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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst...
Autoren: Teresa Medeiros
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oder lieber Angst haben, zog Cousin Cecil seinen dick pomadisierten Kopf ein. Mit seinen schwarzen, kleinen Knopfaugen schaute er sich in der Menge um, als suchte er nach einem Fluchtweg. »Ich habe immer sehr viel von dem Mädchen gehalten, wirklich. Allerdings natürlich nicht mehr, als es sich gehört«, fügte er nervös hinzu.
    Adrian schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Sie hatte viel zu sagen über die Freundlichkeit und Großzügigkeit, die Sie in den vergangenen Jahren ihr und ihren Schwestern gegenüber an den Tag gelegt haben.«
    »Hat sie?« Seine Zuversicht wuchs, sodass Cousin Cecil seine Brust vorschob und sich aufplusterte wie ein balzender Fasan. »Ich hatte gehofft, ich dürfte demnächst einmal bei Ihnen vorsprechen, Mylord. Mir kam der Gedanke, dass Sie vermutlich darauf erpicht sind, das jüngste Cabot-Mädel loszuwerden. Wenn die Mitgift groß genug ist, wäre ich vielleicht bereit, Ihnen zu helfen. Die junge Portia hat ein ziemlich eigensinniges, ja, fast unverschämtes Wesen, aber mit einer festen Hand, denke ich, kann man ihr das schon austreiben.«
    Adrians Lächeln wich und wankte nicht. Er legte Cousin Cecil einfach einen Arm um die Schulter, was sich allerdings mehr anfühlte, als wollte er ihn in den Schwitzkasten nehmen. »Das ist eine ausgezeichnete Idee«, sagte er und zog ihn zur Tür. »Warum gehen wir nicht einfach in den Garten, um darüber zu reden?«
    Als Adrian kurz darauf zurückkehrte, war er allein. Er klopfte sich den Schmutz von seinem Rock und strich seine Weste glatt, ehe er voll Bedauern seine aufgeschrammten Fingerknöchel betrachtete und hoffte, seine Braut würde sich nicht daran stören.
    »Du kannst doch nicht allen Ernstes vorhaben zu heiraten, mit einem Halstuch, das so aussieht«, sagte Julian, der aus dem Nichts auftauchte, und zog den weißen Leinenstreifen mit wenigen Handgriffen gerade.
    Adrian zuckte zusammen. »Verdammt! Ich wünschte, du würdest damit aufhören, dich so anzuschleichen! Du wirst mir noch einmal einen Herzanfall bescheren.«
    Julian grinste. »Ich habe geübt. Duvalier hatte in einer Sache Recht. Vielleicht ist es wirklich an der Zeit, dass ich meine besonderen Gaben annehme — wenigstens die nützlicheren.«
    Adrian legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter und drückte sie voller Zuneigung. »Das soll mir Recht sein, solange ich dich nicht dabei erwische, wie du dich in eine Fledermaus verwandelst und um den Kronleuchter flatterst.«
    »Caroline hat mir gesagt, dass du weggehst.«
    Die Brüder drehten sich gemeinsam um und entdeckten Portia, die hinter ihnen stand. Ihre dunklen Locken waren hochfrisiert, und der hochgeschlossene Kragen ihres weißen Baumwollkleides war nicht so sehr aus der Mode, dass er zu Kommentaren Anlass gegeben hätte.
    Adrian warf seinem Bruder einen scharfen Blick zu, fischte seine Taschenuhr aus seiner Weste und klappte sie auf. »Es ist beinahe Mitternacht. Ich sollte gehen. Schließlich will ich meine Braut nicht warten lassen.« Nachdem er Portia kurz liebevoll in die Wange gezwickt hatte, ging er zu dem riesigen Kamin, dessen Sims als behelfsmäßiger Altar dienen würde, und ließ Julian mit Portia allein.
    Sie blickte sich um, um sicherzugehen, dass niemand sie belauschte, ehe sie sagte: »Meine Schwester hat mir erzählt, du wolltest nach Paris gehen und nach dem Vampir suchen, der Duvalier zu einem gemacht hat.«
    Julian nickte. »Da Duvalier nun nicht mehr ist und Adrian heiratet, dachte ich, es sei vielleicht an der Zeit, dass ich anfange, meine eigenen Schlachten zu schlagen. Ich mag nicht alt werden können, aber das heißt nicht, dass ich nicht erwachsen werden kann. Ach, da kommt ja der Vikar«, unterbrach er sich selbst, sichtlich erleichtert, dass er eine Ablenkung gefunden hatte. »Ich sollte jetzt wirklich in den Saal zurück. Ich bin Adrian und Caroline dankbar, dass sie nicht in einer Kirche heiraten — geweihter Boden und das Ganze —, aber all diese Roben und Kerzen wecken in mir den beinahe unwiderstehlichen Wunsch, aus dem nächsten Fenster zu springen.«
    Er wandte sich zum Gehen, dann fluchte er tonlos und machte wieder kehrt, zog Portia an den Armen zu sich und küsste sie zärtlich auf die Stirn. Seine Lippen verweilten auf der warmen Seide ihrer Haut. »Vergiss mich nicht, Kleines«, flüsterte er.
    »Wie könnte ich.« Als er sich von ihr löste, legte Portia eine Hand auf ihren Kragen. In ihren Augen leuchtete nicht mehr kindliche Unschuld, sondern die Weisheit einer
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