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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst...
Autoren: Teresa Medeiros
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die Augen zu öffnen und ihr zu entkommen, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick.
    Julians Augenlider zuckten, dann hoben sie sich. Er leckte sich die Lippen und krächzte: »Durst.«
    Mit einer Hand stützte Adrian Julians Kopf, mit der anderen hob er den Kelch an seine Lippen. Julian trank gierig. Obwohl Adrians erster Impuls war, angeekelt das Gesicht zu verziehen, hatte er schon vor langer Zeit gelernt, dass er es sich nicht leisten konnte, zimperlich zu sein, was die Essgewohnheiten seines Bruders betraf. Blut war nicht nur seine Nahrung, es bedeutete für ihn Leben.
    Als Julian genug getrunken hatte, bettete Adrian ihn behutsam in die Kissen.
    »Unser Plan«, flüsterte Julian und schaute ihn schläfrig an. »Er hat funktioniert.«
    »Was meinst du?«, fragte Adrian und beugte sich dichter über ihn.
    »Unser Plan«, wiederholte Julian. »Eloisa ... Duvalier weiß Bescheid.«
    »Weiß Bescheid worüber?«
    »Über ... Caroline. Er hat sie ...« Julians Augen fielen zu, und seine Stimme verblasste zu einem müden Seufzer. »... deine neue Hure genannt.«
    Langsam richtete Adrian sich auf. Er merkte gar nicht, dass der Kelch in seiner Hand umgekippt war, bis er die dunkle Pfütze Blut zu seinen Füßen sah, die langsam größer wurde.
    »Adrian«, sagte Julian, ohne die Augen zu öffnen.
    »Was?«, erkundigte sich Adrian scharf, und mit jedem Atemzug wuchs seine Panik.
    Julian öffnete die Augen, schaute ihm ins Gesicht und flüsterte: »Du brauchst mehr als deine Gespenster, um dich nachts zu wärmen.«
    »Ah, also ist eine Vorstellung überflüssig«, erklärte Duvalier, und der Anflug eines Akzentes verlieh seinen Worten Eleganz. Er machte einen Schritt auf Caroline zu, sodass der Steg mit einem Mal sehr eng und schmal erschien, unpassierbar. »Gut. Ich fand sie immer schon in höchstem Maß ermüdend. Gewöhnlich kann ich alles, was ich über einen Mann — oder eine Frau — wissen will, aus ihrem Geschrei und Gewimmer erfahren, wenn sie um Gnade flehen.«
    »Wie reizend«, erwiderte Caroline knapp und bemühte sich, ihre Furcht zu verbergen. Sie wusste, er würde sich daran laben. Sie wünschte sich verzweifelt, sie hätte noch den schweren Umhang voller Waffen an. Aber sie war nun einmal in Eloisas dünnes Kleidchen aus Seide und Tüll gehüllt und fühlte sich wehrloser, als wenn sie nackt gewesen wäre. »Woher wissen Sie, dass ich Adrians Frau bin?«
    Seine Nasenflügel bebten angeekelt. »Weil ich ihn auf Ihnen riechen kann, so wie ich ihn auch auf Eloisa riechen konnte.« Er bemerkte den Schatten, der über ihre Züge flog. »Oh, er hat sie vielleicht geliebt, aber sie waren nie ein Liebespaar, ma chère . Aber das hat ihn nicht davon abgehalten, sie anzufassen, zu küssen ...«
    »Es muss für Sie nicht leicht gewesen sein.«
    Er zuckte die Achseln. »Für sie war es schwerer, denke ich. Am Ende habe ich dafür gesorgt, dass sie als Jungfrau starb. Das war wahrscheinlich meine schlimmste Rache.
    Dass sie sterben musste, ohne je die Berührung eines Mannes gekannt zu haben. Niemals die Lust erlebt zu haben, die er ihr bereiten kann, nur den Schmerz.«
    Caroline begann, langsam rückwärts zu gehen, zurück zu Adrians Schlafzimmer, zurück in seine Arme.
    Duvalier folgte ihr Schritt für Schritt; der Saum seines Umhanges schwang irgendwie bedrohlich um die Schäfte seiner Stiefel. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie es war dazustehen, den Geschmack ihres Blutes auf meiner Zunge, und zu beobachten, wie jede Sehnsucht, jede Hoffnung und jeder Traum, den sie je gehegt hatte, in ihren Augen erstarb, während ihr Herz immer langsamer schlug, ein Seufzer, ein Flüstern und schließlich stehen blieb. Dann wollte ich sie nehmen, wissen Sie, aber dann kam er und hat alles kaputtgemacht.«
    Caroline schauderte. »Wie konnten Sie an etwas so Unaussprechliches auch nur denken? Ich dachte, Sie hätten sie geliebt.«
    Seine gleichgültige Miene bekam einen Riss. »Sie war meiner Liebe nicht würdig. Ist das der Grund, weshalb Sie dieses alberne Kleid tragen? Weil Adrian glaubte, dass ich, wenn ich Sie sähe, mich ans Herz fassen würde und rufen: >Meine geliebte Eloisa, ich wusste immer schon, dass du zu mir zurückkommen wirst!<« Er verdrehte die Augen. »Ich kann nicht glauben, dass er wirklich dachte, ich würde mich all die Jahre nach der wankelmütigen Schlampe verzehren. Er war schon immer ein hoffnungsloser Romantiker.«
    »Ja, das war ich«, sagte Adrian von der Treppe hinter Duvalier und trat
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