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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt...
Autoren: Léo Malet
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befallen. So was kommt alle Tage vor... Also, das Licht brannte
nicht, Sie haben es an- und dann wieder ausgeknipst. Ihr Chef wird wohl sein
Vorhaben nicht im Dunkeln ausgeführt haben. Als Szenenbeleuchtung hat die
Nachttischlampe gedient. Sie ist dann umgefallen und kaputtgegangen. Um sich
selbst umzubringen, brauchte er kein Licht... Ja, ich glaube, so geht’s. Knapp
und bündig. Ich kenne die Flics. Sie suchen immer das Haar in der Suppe. Mit
dieser Lampengeschichte wär’n die Ihnen stundenlang auf den Wecker gegangen.
Wenn wir denen aber klipp und klar erklären können, wie’s gewesen ist, ersparen
wir uns viel Ärger... und erleichtern den Flics die Arbeit. Hoffentlich wissen
die das zu schätzen!“
    „Sagen Sie“, unterbricht mich die
Kleine mit ängstlichem Blick. „Wenn Sie doch mehr oder weniger von der Polizei
sind...“
    „Weniger“, stelle ich klar.
    „Was werden die Flics mit mir machen?
Kriege ich Ärger?“
    „Warum? Bei dem Anblick haben Sie offensichtlich
einen Schock bekommen und sind weggerannt.“
    „Ja, ja. Aber fragen Sie mich nicht,
wie ich auf die Treppe gekommen bin und was ich da gemacht habe. Ich erinnere
mich an nichts mehr. Ich weiß nur, daß ich eben auf dem Sofa im Salon
aufgewacht bin.“
    „Wohin ich Sie gebracht habe“, ergänze
ich und erkläre ihr, wie ich sie gefunden habe, bewußtlos, hinter der
angelehnten Tür.
    „Angelehnt?“ fragt sie erstaunt.
    „Wahrscheinlich haben Sie selbst
geöffnet. Als Sie aus dem Schlafzimmer von Madame gerannt sind, wollten Sie
Hilfe holen. Aber dann haben Ihre Kräfte Sie verlassen, und Sie sind
umgekippt.“
    „Ja“, sagt das Mädchen nach einer
Schweigeminute und faßt sich wieder an die Stirn. „So muß das wohl gewesen
sein.“
    „Ganz sicher... Was hat Ihr Chef
beruflich gemacht?“
    „Er war Ingenieur, glaub ich. Ging
früh aus dem Haus... so um acht... und kam abends spät wieder. Manchmal sogar
erst nach Mitternacht. Hin und wieder schlief er auch außer Haus.“
    „Wie hat er Sie behandelt?“
    „Guten Tag, guten Abend. Mehr nicht. Er
sprach nicht sehr viel.“
    „Und Madame? Ging sie einer
Beschäftigung nach?“
    „Nein. Sie hat die Zeit totgeschlagen.
Nicht sehr amüsant.“ Ich sehe auf meine Uhr. Zeit, die Flics zu informieren. Im
Büro steht ein Telefon. Ich gehe hinüber. Mariette folgt mir. Mit den beiden
Leichen im Haus möchte sie ungern alleine bleiben. Bevor ich den Hörer in die
Hand nehme, werfe ich noch schnell einen Blick in zwei, drei Schubladen. Hier
sieht’s noch aufgeräumter aus als im Schlafzimmer des ehemaligen Hausherrn. Der
Mann hat nichts rumliegen lassen. Das ist das einzige, was mich an dieser
banalen Revolvergeschichte stört.
    Ich wähle die Nummer der Kripo und
lasse mir Kommissar Faroux geben.
    „Hallo!“ brüllt mein Freund Florimond.
    „Hier Nestor Burma.“
    „ Salut ...“
    Sofort wird er hellhörig. Mein Freund
hört nämlich die Flöhe husten.
    „Wo brennt’s denn?“ fragt er
vorsichtig.
    „Hier nicht. Die Nachttischlampe ist
nämlich kaputt.“
    „Wollen Sie mich verarschen?“ bellt
er.
    „Wie könnte ich! Sie haben mich
gefragt, wo’s brennt. Und ich hab Ihnen die Wahrheit gesagt. Wenn Sie Näheres
erfahren wollen, müssen Sie sich schon herbewegen.“
    „Wohin?“
    „Rue
Alphonse-de-Neuville...“ Ich
nenne die Hausnummer und füge hinzu: „Ich hätte auch Ihren Kollegen hier im
Viertel bemühen können. Aber ich ziehe es vor, mit dem Lieben Gott persönlich
zu tun zu haben, anstatt mit seinen Heiligen. Wenn ich den Polizeipräfekten
kennen würde, was der Liebe Gott verhindern möge...“
    „Schluß jetzt! Worum geht’s?“
    „Entweder um einen doppelten
Selbstmord oder um einen Mord mit anschließendem Selbstmord. Sie wissen ja
besser als ich, wie man diese verschiedenen Sportarten bezeichnet. Ich...“
    Der Kommissar schneidet mir das Wort
ab, indem er den Hörer auf die Gabel knallt. Ohne mir zu sagen, ob er kommt oder
nicht! Aber ich kenne doch meinen Freund Florimond! Er rennt jetzt bestimmt
schon über den Hof der Nr. 36 und klemmt sich hinter das Steuer seines Wagens.
Ein doppelter Selbstmord! Von Nestor Burma entdeckt! Ein doppelter Selbstmord?
So siehst du aus, wird mein Freund wohl denken. Ich lege ebenfalls auf.
    Dann gehe ich zur Haustür und öffne
sie sperrangelweit, damit die Flics schnell und ungehindert reinstürmen können.
Als nächstes lasse ich mir von Mariette in der Küche die Weinflasche zeigen,
aus der sie gestern abend
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