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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen
Autoren: Léo Malet
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da noch ein paar neugierige Männer um einen Blinden, die genau zu
wissen scheinen, was sie wollen: den Verräter von Algier entlarven. Doch die
sind schnell abgelenkt. Die Zeiten sind wirklich greifbar nahe, in denen das
unselige Geld in Umlauf gebracht werden kann, und zwar nicht nur in kleinen Häppchen!
Ein Angestellter der Banque Bonfils, den man zum Umtausch der
,Bonapartes’ zwingen kann, ist in die hübsche Mausefalle über dem
Reizwäscheladen Mireilles gegangen. Wie gesagt, die Zukunft sieht rosig aus.
Doch dann präsentiert sich Sigari, der geldgierige barbouze. Das ist ein
harter Brocken. Der Kerl will Geld und immer mehr Geld, er fordert und fordert.
Er kann den Verräter Blois an die pieds-noirs verraten. Blois liquidiert
Sigari. Vorsätzlich und kalt, oder zufällig, im Laufe einer tätlichen Auseinandersetzung?
Darüber können wir nur Vermutungen anstellen.“
    „Tun Sie das!“ lacht Dorville. „Sie
scheinen ja Spezialist für Vermutungen aller Art zu sein! Vor allem für
Vermutungen, die in Ungereimtheiten enden.“
    „Du solltest am besten die Klappe
halten!“ säuselt der Catcher mit seiner Honigstimme, vielleicht weil er die
Ungereimtheiten für sich in Anspruch nimmt.
    „Und du auch, Adrien!“ weist ihn der
Hauptmann zurecht.
    Adrien brummt etwas Unverständliches.
Meuterei liegt in der Luft. Noch ein verlorener Soldat! Ich fahre in meinem
Bericht fort:
    „Der Mord an Sigari löst eine
Katastrophe aus. Agnès, Angestellte der Organisation für Ausschweifungen und
Schamlosigkeiten — eine neue O.A. S., wenn man so will! — , belauscht die
Unterhaltung zwischen Blois und Sigari, die sie von der Unschuld ihres Vaters
überzeugt, und wohnt dem Mord an Sigari bei. Eine lästige Zeugin. Ich weiß
nicht, welches Schicksal Blois ihr zugedacht hat. Vielleicht brauchte er eine
kleine Denkpause. Sicher ist, daß er mit beiden aufs Land fährt: mit Sigari als
Leiche — für den Brunnen — , und mit Agnès als Nervenbündel in Abendtoilette,
ihrer Arbeitskleidung sozusagen. Bis zu seiner endgültigen Entscheidung läßt er
sie hier in diesem Bauernhaus zurück, geknebelt und gefesselt und wahrscheinlich
ohnmächtig oder halb verrückt. Sollte sie von ganz alleine sterben, so wäre das
auch nicht so schlimm.“
    „Hört sich an, als könnten Sie
Gedanken lesen!“ spottet wieder unser Gefangener.
    „Ich versuche, mich in ihn
hineinzuversetzen“, gebe ich zurück, „auch wenn’s mir dort nicht gefällt...
Agnès stirbt aber nicht von ganz alleine. Sie wird von einem netten Zigeuner
aus ihrem Gefängnis befreit und mehrere Tage lang in seinem Wohnwagen von ihm
gepflegt. Anscheinend ist sie halb verrückt. Später werde ich den Weg
beschreiben, der sie in den Haufen Sägemehl im Schuppen ihres Vaters führt. Daß
Agnès entwischt ist, ist ein weiterer schwerer Schlag für Blois & Co.
Wo ist sie? Könnte sie unverhofft wieder auftauchen? Doch da eine Zeitlang
nichts dergleichen geschieht, beruhigen sie sich wieder. Möglicherweise ist sie
irgendwo auf freiem Feld krepiert. So was soll Vorkommen... Sie, Dorville,
trösten Dacosta, der untröstlich ist wegen dem Verschwinden seiner Tochter. Sie
versuche, ihn in Apathie und Unentschlossenheit zu halten. Denn, Vorsicht, ja?
Die Erklärungen, die Sie mir gegeben haben — ,Wir müßten etwas unternehmen, und
da habe ich an Sie gedacht’ usw. — , alles Quatsch! Laura Lambert hat Sie,
gebieterisch wie immer, zu den nötigen Schritten veranlaßt. Sie hat’s mir
selbst erzählt. Wenn sie nicht die Initiative ergriffen hätte, hätten Sie sich
nicht von der Stelle bewegt. Sie hatten schon genug Ärger und würden nicht noch
einen Kerl aus Paris kommen lassen, der zusätzlich Ärger machen könnte. Aber
Laura zwang Sie dazu, mich einzuschalten. Sie mußten sich wohl oder übel mit
mir abfinden. Und da, glaube ich, keimt in Ihrem schlauen Gehirn eine Idee. Da
Sie um mich nun mal nicht herumkommen — und mich auch nicht gleich nach meiner
Ankunft umbringen können — , wollen Sie versuchen, mich für Ihre Ziele
einzuspannen. Blois meint bestimmt, ich wäre immer noch der ,kleine
Dreikäsehoch’, den er von klein auf gekannt hat. Sie werden also meinen
Verdacht in der Algier-Affäre auf Dacosta lenken. Wenn es mit Burmas Hilfe
gelingt, Dacostas ,Schuld’ zu ,beweisen“, würde das die Gemüter beruhigen und
die anderen Blödmänner davon abhalten, den Verräter von Algier zu suchen. Wie
Sie sich gefreut haben müssen, Dorville, als ich Ihnen
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