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Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Aschenbrödel

Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Aschenbrödel

Titel: Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Aschenbrödel
Autoren: Jazz Winter
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Schlaf neben ihr im Bett auf dem Bauch, das Gesicht zu ihr gewandt und sie konnte nicht widerstehen, das kleine Nachttischlämpchen einzuschalten. Sein sonst makelloses Gesicht bekam durch die kleine Narbe über der linken Augenbraue noch eine besondere Schönheit.
    Joy schob sich die rote glitzernde Halbmaske vom Kopf und schlüpfte leise aus dem Bett. Die Musik war verstummt und der Morgen graute bereits. Der Ball war vorbei und Cinda wurde wieder zu Joy. Sie blieb am Bettpfosten stehen und konnte sich kaum von Navans friedlichem wunderschönem Anblick lösen. Gedanklich verfluchte sie sich, denn wenn er aufwachte, würde er glauben, dass er eine Nacht mit einem Escort verbracht hatte. Für ihn war sie nicht mehr, aber er hatte ihr die schönste und aufregendste Nacht ihres Lebens beschert.
    „Du bist so dumm.“
    Ein letztes Mal küsste sie seine Lippen und spürte den scharfen Stich, der ihr durchs Herz fuhr. Er war ein reicher Geschäftsmann und sie putzte nur die Zimmer der Mädchen in dieser Villa. Das konnte niemals gut gehen, aber wie sollte sie das ihrem Herzen klarmachen? Sie zog sich das Kleid über, raffte ihre seidige Unterwäsche zusammen und suchte nach dem zweiten Schuh. Doch egal, wo sie nachsah, er war vom Erdboden verschluckt, und als sie versehentlich gegen die Stehlampe prallte und das Geräusch ihn zu wecken schien, erschrak sie.
    „Ich such ihn später …“
    Dann öffnete sie die Tür leise und schlüpfte aus dem Raum.
     
    Leise stöhnte er auf und mit noch geschlossenen Augen zog er den Gegenstand unter sich hervor, der sich unangenehm durch sein eigenes Gewicht in seine Brust drückte. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, was er dort in der Hand hielt. Ein Schuh, roter Samt, hoher Absatz und sehr klein. Schlagartig setzte Navan sich auf und sah sich im Zimmer um. Noch immer war er in der Villa, doch er war allein. Auf dem Boden lag nur noch seine Kleidung, der Smoking, den er auf dem Ball getragen hatte. Neben ihm lag das schwarze Satinvisier und das Bett war vollkommen zerwühlt. Mit beiden Händen rieb er sich das Gesicht und ließ die Finger durch sein Haar gleiten.
    „Fuck!“
    Erst jetzt nahm Navan das Geräusch wahr, das ihn geweckt hatte. Das leise Summen seines Handys wurde immer aufdringlicher und lauter. Statt den Anruf entgegenzunehmen, starrte er auf das Display, blickte auf Davids Namen, der dort aufleuchtete. Verzweifelt strich er sich erneut durchs Haar und verzog leicht das Gesicht.
    „Fuck!“
    In höchster Eile zog er sich die Hose und das Hemd über, schlüpfte in die glänzenden Schuhe und die restliche Bekleidung legte er sich über den Unterarm. Als er die Türklinke hinunterdrückte, hielt er inne. Der Schuh lag mitten in den Laken auf dem Bett, ihr Schuh. Er wusste nicht, warum, aber er griff danach und nahm ihn einfach mit. Als er auf den Flur trat, fuhr er durch ein Aufkeuchen zusammen.
    „Sorry, ich …“
    Die junge Frau trug einfache Jeans und T-Shirt, dazu weiße Turnschuhe und zog ihre Baseballkappe tiefer ins Gesicht.
    „Schon okay, meine Schuld. Schönen Tag noch!“
    Sie hatte ihren Putzeimer mit den Wischutensilien fallen lassen und Navan bückte sich ebenfalls, um ihr beim Aufheben zu helfen.
    „Nein, nein, lassen Sie, ist schon okay. Ich mach das …“
    Erneut summte sein Handy, abermals leuchte der Anruf seines Freundes auf.
    „Sie sollten rangehen, ist sicher wichtig.“
    Sie lächelte, ohne ihn direkt anzusehen.
    „Sie kommen klar?“
    Ihr Kopf deutete ein Nicken an und Navan hielt sich das Handy ans Ohr.
    „Ja, ähm, ich bin unterwegs … erkläre ich dir später, David.“
    Für einen Augenblick blieb er stehen und beobachtete das leger gekleidete Zimmermädchen, das noch immer auf ihren Knien die Putzsachen zusammensammelte.
    „Nochmals sorry, ich wollte Sie nicht erschrecken.“
    Als er ging, hatte er das Gefühl, als würde sich der Blick der jungen Frau regelrecht in seinen Rücken bohren und er fühlte sich nicht gut dabei. Er fühlte sich ertappt, denn er hatte schließlich die Nacht in dem Haus einer Madame mit einer ihrer Escorts verbracht. Doch der Gedanke an Cinda verwischte das schlechte Gefühl, etwas anderes trat an dessen Stelle, etwas, das Wärme in seinem Bauch ausbreiten ließ und in seinem Kopf hallte der Klang ihres herzhaften, schönen Lachens nach. Er stieg in seinen Wagen, legte die Sachen auf den Beifahrersitz und fuhr aus der Einfahrt der Villa. Je weiter er sich von dem Haus entfernte, desto irrealer
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