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Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben

Titel: Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben
Autoren: Bernd Stelter
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des Jahres kannst du fünfundvierzig Minuten am Stück laufen. Und das bringt ja nicht nur was für deine Gesundheit. Wenn du so richtig ans Laufen kommst, da werden Endorphine ausgeschüttet, da kriegst du Glücksgefühle, da willst du gar nicht mehr aufhören zu laufen.«
    Wieso sollte ich einem Menschen glauben, der nicht einmal in der Lage war, die Gästeliste des neunzigsten Geburtstags von Miss Sophie fehlerfrei zu rezitieren?
    Natürlich ist das ein Klassiker unter den guten Vorsätzen: Sport treiben, abnehmen, Gewicht verlieren. Es ist doch immer das Gleiche um diese Zeit: Zu Weihnachten ist man nicht nur reich beschenkt worden, man hat auch reichlich Hüftgold angesetzt. Tannenbaumsyndrom. Und jetzt drückt nicht nur der Hosenbund, sondern auch das schlechte Gewissen.
    Das Essen war großartig. Als Hauptgericht gab es Fisch in Safransauce, an den Rest kann ich mich nicht mehr erinnern. Auf jeden Fall war es viel – zu viel. In den nächsten Tagen sollte ich besser nicht auf die Waage steigen.
    Ich meine, ist es ein Wunder? Wer den ganzen Tag nichts anderes macht, als vor dem schönen neuen Flachbildschirm zu sitzen, der darf sich nicht wundern, wenn sein Hintern irgendwann auch ein 16 : 9 -Format hat! Und da hilft nur eins: mehr Bewegung, mehr Sport. Vielleicht hatte Herbert doch recht.
    Ich weiß noch sehr genau, es war Mitternacht, es war der Moment, als die Raketen den Himmel über dem Rhein taghell erleuchteten. Ich stand auf der Terrasse des italienschen Restaurants mit dem marokkanischen Kellner, und mich traf die Erleuchtung: Im neuen Jahr würde ich anfangen zu laufen. Ich hatte keine Ahnung, wie das gehen sollte mit einem Lebendgewicht von hundertzwanzig Kilo, aber ich würde es tun. Das stand fest.
     
     

Erst mal muss man investieren
     
     
     
     
    Anne war ziemlich überrascht, als ich am dritten oder vierten Januar, also inzwischen zweifelsohne stocknüchtern, erklärte, dass ich es ernst meinte. Und ich war ziemlich überrascht, als sie erklärte: »Dann laufe ich natürlich mit.«
    Wir hatten auch schon einen Termin ausgemacht: Aschermittwoch. Vielleicht denken Sie jetzt, da geht die Drückebergerei doch schon los. Nein, dieser Termin war mit Bedacht gewählt.
    Im Januar und Februar, wenn die Menschen in Köln bunte Mützen auf ihrem Haupt platzieren, bin ich als »Redner« im Karneval unterwegs. Mir war sofort klar, dass ich meine Laufambitionen bis Rosenmontag nicht in die Tat umsetzen konnte. Ich würde mir beim Laufen, schwitzend wie ein Walross in einer finnischen Sauna, ganz sicher eine Monstergrippe holen, was meinen Hausarzt zu dem Ratschlag verleiten würde: »Jetzt machen wir erst mal zwei Wochen Pause, und dann sehen wir weiter.« Zwei Wochen Pause oder wie man in Karnevalsrednerkreisen sagt: »Pleite!« Das konnte ich mir einfach nicht leisten.
    Aber genauso klar war mir, dass ich trotz allem schon jetzt mit den Vorbereitungen für meine Läuferkarriere beginnen musste, um meine guten Vorsätze von Silvester nicht schon im Keim zu ersticken.
    Denn mein innerer Schweinehund ist ein gewaltiger Brocken. Er ist schwarz, hat die steil aufgerichteten Ohren eines Schäferhundes, die bullige Statur einer Bulldogge und den gefährlichen Blick eines Dobermanns. Gegen meinen inneren Schweinehund ist Godzilla ein Schoßhündchen. Und er ist wachsam. Er nutzt jede Gelegenheit, er liegt auf der Lauer, und er wird meine schwachen Momente finden. Es ist nicht einfach, ihn zu überlisten.
    Nun kannte ich mich damals schon ziemlich genau, ich war ja schon fast dreiundvierzig Jahre mit mir zusammen. Ich wusste, ich gehöre zu jenem Typ Mann, dem größere Investitionen helfen, die abstrusesten Entschlüsse zu verwirklichen.
    Als ich noch ein kleiner dicker Junge war, hatten mich die diversen Geburtstagsfeiern im Kreise der lieben Verwandten eins gelehrt: Drei Stückchen Erdbeertorte mit Sahne, später Kartoffelsalat mit mindestens zwei Würstchen, das war schon o.k. Meine Eltern hatten schließlich für viel Geld ein Geschenk gekauft, und das musste sich im Laufe der Feier amortisieren.
    Gut, joggen würde ganz sicher anstrengender sein als drei Stückchen Erdbeertorte, aber das Prinzip war das gleiche.
    Jetzt ging es nicht mehr um Geschenke bei Kindergeburtstagen. Es ging um eine noch zu begründende Passion. Aber wieder stand fest: Wenn ich schon viel Geld investiert habe, dann rolle ich auch die Erdbeertorte von innen auf, egal, wie schlecht mir davon wird. Ich würde es durchziehen.
    Am
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