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Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Titel: Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Elizabeth Haynes
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»Wart ihr denn die einzigen Frauen im Vertriebsteam? Aus wie vielen Leuten bestand das Team?«
    »Aus zwanzig Personen«, sagte Lucy. »Und wir waren die ersten Frauen, die überhaupt jemals eingestellt worden sind. Wir waren wie die ersten Mädchen, die ins Baumhaus gelassen werden.«
    »Ich wette, das war bestimmt nicht leicht«, sagte Joanna.
    »Das ist es immer noch nicht«, erwiderte Lucy. »Nur dass ich jetzt das einzige Mädchen im Baumhaus bin, nachdem Genevieve uns verlassen hat.«
    Joanna und Malcolm sahen mich beide erstaunt an.
    »Ich hatte die Nase voll«, sagte ich. »Ich wollte nur das Geld für das Boot zusammenkriegen und anschließend kündigen.«
    »Das muss ein guter Job gewesen sein, wenn du so viel verdient hast, dass du dir ein Boot davon kaufen konntest.«
    Lucy fiel mir ins Wort, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. »Na ja, eigentlich hatte Genevieve ja zwei Jobs, nicht wahr, Gen?«
    »Aber das meiste habe ich im Vertrieb verdient«, flunkerte ich.
    »Genevieve hat in einem Club gearbeitet«, sagte Lucy. Sie sah mich direkt an, mit einem undurchdringlichen Gesichtsausdruck.
    Mein Gesicht wurde heiß. Auf der anderen Seite der Kajüte sah ich, wie Ben sich mit Diane unterhielt; beide lachten. Er war so groß, dass er fast schon gebückt dastehen musste, obwohl der Raum fast zwei Meter hoch war. Er sah fantastisch und gleichzeitig unerreichbar aus.
    Oben an der Treppe tauchte Liam auf. »Joanna? Wo ist denn das Ding für den Käsekuchen?«
    »Was für ein Ding? Du meinst wohl einen Tortenheber?«
    »Genau, Tortenheber, was auch immer. Hast du einen?«
    Sie verließ die Essnische, wühlte in der Kombüse in der Schublade herum und warf alles durcheinander.
    »Dort am Haken hängt ein großer Bratenwender«, sagte ich.
    Joanna nahm den Wender, fuchtelte wie mit einer Waffe damit herum, ging die Treppe hinauf und half beim Käsekuchen.
    »Du hast in einem Club gearbeitet? In einer Art Bar?«, fragte Malcolm plötzlich hellwach.
    Ich sah Lucy an, doch die bemerkte nichts oder tat so als ob.
    »Genevieve war Tänzerin«, sagte Lucy triumphierend. »Hat sie dir das nicht erzählt? Sie war sogar ziemlich gut. Zumindest habe ich das gehört. Ich war nämlich nie in dem Club, in dem sie gearbeitet hat – das sind eher Männerlokale, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Malcolm riss die Augen auf. Zicke! , dachte ich. Ich wünsch te, ich hätte sie nicht eingeladen. Caddy kam offensichtlich nicht, sonst wäre sie längst hier gewesen. Bis zu diesem Moment war mir gar nicht klar gewesen, wie sehr ich mir wünschte, sie wiederzusehen. Außerdem wäre sie bei Diskussionen über die Moral oder die feministischen Aspekte des Tanzens eine gute Verbündete gegen Lucy gewesen – mit Caddy hätte sich niemand angelegt.
    »Hattet ihr jemals so eine Art Vorahnung … Ich weiß auch nicht, wie ich das erklären soll«, sagte ich eher zu mir als zu den beiden. »So, als könnte jeden Moment etwas Schreckliches passieren? Ich habe das heute schon den ganzen Tag.«
    »Mir passiert das auch manchmal«, sagte Lucy. »Meistens nach zwei Uhr morgens, wenn ich immer noch trinke und weiß, dass ich am nächsten Tag um sieben raus und zur Arbeit gehen muss.«
    Das hob ein wenig die Stimmung, trotzdem hatte ich keine Lust mehr, hier sitzen zu bleiben und mich länger mit Lucy zu unterhalten. Wenn sie noch weitere Einzelheiten über meine Vergangenheit preisgeben wollte, konnte sie das gerne ohne mich tun. Ich entschuldigte mich, Malcolm rückte beiseite und ließ mich vorbei. Ich schob mich an den Leuten in der Kombüse vorbei und ging hinauf an Deck.
    Ich sah zum Parkplatz hinüber und hoffte, Caddy aus einem Taxi steigen zu sehen. Doch alles war ruhig. Josie saß mit dem Rücken ans Steuerhaus gelehnt, neben ihr Roger und Sally und ausgerechnet Gavin, der sein Jackett und die handgefertigten italienischen Schuhe ausgezogen hatte, barfuß im Schneidersitz bei ihnen saß und ihnen von der Zeit erzählte, als er noch reiste und in Thailand versehentlich seinen Pass verkauft hatte. Zwischen ihnen stand auf einem Eimer das Fässchen mit selbst gebrautem Bier, von dem sie sich eifrig bedienten.
    »Hier«, sagte Ben hinter mir und reichte mir ein weiteres Bier.
    »Oh, danke.«
    Der Abend war irgendwie surreal. Wir gingen um das Steuerhaus herum und sahen zur Brücke hinüber, deren Lichter sich im Wasser spiegelten. Der Wind hatte nachgelassen. Vom anderen Ufer war das dumpfe Hämmern der Musik aus dem Nachtclub zu
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