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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst...
Autoren: Teresa Medeiros
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gefasst wie vorgestern, als sie auf der Türschwelle zum Rittersaal gestanden und so getan hatte, als sei sie Vivienne.
    »Wenn du denkst, dass ich auf dich warte, dann irrst du dich«, erklärte sie. »Ich fürchte, ich werde nicht so tun können, als habe es diese zwei Wochen nicht gegeben. Jetzt, da du mir einen Vorgeschmack auf die Lust gegeben hast, die eine Frau in den Armen eines Mannes erleben kann, bezweifle ich, dass ich damit zufrieden wäre, den Rest meines Lebens in einem kalten, leeren Bett zu verbringen. Du musst mir kein Geld schicken. Wenn ich keinen Ehemann finde, dann vielleicht einen netten, großzügigen Gentleman, der bereit wäre, mich zu seiner Mätresse zu machen.«
    Adrian knöpfte seine Hose zu. In seinen Augen stand ein stürmischer, gefährlicher Ausdruck, wie sie es noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. »Wer von uns beiden kommt jetzt wegen seiner Lügen in die Hölle?«
    Caroline strich die zerknitterten Röcke von Eloisas Kleid glatt und sprach weiter, als habe er nichts gesagt. »Am liebsten würde ich dieses Kleid auf den Müll werfen, aber ich werde es von den Dienern waschen und dir zurückgeben lassen. Vielleicht bringt es dir Trost, wenn dir nur deine Gespenster bleiben, um dich in der Nacht zu wärmen.«
    Damit drehte sie sich um und verließ ihn. Weil Julian schlief, blieb ihr allerdings die Genugtuung versagt, die französische Tür hinter sich knallend ins Schloss zu werfen.
    Caroline lief die Steinstufen hinab und überquerte den Steg zwischen den Türmen, wobei sie sich beim Gehen immer wieder heiße, wütende Tränen von den Wangen wischte. Die Sterne verblassten, der Regen hatte schon vor einer Weile aufgehört und die Welt verheißungsvoll glitzernd zurückgelassen, mit dem Versprechen auf einen neuen Morgen. Aber ohne Adrian, das wusste sie, wäre ihre Seele für immer von finsterster Nacht umfangen.
    Ihre Schritte verlangsamten sich, als sie die Mitte des Stegs erreichte. Sie hatte es nicht eilig, in ihr einsames Schlafzimmer zurückzukehren. Dort gab es nichts mehr für sie zu tun, als sich zum letzten Mal Adrians Geruch abzuwaschen und mit dem Packen zu beginnen.
    »Sturköpfiger, unmöglicher Mann«, stieß sie aus und drehte sich zur Seite, dann legte sie ihre Hände auf die Brüstung. Sie krallte ihre Fingernägel in den rauen Sandstein und hieß den Schmerz willkommen. Der Wind zerrte an ihrem Haar und versuchte, ihre Tränen zu trocknen, ehe sie von ihrem Kinn tropfen konnten. »Ich hätte ihm das Herz mit dem Holzpflock durchbohren sollen, als ich die Chance dazu hatte.«
    »Aber, aber. Adrian scheint neuerdings etwas für blutrünstige Frauen übrig zu haben.«
    Caroline wirbelte herum und entdeckte eine in einen weiten Umhang und Kapuze gehüllte Gestalt vor sich, die ihr den Rückweg in ihr Zimmer versperrte. Sie hätte schwören können, dass der Mann vor wenigen Sekunden noch nicht da gewesen war.
    »Wie sind Sie hier heraufgekommen?«, fragte sie, und ihr Herz klopfte unregelmäßig.
    Er zog seine Kapuze zurück, sodass sein dunkles, glattes Haar zu sehen war. Seine vollen Lippen waren zu einem Lächeln verzogen, das sowohl grausam als auch sinnlich war. »Vielleicht bin ich geflogen.«
    Caroline bemühte sich, ihr wachsendes Entsetzen zu bezwingen. »Ich hoffe, Sie erwarten nicht, dass ich solchen Unsinn glaube, Monsieur Duvalier. Julian hat mir schon gesagt, dass sich Vampire nicht in Fledermäuse verwandeln können.«

24
    Die Morgendämmerung brach an — aber nicht für Adrian.
    Caroline hatte alles Licht mit sich genommen und ihn am Bett seines Bruders sitzen lassen, wo er nun Trübsal blasen konnte. Ohne das Schimmern ihres Haars im Kerzenschein, das zärtliche Leuchten in ihren Augen, die liebevolle Wärme ihres Lächelns war er dazu verdammt, im Schatten zu leben, nicht länger von den Geschöpfen zu unterscheiden, die er jagte.
    Adrian schloss die Augen, aber alles, was er sehen konnte, war Caroline, wie sie ihm im Salon seines Londoner Stadthauses mit seinem Taschentuch winkte, wie sie sich in Vauxhall auf die Zehenspitzen stellte und sich kühn mit ihrem weichen Körper an ihn presste, wie sie in den Kissen seines Bettes lag, ihre Haut im Mondlicht wie Elfenbein schimmerte, wie sie die Arme ausstreckte, um ihn willkommen zu heißen. Adrian rieb sich die schmerzende Stirn und begriff, dass sie ihn mit einer Macht verfolgen würde, die noch nicht einmal Eloisa an den Tag gelegt hatte.
    Julian regte sich und bot ihm damit eine Entschuldigung,
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