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Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut
Autoren: Elena Forbes
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sagt eine Menge über Rachel Tenison aus. Was ist mit ihren Kleidern?«
    »Ich habe erst einen kurzen Blick darauf geworfen, aber sie sind alle teuer; schlicht, aber geschmackvoll, nichts Glitzerndes oder so. Wie Sie sich vorstellen können, sind die Schubladen und Schränke so akkurat eingeräumt wie die Auslage in einem Modegeschäft. Sogar farblich aufeinander abgestimmt, es ist unglaublich. Wir werden alles ganz genau untersuchen, sobald wir mit den Fingerabdrücken fertig sind.«
    Er stieß frustriert die Luft aus. Langsam störten ihn die Anonymität dieser Wohnung und das Fehlen jedes Zeichens menschlicher Anwesenheit. Hier war keine Persönlichkeit. Nichts. Was für eine Frau lebte so? Er konnte sich einfach überhaupt kein Bild von ihr machen.
    Er rieb sich das Kinn, warf einen letzten oberflächlichen Blick durch den Raum und beschloss, dass es Zeit war weiterzuziehen. »Zeigen Sie mir lieber noch den Rest der Wohnung. Wer weiß, wofür es gut ist.«
    Als sie aus dem Schlafzimmer kamen, tapste ein großer, schlaksiger Beamter der Spurensicherung durch den Flur auf sie zu, eine Tasche und eine Kamera über der Schulter.
    »Ich bin fast fertig«, sagte er zu Nina. »Nur noch das Schlafzimmer.«
    »Gut. Wenn du da alles hast, kannst du Jan bei den Fingerabdrücken helfen. Wo ist Dave?«

    »Er packt im Arbeitszimmer die Ordner und den Anrufbeantworter ein.«
    Er drängte sich an ihnen vorbei, und Nina führte Tartaglia in ein Zimmer am Anfang des Flurs. In einer Ecke am Fenster stand ein Bett, doch abgesehen davon schien der Raum als Büro genutzt zu werden, mit einem einfachen, modernen Schreibtisch, einem Stuhl und einem Aktenschrank. Als sie eintraten, krabbelte ein Beamter rückwärts unter dem Schreibtisch hervor, ein langes Kabel in der Hand.
    »Was hast du für uns?«, fragte Nina.
    »Neun Nachrichten seit letztem Freitag«, sagte der Mann, kam auf die Füße, entwirrte das Kabel und wickelte es um den kleinen Anrufbeantworter. »Dreimal wurde aufgelegt, vier Anrufe von einer Frau namens Selina, die wissen wollte, wo sie steckt, einer von einer gewissen Liz, die sagt, dass sie sich verspätet, aber gleich da sein wird. Ich habe alles, zusammen mit den Zeiten, aufgeschrieben.« Er reichte Tartaglia ein Blatt Papier vom Schreibtisch. »Wenn ich wieder im Büro bin, bekommen Sie einen ausführlichen Bericht.«
    »Danke«, sagte Tartaglia, faltete das Blatt Papier zusammen und steckte es in die Tasche.
    Er hörte, wie im Hintergrund die Haustürklingel summte.
    »Ich sehe mal nach, wer das ist«, sagte Nina.
    Tartaglia überließ dem Beamten den Kabelsalat unter dem Schreibtisch und trat ans Fenster, um einen Blick hinauszuwerfen. Unten tummelte sich nach wie vor eine Schar Journalisten, eng aneinandergedrängt standen sie hinter der Absperrung. In der Ferne konnte er die dunklen Wipfel der Bäume im Holland Park erkennen. Was hatte sie da gemacht? Oder war sie erst nach ihrem Tod dorthin gebracht worden?
    Als er sich zum Gehen wandte, bemerkte er sechs große, gerahmte, grobkörnige Schwarzweißfotografien, die beinahe
die ganze hintere Wand einnahmen. Auf jedem Foto war ein nackter Mann, der eine Maske trug. Bei manchen verdeckte die Maske das ganze Gesicht, bei anderen nur die obere Hälfte. Die Männer waren muskulös, fast schon hypertroph, und posierten vor unterschiedlichen Interieurs. Es waren stimmungsvolle, erotische, ein wenig schlüpfrige Bilder. Beeindruckt ging er näher und betrachtete sie genauer. Offensichtlich waren es Drucke aus einer limitierten Auflage, jeder war signiert und nummeriert, und er fragte sich, was so etwas wohl kostete. Zweifellos ein kleines Vermögen. Die Fotos erinnerten ihn irgendwie an eine Herb-Ritts-Postkarte mit einem gut ausgestatteten Mann auf einem Motorrad, die ihm eine Freundin einmal aus Quatsch geschickt hatte. Der Mann sollte er sein, auch wenn das Motorrad keine Ducati, sondern eine Harley war - nicht dass sie den Unterschied gekannt hätte. Man konnte die Bilder zwar kaum pornographisch nennen, doch sie gehörten zu den wenigen persönlichen Dingen in dieser sonst so gesichtslosen Wohnung, und sie ergaben einen seltsamen Eindruck. Noch seltsamer war, dass sie beinahe versteckt hinter der Tür hingen, obwohl Rachel Tenison sie bei geschlossener Tür vom Schreibtisch aus genießen konnte. Kubricks Film Eyes Wide Shut fiel ihm ein. Er dachte darüber nach, was die Fotografien ihr wohl bedeutet hatten und was das für eine Frau war, die sich solche Bilder
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