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Wenn Kinder um sich schlagen

Titel: Wenn Kinder um sich schlagen
Autoren: Ruediger Penthin
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bringen, seinen Teil zum gemeinsamen Lebensunterhalt beizutragen. Immer hatte sie alles für ihn gemacht. Aber er war sehr fordernd und nicht so leicht zufriedenzustellen. In der Schule wollte er immer die gleichen Edelklamotten haben wie die anderen. Und sie, seine Mutter, versuchte, ihm das zu ermöglichen. Er sollte es besser haben als sie. Sie hatte sich als Kind von den eigenen Eltern stark ausgebeutet gefühlt. Sie bekam nie Taschengeld, musste schon als Siebenjährige ständig die Wohnung in Ordnung halten,
putzen, den Abwasch machen und oft sogar fürs Essen sorgen. Wenn sie mittags aus der Schule kam, lag ihre Mutter schon wieder angetrunken im Bett, und wo der Vater war, das wusste sie oft gar nicht.
    Und nun war Maik schon 21 Jahre alt, hatte keine Ausbildung, keine Arbeit, und seine Mutter grübelte, ob sie nicht vielleicht doch etwas falsch gemacht hatte. Als Maik elf Jahre alt war, stand eines Abends das erste Mal ein freundlicher Polizist vor der Tür und eröffnete ihr, dass Maik einen Zigarettenautomaten aufgebrochen habe. Das war der Anfang von Maiks krimineller Schiene. Immer wieder brach er ein. Er brauchte immer Geld, um sich die teuren »Klamotten« zu leisten, in denen er sich so »cool« fühlte. Außerdem begann er schon früh zu rauchen, was ebenfalls viel Geld kostete. Das, was sie als seine Mutter redlich verdiente, reichte nicht aus, ein normales Leben zu führen und zusätzlich Maiks finanzielle Unersättlichkeit zu befriedigen.
    Maiks Mutter wusste nicht genau, was er wirklich alles »verbrochen« hatte. Sie musste arbeiten und war oft außer Haus. Somit bekam sie wenig von dem mit, was er nachmittags alles machte. Auch über seine Freunde wusste sie wenig. Er sprach nicht mit ihr darüber und sie traute sich nicht, genau zu fragen, da er dann oft genervt und ungehalten reagierte. Sie hatte sich oft Hilfe für Ihren Umgang mit Maik gewünscht. Aber Maiks Vater hatte sie schon verlassen, als Maik noch ein Baby war. Sie traute sich nicht, Hilfe beim Jugendamt einzufordern. Das war ihr unangenehm. Das Amt schaltete sich erst ein, als Polizei und Gericht mit im Spiel waren.
    Heike und Maik zogen auf Drängen von Heikes Eltern in ihre elterliche Wohnung. Es war sehr eng, sie lebten von Sozialhilfe. In dieser Enge spürte Heike, dass oft Nervosität und Aggressivität in der Luft lagen. Maik und ihr Vater hätten sich einmal sogar beinahe geprügelt. Warum es dazu kam, wusste sie nicht genau. Jedenfalls waren die beiden auch nicht mehr
nüchtern. Die ängstigende aggressive Atmosphäre und die Enge machten sie nur noch nervöser. Sie rauchte ziemlich viel, obwohl sie wusste, dass das für ihr Baby schlecht war. Aber sie versuchte, mit allen Mitteln ruhig zu bleiben und ihren Vater nicht zu verärgern und dann Gefahr zu laufen, hochschwanger mit einem Freund, der ihr im Grunde genommen keine Stütze war, vor die Tür gesetzt zu werden.
    Plötzlich kamen die Wehen, sie verlor ihr Fruchtwasser und musste mit dem Krankenwagen in die Klinik gebracht werden. Und dann war Melanie auch schon da. Aber dieses kleine, zerbrechliche, unreife Wesen löste in ihr keine Freude aus. Sie war enttäuscht und deprimiert. Melanie war kein einfaches Baby. Sie schrie viel, spuckte oft ihre Nahrung aus und war nur schwer zufriedenzustellen. Heike war nervlich oft sehr angespannt. Diesem schreienden, kleinen Bündel konnte sie keine warmen, liebevollen, mütterlichen Gefühle entgegenbringen, wo sie doch selbst so bedürftig nach Geborgenheit und Wärme war. Und nun sollte sie ihrem Baby etwas geben, was sie selbst nicht hatte und selbst so dringend benötigte. Natürlich fütterte sie Melanie, wenn sie Hunger hatte, sie wickelte sie, so oft es notwendig war. Äußerlich sollte es ihr an nichts mangeln. Aber wenn das Baby dann trotzdem schrie und unglücklich war, fühlte sich Heike hilflos und unfähig. Alles zog sich in ihr zusammen, sie spürte, wie die Wut in ihr hochstieg, die Wut auf diesen kleinen schreienden Eindringling in ihr Leben. Immer wieder kam es bei ihr selbst zu Explosionen ihrer Wut, sie schrie ihr Baby an, brüllte wie von Sinnen und hätte es am liebsten geschlagen. Maik war ihr zudem keine Hilfe. Er war oft nicht zu Hause, ohne dass Heike wusste, was er machte und wo er war. Wenn er plötzlich und unverhofft nach Hause kam, war er meistens schlecht gelaunt und reagierte auf
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