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Wenn Die Nacht Beginnt

Wenn Die Nacht Beginnt

Titel: Wenn Die Nacht Beginnt
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dem wir standen, zu bestehen – eine Sitzecke links vom Holzofen, mit einer eisernen Pritsche als Couch und einer Holzkiste als Tisch. Die Küche befand sich rechts vom Ofen – ein Holztisch, zwei Stühle, an denen Querleisten fehlten, eine kleine Kühlbox, eine Spüle mit einer rostigen Pumpe und ein Küchenschrank aus Metall. Von den Balken hing eine Sammlung von Angeln.
    Jeffrey führte mich ins Schlafzimmer. Das Bett schien es ganz auszufüllen, denn ringsum gab es nicht mehr als dreißig Zentimeter Platz zur Wand. Ich suchte nach der Toilette und entdeckte sie durch einen Spalt im Fensterladen – eine Kabine wie eine hölzerne Telefonzelle zwanzig Meter weiter zwischen den Bäumen. Ich muss lange Zeit durch diesen gesprungenen Fensterladen geschaut haben.
    Jeffrey fragte hinter mir: »Wer ist dort draußen?«
    »Niemand. Gibt es denn überhaupt keine Nachbarn?«
    »Nicht mehr. Ich sagte schon, wir sind mitten im Naturschutzgebiet. Unsere Hütte und die der Blakes weiter unten am Strand waren die einzigen hier, bevor der Park eingerichtet wurde. Nach dem Gesetz haben wir beide Nutzungsrecht auf Lebenszeit, aber Blake verließ vor einigen Jahren seine Hütte. Komm, ich mach hier alles betriebsfertig, und du machst sauber. Der Besen ist hinter der Kühlbox.«
    Jeffrey ging hinaus, und fast unmittelbar danach hörte ich die Geräusche von knarrendem Holz, als er die Fensterläden öffnete. Das Licht, das durch die Bäume drang, trug dazu bei, die dunklen Räume zu erhellen. Ich fand den Besen und kehrte die Rückstände der Mäuse zusammen. Ich packte unsere Bettwäsche aus und bezog die Betten. Als ich schließlich den Küchenschrank mit unseren Vorräten gefüllt hatte, war Jeffrey verschwunden.
    Ich trat auf die Veranda hinaus. Kein Jeffrey. Die Sonne stand hoch über den riesigen Bäumen, und ich konnte die Stelle erkennen, wo sie später im Westen untergehen würde, und einen Moment lang erfasste mich Panik. Ich wollte diesen Ort nicht ohne Sonne erleben. Ich schlich mich auf den Steg und sah den Strand entlang. Ich sah einen zweiten, verfallenen Steg hundert Meter weiter links, aber kein Lebenszeichen. Jeffrey hatte Recht gehabt, unser einziger Nachbar war weg.
    Ich drehte mich um und rief in der Hoffnung, die Panik aus meiner Stimme verbannt zu haben: »Jeffrey!«
    »Hier unten!« Die Stimme kam von irgendeiner Stelle unter der Hütte. »Die Rohre sind in Ordnung. Probier mal die Pumpe aus, ja?«
    Ich ging hinein und betätigte den Griff der Pumpe. Rostbrauner Dreck sprudelte und spritzte in das Spülbecken.
    »Mach weiter«, sagte Jeffrey hinter mir, »es wird klarer werden.«
    Er verschwand wieder, und bis ich das Wasser klargepumpt hatte, war er mit einem Arm voll Holz zurück. »Ich muss noch mehr klein machen. In der Nacht werden wir den Ofen brauchen.«
    In der Nacht!
    Plötzlich spürte ich, dass ich an die Luft wollte, ins Sonnenlicht. »Könnten wir einen Spaziergang machen?«
    Jeffrey folgte mir nach draußen. Ich stand auf dem Steg und sah nach links und rechts. Die Wahl der Richtung war klar. Nach Osten hin verschwand der weiße Sandstrand zwischen wucherndem Schilf und Unterholz zwanzig Meter von unserem Steg entfernt, aber nach Westen hin erstreckte sich der Sandstrand in einem einladenden Bogen bis hin zu dem Steg des abwesenden Nachbarn und darüber hinaus. Wir verließen unseren Steg und gingen nach Westen.
    Sonne oder nicht, ich merkte, wie ich nach Jeffreys Hand griff. Als wir uns der Hütte von Blake näherten, spannten sich seine Finger in den meinen an.
    »Was ist los?«
    »Da steht ein Stuhl auf der Veranda.«
    »Ach? Glaubst du, er ist hier?«
    »Nein. Er ist jahrelang nicht gekommen, und es ist auch kein Auto da. Ich habe einfach noch nie diesen Stuhl bemerkt.«
    Trotzdem starrte Jeffrey auf die Hütte und ich mit ihm, gespannt. Sie schien ganz wie die unsere zu sein, nur kleiner, wenn das überhaupt möglich war, mit den gleichen dunklen Schindeln und winzigen Fenstern, aber die trockenen Zweige und Blätter auf dem Dach und der Riss in der Fliegengittertür ließ sie irgendwie einsam und verlassen aussehen.
    Jeffrey schien es genauso zu empfinden. Er kehrte um. »Komm, lass uns zurückgehen. Wir haben noch zu tun.«
    Jeffrey wies mir meine üblichen Aufgaben zu – Geschirr spülen, Eintopf kochen. Nachdem ich herausgefunden hatte, wie ich in der primitiven Küche zurechtkäme, und der Eintopf auf dem Herd blubberte, trat ich ins Freie und war überrascht, dass der Tag fast
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