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Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut
Autoren: Elena Forbes
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Tisch hinter dem Sofa stand eine Reihe Fotografien in silbernen Rahmen, die einzigen Gegenstände, die diesem Raum eine persönliche Note gaben. Angesichts der Kleidung und der Frisuren waren die Fotos mindestens zehn Jahre alt. In einem glaubte er die Tote zu erkennen, als sie vielleicht um die zwanzig war, und er war verblüfft, wie außerordentlich hübsch sie gewesen war, etwas, das er im Park nicht wahrgenommen hatte. Allerdings ließ der Tod jeden wie eine Wachsfigur aussehen. Sie stand neben einem großen, ernst dreinblickenden Mann mit dunklen Haaren. Er sah älter aus und hatte schützend
den Arm um sie gelegt, während sie lächelnd zu ihm aufschaute.
    »Hatte sie einen Partner?«, fragte er und schaute sich nach Nina um, die direkt hinter ihm stand.
    »Laut Aussage des Portiers, der unten wohnt, nicht. Er sagt, sie lebte allein, und ich habe bis jetzt keine Kleidung oder andere Dinge von einer zweiten Person gefunden. Wollen Sie einen Blick in ihr Schlafzimmer werfen?«
    »Ja. Vielleicht erzählt es uns ein wenig mehr über sie. Dieser Raum hier sagt mir gar nichts.«
    Er folgte ihr in die Diele, wo Donovan immer noch telefonierte, und weiter zum Schlafzimmer am anderen Ende des Flurs. Als er eintrat, sah er als Erstes sich selbst und Nina in einer Reihe von Spiegelschränken, die sich über die ganze gegenüberliegende Wand erstreckten. Gegenüber stand ein riesiges Himmelbett aus geschnitztem Holz, das von üppigen dunkelroten Vorhängen verhüllt war. Verblüfft über so viel Dramatik in dieser Wohnung, schaute er sich um. Das Bett war gemacht, die Laken frisch und weiß, ein blassgoldener Überwurf am Fußende drapiert. Vor dem Fußende stand eine hübsche alte Truhe, mit abgewetztem schwarzem Leder bezogen und aufwändig mit angelaufenen Messingnägeln beschlagen. Abgesehen vom Bett war sie der einzige auffällige Gegenstand im gesamten Zimmer und stach heraus wie ein wunder Daumen. Neugierig auf den Inhalt, beugte er sich hinunter und wollte sie öffnen, doch entweder war sie abgeschlossen, oder der Deckel klemmte.
    »Den Schlüssel haben wir noch nicht gefunden«, sagte Nina.
    »Macht sie nur mit Gewalt auf, wenn es unbedingt sein muss«, sagte er, immer noch die Truhe bestaunend. Warum stand sie so exponiert? Und warum war sie abgeschlossen? »Das ist ein wunderschönes Stück.«

    Bis auf einen kleinen Sessel und zwei Nachttische mit Lampen gab es keine weiteren Möbel im Zimmer. Auf einem der Nachttische lagen zwei Bücher, und es gab einen Wecker, aber was ihn am meisten erstaunte, war das Fehlen von Kleidern oder Schuhen oder dem üblichen Kleinkram, den das Leben tagtäglich mit sich brachte. Noch nie hatte er ein so aufgeräumtes Zimmer gesehen.
    »Seltsam«, sagte er zu Nina. »Dieses Zimmer wirkt überhaupt nicht so, als hätte jemand hier gewohnt, finden Sie nicht? Könnte beinahe ein Bühnenbild sein, obwohl man das auch besser hätte machen können.«
    Nina nickte. »Wir packen das ganze Bettzeug ein, obwohl auf dem Zettel in der Küche steht, dass die Bettbezüge am Freitag in die Wäscherei gekommen sind.«
    »Das ist Pech«, sagte er und ging zu einer Tür in der Ecke des Raums.
    Er knipste das Licht an und schaute in ein kleines, angrenzendes Badezimmer. Weiße Handtücher hingen sorgfältig zusammengefaltet auf der Stange, und die wenigen Töpfe und Fläschchen, die zu sehen waren, standen ordentlich aufgereiht auf der Ablage aus Sandstein. Auf einem Glasregal darüber standen zwei bauchige Parfumflakons und eine Seifenschale. Es war ähnlich klinisch, ohne den üblichen Krimskrams und die Utensilien einer Frau. Er erhaschte einen Blick von sich im Spiegel, bemerkte die Ringe unter seinen Augen und sah, dass er am Morgen vergessen hatte, sich zu rasieren. Schrecklich, dachte er seufzend, machte das Licht aus und schlüpfte hinaus. Schließlich war Sonntag.
    Nina wartete vor der Tür auf ihn.
    »Die Leute behaupten immer, ich sei zwanghaft«, sagte er, »aber das hier ist extrem. Ich habe noch nie so ein Schlafzimmer oder so ein Bad bei einer Frau gesehen. Wo sind all die Dinge,
die für euch Frauen überlebenswichtig sind, all das Zeug, ohne das ihr nicht leben könnt …« Er hielt inne und dachte an die Flaschenbatterien, Zaubertränke und seltsam unvertrauten Medikamente, die in der Vergangenheit von Zeit zu Zeit sein Badezimmer bevölkert hatten.
    »Das ist ein Klischee«, sagte Nina scharf. »Nicht jede Frau ist chaotisch.«
    »Also, das hier ist jedenfalls nicht normal, und es
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