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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Autoren: Anna Malou
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einmal direkt an mir vorbei über die Dorfstraße zur Weide getrieben werden. Überall sehe ich Hunde und Katzen, sodass ich immer wieder etwas Neues zu betrachten habe.
    Gegen 13.00 Uhr ist es heiß, ich habe Durst und suche mir eine Stelle für die nächste Rast. Neben meinem Weg finde ich ein schönes Restaurant mit Innenhof, Wein überrankt, wo ich mich ausruhen und stärken kann. Im Nu bin ich in ein Gespräch verwickelt, das sich so nett gestaltet, dass ich Zeit und Raum vergesse.

    Als ich weitergehe, ist es bereits 15.00 Uhr, und ich bin bestürzt, denn so kurz vor meinem Ziel, Santiago, bei so vielen Pilgern, die Quartier suchen, bedeutet das nichts Gutes. Und wirklich: Erst bei der dritten Anfrage im übernächsten Ort habe ich Glück, denn dort erhalte ich das letzte freie Zimmer, wunderschön, aber viel zu teuer. Da es vorher immer completo hieß, habe ich aber Bedenken, heute noch weiterzugehen, da ich fürchte, sonst eventuell ohne Quartier dazustehen. Mein Zimmer ist wirklich edel möbliert, hat sogar eine Sofaecke und ist also sehr gemütlich. Zudem habe ich ein großes Badezimmer mit einer großen Badewanne, modern gefliest und zu einem Bad einladend. Hier genieße ich auch die Vielzahl der Steckdosen, alle in europäischer Norm, sodass ich gleichzeitig mein Handy und die Batterien für die Digicam aufladen und auch den Fön benutzen kann. Welch ein Komfort! Zudem hat mein Hotel einen großen Garten mit einer Liegewiese, in dem ich einen großen Teil des Nachmittags, in der Sonne sitzend, verbringen kann.
    Auch gibt es im kleinen Ort Rúa viele alte Häuser, sodass es sich lohnt, dort noch einmal herumzuschauen und zu fotografieren. Laufen, ohne Strümpfe in Sandalen, ist wie Schweben auf Wolken, ich genieße hier meine wieder gewonnene Freiheit sehr. Später, im Garten sitzend, gibt es überall Möglichkeiten für Gespräche, doch ich halte mich heute zurück, denn ich brauche, nachdem der Weg heute derart voll war, ein bisschen gefühlte Einsamkeit.
    Beim Abendessen setze ich mich zu einer allein sitzenden Dame, und schnell sind wir im Gespräch. Sie ist Dänin, Pilgerin, und wir unterhalten uns bei ensalada mixta und vino tinto auf Englisch, welches wir beide ganz gut beherrschen. Es wird noch ein netter Abend, auch wenn ich nicht zu spät ins Bett will, weil der morgige Tag anstrengend werden wird.

25. Tag:
    Rúa — Santiago de Compostela (18 km und mehr), 29. Juni

    Was für ein Tag! Heute Morgen scheint die Sonne, und es ist relativ warm, als ich nach einem guten Frühstück in Gesellschaft meiner dänischen Pilgerbekannten gegen 8.00 Uhr aufbreche.
    Liz und ich hatten uns entschieden, zwar zusammen zu frühstücken, aber getrennt zu laufen. Nach wenigen Metern stehe ich an einer Kreuzung, ebenso wie eine andere Pilgerin, und wir beide wissen nicht weiter, weil wir keinen Hinweis auf unseren Weg finden. Schließlich klärt sich das Problem, denn wir finden heraus, dass das hohe Gras am Wegesrand unseren gelben Pfeil einfach zugedeckt hat. Im Gespräch stellt sich die andere Frau meines Alters als Kanadierin vor, wir reden englisch und begleiten uns ein Stück des Weges.
    Zuerst geht es wieder durch meinen »Märchenwald«, den ich von den Tagen zuvor schon kenne: Eichen, dicht gepflanzt, sodass sie ein Blätterdach über dem Weg ergeben. Daneben wachsen immer wieder Eukalyptusbäume in hoher Form und großer Anzahl. Dazwischen wuchert auf den Erdwällen neben meinem Weg überall mannshoher Farn, sodass eine dschungelartige Wildnis entstanden ist.
    Der Weg schlängelt sich dann — tiefer gelegt, links und rechts jeweils eine bewachsene Böschung von zwei Metern Höhe — durch das Waldgebiet hindurch, sodass ich mich wie auf einer Expedition fühle. Es geht immer wieder mit kräftiger Steigung bergauf, sodass ich mich von der kanadischen Pilgerin trenne, da ich gewohnt bin, in einem schnelleren Tempo zu laufen. So ist es eben am camino, jeder muss seinen individuellen Weg gehen.
    Heute überholen mich viele Radfahrer, aber es sind nicht so viele Pilger unterwegs wie gestern. Wahrscheinlich sind die alle schon früh morgens losgelaufen oder gestern gleich bis Santiago weitergelaufen. Mir ist es recht, denn so kann ich in Ruhe laufen, meinen Gedanken nachhängen und diese schöne, nach Eukalyptus duftende Luft genießen.
    Nach eineinhalb Stunden verändert sich die Landschaft, und ich durchquere Ortschaften mit typischen alten Steinhäusern mit Schieferdächern, gehe an Wiesen mit Kühen und
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