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Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Titel: Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Elizabeth Haynes
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hören.
    »Ich habe mich seit Monaten nicht mehr betrunken«, sagte ich.
    »Ich weiß nicht, seit wann ich mich nicht mehr betrunken habe. Seit Tagen? Wohl eher seit Stunden«, sagte Ben.
    Wir saßen auf dem Kajütendach.
    »Du hast mir gefehlt«, sagte er.
    Ich musste lachen. »Du Schwindler!«, antwortete ich. »Dir fehlt nie irgendwas.«
    Er sah mich ein wenig beleidigt an, aber ich wusste, dass das nur gespielt war. Trotz der Leute und trotz allem, was in der Vergangenheit zwischen uns vorgefallen war, hatte er es darauf angelegt, die Nacht hier zu verbringen.
    »Du hast das mit dem Boot toll hingekriegt«, sagte er.
    »Danke.«
    »Das Schlafzimmer gefällt mir.«
    Siehst du? , dachte ich.
    »Ich mag die Dachluke. Es muss herrlich sein, nachts darunter zu liegen und in den Sternenhimmel zu schauen.«
    Ich lächelte. »Eigentlich ist er ja eher beleuchtet. Lichtverschmutzung ist nicht nur in London ein Thema.«
    »Ich wollte nur romantisch sein.«
    »Ich weiß, und das warst du auch, Ben. Aber vergiss nicht, dass ich dich kenne. So was zieht bei mir nicht mehr.«
    »Genevieve! Was soll denn das?«
    »Und das fragst du auch noch? Ich habe dich mit diesem Mädchen gesehen, als du eigentlich mit mir ausgehen wolltest. Hast du das vergessen?«
    Die Worte kamen mir jetzt leicht über die Lippen. Doch damals hatte es mir das Herz gebrochen.
    Ben schüttelte den Kopf. »Herrgott, du vergisst wirklich nichts. Aber das habe ich nicht gemeint. Ich meinte, was in London passiert ist. Du bist so plötzlich verschwunden. Niemand wusste, wo du steckst. Lucy hat schon gedacht, du bist entführt worden.«
    »Nichts ist passiert. Übertreib nicht.«
    »Genny, du hast einfach gekündigt und bist gegangen. Du bist mehr oder weniger geflohen.«
    »Wer hat dir das denn erzählt?«
    »Na, wer wohl? Lucy natürlich. Sie meinte, das sei das Aufregendste, das jemals bei euch im Büro passiert sei. Du seist einfach während eines Meetings bei deinem Boss hereingeplatzt und hättest ihm dein Kündigungsschreiben auf den Tisch geknallt. Dann hättest du deinen Mantel genommen und seist gegangen. Sie hat gesagt, sie hätte deinen Schreibtisch leer räumen müssen. Als sie vorbeikommen und dir deinen Karton bringen wollte, seist du schon mitten im Umzug gewesen.«
    Eine Weile schwieg ich. Dieses Gefühl von Unruhe machte sich wieder breit. Die Flut hatte eingesetzt, in ein paar Stunden würde sie ihren höchsten Stand erreicht haben. Das Boot bewegte sich bereits, allerdings nur leicht, und die Revenge wiegte mich tröstend. Doch trotz der vielen Leute an Bord hatte ich das Gefühl, als stimmte etwas nicht.
    Aus der Dachluke neben uns kam freundliches Geplauder aus der Kombüse, das aber unterschwellig immer hitziger wurde. Joanna und Malcolm auf der einen und Lucy und Simone auf der anderen Seite.
    »Ich habe nur gesagt …«
    »Ich weiß genau, was du gesagt hast, und ich weiß auch, wie du es gemeint hast.« Das klang nach Joanna.
    »Ihr seid doch alle gleich, ihr habt ja keine Ahnung …«, das klang nach Malcolm, der von zu viel billigem Bier bereits lallte. »Ihr denkt alle, dass wir minderwertig sind, nur weil wir auf einem Boot wohnen, während ihr euch für ein Haus entschieden habt …«
    »Ich habe nichts dergleichen gesagt!«
    »Ach, und warum hast du dann ständig vom Bad gefaselt? Ich sag dir mal was: Wenn dieses Boot fertig ist, wird es wie ein Palast aussehen, und ihr werdet vor Neid erblassen.«
    Lucy lachte. »Irgendwie glaube ich das nicht.«
    Ich saß oben an Deck und griff mir an den Kopf. »Oh, Gott. Ich wusste, dass es ein Fehler war.«
    Ben nutzte die Gelegenheit und legte einen Arm um meine Schultern. »Genny, die sind bloß betrunken. Morgen ist alles wieder vergessen.«
    »Ben! Wo zum Teufel steckst du?« Lucy stapfte in ihren hochhackigen Stiefeln die lackierte Kiefernholztreppe zum Steuerhaus hinauf. »Gavin? Komm, wir gehen in den Pub.«
    »Willst du, dass ich bleibe?«, fragte Ben leise. Ihn hatte sie noch nicht entdeckt.
    »Nein«, sagte ich. »Geh mit, das ist schon in Ordnung.«
    »Ich könnte später zurückkommen.«
    Seine Stimme klang so hoffnungsvoll, dass ich kurz zu ihm aufsah. Ich bräuchte einfach nur Ja zu sagen , dachte ich. Dann könnte ich heute Nacht das Bett mit ihm teilen und ihn morgen früh in den Zug nach London setzen . Würde eine Nacht mit Ben wehtun? Fünf Monate nach Dylan, fünf lange Monate voller Hoffnung, dass er wieder Kontakt zu mir aufnehmen würde. Ich fehlte ihm offensichtlich
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