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Wenn Kinder um sich schlagen

Titel: Wenn Kinder um sich schlagen
Autoren: Ruediger Penthin
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den letzten Jahren ein etwas ermutigenderes Bild: Der Anteil der Jugendlichen dieses Alters, die im Verlauf des letzten Jahres vor der Befragung eine Gewalttat ausübten, sank von etwa 20 Prozent im Jahr 1998 auf 17 Prozent im Jahr 2005. Trotzdem: Fast ein Fünftel aller Jugendlichen gibt an, gewalttätig zu sein. Das ist erschreckend und wird durch eine andere Erhebung, die sogenannte KiGGS-Studie, bestätigt. In dieser Untersuchung wurden zwischen 2003 und 2006 über 17 000 Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre durch das Robert-Koch-Institut untersucht und befragt. Etwa 27 Prozent der Jungen zwischen elf und 17 Jahren und 13,5 Prozent der Mädchen gaben an, im letzten Jahr gewalttätig gewesen zu sein. Vandalismus und Diebstahl sind an allen Schulformen zu beobachten. Körperliche Gewalt tritt jedoch an Gymnasien deutlich seltener auf als an Real-, Haupt- oder Förderschulen. Aktuelle Erhebungen zeigen, dass im Bereich der weiterführenden Schulen drei bis vier Prozent aller Schülerinnen und Schüler Opfer von länger (über einem Jahr) andauernder Schikane und Mobbing sind.

    Schon in den 1980er-Jahren ergaben repräsentative Befragungen von Jugendlichen, dass mehr als 75 Prozent der Jugendlichen schon einmal strafbare Delikte begangen hatten. Wenngleich somit Gesetzesübertretungen bei vielen Jugendlichen scheinbar zum Prozess des Erwachsenwerdens dazugehören und sich die Neigung zu Gesetzesübertretungen bei den meisten Jugendlichen wieder verliert, sollten diese Delikte nicht gebilligt werden, da auf der anderen Seite immer Geschädigte und Opfer stehen.
    Damit es erst gar nicht so weit kommt, möge dieses Buch dazu beitragen, dass Trotz, Wut und Gewalt bei Kindern und Jugendlichen altersgerecht vorgebeugt oder frühzeitig entgegengewirkt werden kann.

2
    Melanie und Ron
    Beispielhafte
Lebensgeschichten zur
Entwicklung von
Verhaltensauffälligkeiten
    Den Entwicklungsprozess vom »schwierigen Kind« hin zur »Störung des Sozialverhaltens« bei Kindern möchte ich im Folgenden in Form zweier beispielhafter Lebensgeschichten eines Mädchens und eines Jungen beschreiben. Die Namen in diesen Geschichten sind frei erfunden.
    Auch wenn Ihr Kind zu der Gruppe von Kindern gehört, die einfach nur auflehnend, trotzig oder oft wütend sind und ihre aggressiven Gefühle nicht zügeln können, ist es hilfreich, die folgenden Fallbeschreibungen auf sich wirken zu lassen. Lassen Sie sich durch diese zum Teil extrem und bewusst überspitzt formulierten Geschichten nicht abschrecken: Man kann daran gut erkennen, über welche Wege Kinder ein problematisches und schwieriges Sozialverhalten entwickeln können. Und wie Sie Ihrem Kind helfen können, mit seiner Wut angemessener umzugehen und keine problematische Verhaltensstörung zu entwickeln, ist in Kapitel 6 ausführlich beschrieben.

    Â 
    Melanie wurde zwei Monate zu früh geboren. Anfangs musste sie in einer Kinderklinik liegen, sie brauchte Atemhilfe auf einer Intensivstation, da sie noch sehr schwach war. Sie wog bei ihrer Geburt nur 1 600 Gramm. Melanies Mutter war bei ihrer Geburt 17 Jahre alt und besuchte die 9. Hauptschulklasse, Melanies Vater war 21 Jahre alt. Mutter und Vater lernten sich etwa ein Jahr vor Melanies Geburt kennen, in einer Disco, die Melanies Mutter schon seit drei Jahren regelmäßig besuchte. Und dann war Melanies Mutter Heike plötzlich schwanger. Eigentlich hatte sich Heike bei Maik, Melanies Vater, die Geborgenheit gewünscht, die sie von ihren eigenen Eltern nie erhalten hatte. Aber Heikes Sehnsucht nach Wärme und Nähe wurde bei Maik nicht erfüllt. Nun war sie ungewollt schwanger. Was sollte sie nur mit so einem kleinen Baby anfangen? Sie war doch selbst noch ein bedürftiges Kind. Maik reagierte auf die Nachricht der Schwangerschaft ärgerlich. So hatte sie ihn noch nie erlebt, als ob alles ihre Schuld wäre! Diese Zornesausbrüche erschreckten und verunsicherten sie sehr. Sie konnte mit ihm über wirklich wichtige Dinge nie richtig reden.
    Maik hatte den Hauptschulabschluss absolviert, eine Berufsausbildung hatte er jedoch nicht. Eine Arbeitsstelle ebenfalls nicht, er kümmerte sich auch nicht darum. Er wohnte zu Hause bei seiner Mutter. Seine Mutter hatte es sehr schwer. Sie jobbte in verschiedenen Stellen, ging putzen und trug Zeitungen aus. Das Geld reichte weder vorn noch hinten, aber sie schaffte es nicht, ihren Sohn dazu zu
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