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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt...
Autoren: Léo Malet
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getrunken hat.
    Dort findet uns der Arm des Gesetzes.
Inzwischen haben wir der Whiskyflasche den Rest gegeben. Die dritte Leiche im
Haus!
    Die Flics sind so zahlreich
erschienen, als ginge es um die Belagerung von Choisy-leRoi, bei der Bonnot ums
Leben gekommen ist. Der Oberflic Faroux läßt sich nicht nur von seiner rechten
und linken Hand Grégoire und Fabre begleiten, sondern ist noch auf dem
Kommissariat des Viertels gewesen und hat ein Trio Uniformierter und einen dazu
passenden Zivilen, wohl irgendeinen Kommissar, mit hergeschleppt.
    „Los, Burma!“ brüllt Faroux ohne
Begrüßung. „Sagen Sie, was Sie angefaßt haben. Dann geht’s schneller.“
    „Nur das Dienstmädchen“, antworte ich
und zeige auf Mariette.
    Die Kleine hält sich am Tisch fest und
fühlt sich gar nicht wohl in ihrer Haut. Diese Flics mit ihrem wilden Blick
sehen aus, als wollten sie alles und jeden verschlingen. Vor denen kann sogar
ein Finanzbeamter Schiß kriegen!
    Kommissar Faroux von der Tour Pointue mustert das Dienstmädchen mit Kennerblick.
    „Finden Sie, sie ist es nicht wert? „
frage ich meinen Freund.
    Keine Antwort. Ich füge hinzu:
    „Die Quintessenz des Ganzen...“
    Einer der Flics kichert glucksend.
Diese jungen Burschen, die gerade von der Polizeiakademie kommen, müssen bei
dem Wort „Quintessenz“ lachen.
    „Also, die Quintessenz ist...“ setze
ich neu an.
    „Schluß jetzt!“ unterbricht mich
Faroux. „Philosophiert wird später. Wo sind die Leichen?“
    „Oben.“
    Mit einer Handbewegung wendet er sich
an seine Truppe.
    „Los, Jungs!“ befiehlt er und zeigt
nach oben. „Sie bleiben hier, Sie und das Mädchen“, wendet er sich an mich, als
ich Anstalten mache, den Flics zu folgen. „Wenn wir Sie brauchen, sagen wir
Ihnen Bescheid.“
    Zu unserer Sicherheit — oder zu seiner
— läßt er einen seiner Leute bei uns, den mit der Quintessenz. Wir setzen uns
und warten schweigend. Ich rauche eine Pfeife, Mariette ist in Gedanken
vertieft. Ihr Kittel hat sich wieder geöffnet und gibt einen großzügigen
Einblick auf ihre Vorzüge. Der junge Flic taxiert stirnrunzelnd das Mädchen.
Wahrscheinlich sucht er die verdammte Quintessenz, von der ich eben sprechen
wollte.
    Mindestens eine Stunde sitzen wir so
da. Faroux und seine Männer streichen im Haus rum, stolpern die Treppe runter,
benutzen das Telefon, gehen wieder hinauf, begrüßen kurz darauf den
Gerichtsmediziner und einen Fotografen vom Labor, die sie herbestellt haben
usw. usw. Das übliche Brimborium, offiziell „Tatbestandsaufnahme“ genannt.
    Endlich — gerade als Mariette wieder
leicht nervös wird wegen der tödlichen Warterei — kommt Inspektor Fabre zu uns
und bittet sie, ihm zu folgen. Meine einzige Gesellschaft ist der Uniformierte.
    Kurz darauf gesellt sich Faroux zu
uns.
    „Möchte wissen, warum Sie mich
belästigt haben“, knurrt er. „Es handelt sich einwandfrei um doppelten
Selbstmord oder Mord plus anschließendem Selbstmord .
Damit hätte mein Kollege aus dem Viertel auch alleine fertig werden können.“
    „Aber nicht mit mir! Mich kennt er
nicht, Ihr Kollege.“
    „Hm, stimmt. Was haben Sie hier
überhaupt verloren?“
    „Ich war mit der Toten verabredet.“
    „Weshalb?“
    „Weiß ich nicht. Sie hat mich gestern nachmittag angerufen und für heute morgen halb zehn
herbestellt. Mehr hat sie mir nicht verraten.“
    Der Kommissar muß nicht unbedingt wissen,
daß ich schon um neun verabredet war. Sonst meckert er mich wieder an, weil ich
ihn nicht früher angerufen habe.
    „Und Sie haben nicht die leiseste
Ahnung, worum es ging?“
    „Ahnung nicht, aber ‘ne Idee.
Offensichtlich hat sich Monsieur nicht von einer Minute auf die andere zu dem
Schlachtfest entschlossen. In der letzten Zeit hat es vielleicht beunruhigende
Anzeichen dafür gegeben. Er hat seine Frau bedroht, zum Beispiel, und sie
wollte sich vor ihm schützen. Aus irgendeinem Grund kam die Polizei für sie
nicht in Frage. Deshalb hat sie einen Privaten angerufen. Leider bin ich zu
spät aufgetaucht. Aber ich weiß sowieso nicht, wie ich sie vor ihrem traurigen
Schicksal hätte bewahren können.“
    Faroux zuckt die Achseln.
    „Tja, was soll die Scheiße? Darüber werden
wir uns nicht den Kopf zerbrechen. Er hat sie umgebracht, er hat sich
umgebracht. Wir werden die beiden zusammen beerdigen, und der Fall ist
erledigt... Aber um unsere Routinearbeit kommen wir nicht herum, Burma. Spucken
Sie schon Ihre Quintessenz aus. Fabre und Grégoire kümmern sich um
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