverste Aussage, die ich hätte machen können. Aber da bemerkte ich, dass die Cops mein Essbesteck sowieso schon beschlagnahmt hatten. Die Messer landeten in Beweismitteltüten, wie ich sie bisher nur aus Fernsehkrimis kannte. Aber die Dinger sehen in Wirklichkeit genauso aus, das weiß ich nun. Doch auf diese Erkenntnis hätte ich gern verzichten können.
    „Miss Duncan, ziehen Sie sich bitte etwas an. Zum Verhör nehmen wir Sie mit auf das Präsidium. Sie haben das Recht, einen Anwalt hinzuzuziehen.“
    Ich schaute an mir herab. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich nur mit einem Slip und einem lila Tanktop bekleidet war. Wie peinlich! Ich wollte den Polizisten fragen, wie ich mich mit Handschellen an den Gelenken anziehen sollte. Aber er nickte seiner Kollegin schon zu, die mir daraufhin die Fessel wieder löste. Doch sie blieb neben mir stehen und ließ mich nicht aus den Augen, während ich schnell in eine Jeans, ein Sweatshirt und eine Windjacke schlüpfte. Naja, auch auf Socken und Tennisschuhe verzichtete ich nicht.
    Während ich mich so hastig ankleidete, erhaschte ich schnell einen Blick in meinen großen Wandspiegel.
    Ich sah furchtbar aus. Meine Haare standen punkmäßig vom Kopf ab, mein Gesicht wirkte fahl und grau. Ich brauchte dringend Make-up, einen starken Kaffee und ungefähr dreißig Stunden Schlaf. Aber momentan war an nichts davon zu denken. Nachdem ich angezogen war, legte die Polizistin mir die Handschellen schnell wieder an. Zuvor waren natürlich auch meine Hosen- und Jackentaschen durchsucht worden. Die Beamten überließen nichts dem Zufall. Verständlich, denn sie glaubten ja, sie hätten eine Mörderin gefangen. Und – war ihnen das wirklich gelungen?
    Erst ganz allmählich begriff ich den Ernst meiner Lage. Noch nie zuvor in meinem zweiundzwanzigjährigen Leben hatte ich mich in so einer miserablen Situation befunden. Ich hätte vor Verzweiflung heulen können. Immerhin wirkte diese Erkenntnis ungeheuer ernüchternd auf mich. Die Mordanklage schraubte meinen Restalkoholgehalt im Blut schneller herunter als ein großes Glas Tomatensaft mit Tabasco. Oder ein saurer Hering oder was es sonst für Ausnüchterungsideen gibt.
    Wir verließen die Wohnung. Der ältere Uniformierte ging voran, während mich die Polizistin und ein rothaariger Beamter in die Mitte nahmen. Die übrigen Cops blieben in meiner Wohnung. Vermutlich wollten sie mit der Durchsuchung weitermachen.
    Auf der Straße standen jede Menge Gaffer, die von anderen uniformierten Officers zurückgehalten wurden. Einige Typen fotografierten oder filmten mich mit ihren Handys. Ich musste auf dem Rücksitz eines Streifenwagens Platz nehmen, eingerahmt von meinen beiden uniformierten Begleitern. Ich wohne nicht im schlimmsten Stadtteil von Glasgow, deshalb ist eine Verhaftung hier kein allzu häufiger Anblick. Meine Eltern haben großen Wert darauf gelegt, dass ich eine Studentenbude in einer halbwegs zivilisierten Gegend beziehe. Schließlich komme ich aus der behüteten Welt eines schottischen Dorfes in den Highlands. Aber auch dort ist bekannt, was für üble Gegenden es in Glasgow gibt.
    Für einen Moment dachte ich daran, Mom oder Dad anrufen zu lassen. Aber ich verwarf diesen Einfall sofort wieder. Falls ich das tat, konnte ich mein Studium endgültig knicken. Meinen Eltern war es sowieso nicht recht gewesen, dass ihr einziges Kind in einem „Sündenpfuhl“ wie Glasgow auf die Kunstakademie wollte. Wenn sie jetzt auch noch erfuhren, dass ich unter Mordanklage stand, würden sie völlig ausrasten. Und dann konnte ich die monatliche Geldspritze von zu Hause vergessen. Zwar fiel sie nicht allzu üppig aus, aber
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